Den Gesang der Feldlerche dürfte jeder kennen – noch. Ihr Trillern, Flöten und Rollen hoch in der Luft, vom frühen Morgen bis zum Abend, ist charakteristisch. Aber der einstige "Allerweltsvogel", der auch als Symbol des Frühlings gilt, verschwindet immer mehr aus Feld und Flur. Bio-Landwirt Udo Rumpel will dem Bodenbrüter bessere Chancen bieten: Er hat auf allen seinen Winterweizen-Äckern gleichmäßig breite Streifen ungesät gelassen, damit der Vogel hier starten und landen kann und an den niedrigen Beikräutern genügend Insekten für seine Jungen findet.
Nicht umsonst war die Feldlerche 2019 schon zum zweiten Mal Vogel des Jahres. "Sie zählt zu den gefährdeten Arten und steht jetzt auf der Roten Liste in der Vorwarnstufe zu 'vom Aussterben bedroht'", sagt Harald Vorberg, Vorsitzender der Kreisgruppe Schweinfurt im Landesbund für Vogelschutz (LBV). Seit den 1980er-Jahren hat sich ihr Bestand in Deutschland halbiert, weil die intensive Agrarlandschaft mit den großen Ackerflächen ihr keinen Platz mehr lässt.
Lerchen brauchen lichte Felder. Sie bevorzugen abwechslungsreiche Vegetationen und leben häufig in der Nähe von Brachflächen. Zwei- bis dreimal pro Jahr legen sie etwa drei bis sechs Eier ins Nest – allerdings am Boden. In dicht bewachsenen Feldern können sie ihr Gelege aber nicht anfliegen. Und in "sauberen" oder "unkrautfreien" Beständen, wo keine Insekten sind, finden sie auch keine Nahrung.
Enge Zusammenarbeit mit dem Landesbund für Vogelschutz
Mit niedrigen Ackerwildkräutern wie der Vogelmiere, Kamille oder Ehrenpreis in seinem Bestand hat Naturland-Bauer Udo Rumpel in Schraudenbach keine Probleme. Seit über 30 Jahren wirtschaftet er nach den Richtlinien des Öko-Landbaues, weiß als "alter Hase", was der Anbaufrucht schadet und was nicht. Er weiß, wie wichtig Kräuter im Acker sind und sträubt sich daher auch gegen Blühstreifen nur am Feldrand.
Rumpel ist auch Naturland-Berater für den Landkreis Schweinfurt. Sein Anbauverband pflegt seit zwei Jahren in Bayern eine engere Zusammenarbeit mit dem LBV. Bei einer Schulung zum Thema Feldlerche wurden Möglichkeiten des Schutzes diskutiert.
Zwar werden auch sogenannte Lerchenfenster propagiert, bei denen der Landwirt beim Säen ein zehn bis 20 Quadratmeter großes Stück freilässt, also die Sämaschine anhebt. Dort können die Vögel von oben her landen und dann seitwärts in das Getreide laufen, um dort ihr Gelege zu bauen und die Jungen aufzuziehen. Aber der Fuchs als natürlicher Feind kann die Vögel nicht nur auf zehn Meter riechen. Er ist auch schlau und spezialisiert sich um die Fläche rund um ein Lerchenfenster.
"Problematisch ist beim Lerchenfenster auch, dass dort das Unkraut sprießen und sich verbreiten kann", etwa die Distel, sagt Rumpel. Das müsste der Öko-Landwirt dann immer von Hand ausreißen – zu viel Aufwand, wie er weiß. Im konventionellen Anbau werden gegen Unkraut Herbizide gespritzt. Bio-Bauern hacken und striegeln mit ihren Maschinen den Boden und entfernen so die schlimmsten Unkräuter, lassen aber den kleinen Ackerwildkräutern Raum.
Alle 1,50 Meter bleibt ein 30 Zentimeter breiter Streifen ungesät
Rumpels Idee war, den Lerchen auf dem ganzen Acker mehr Platz zum Starten und Landen zu bieten, indem er breitere Reihen beim Säen freilässt, den doppelten Abstand. "Lerchenlinien" nennt er sein Projekt. Angelehnt an die 1,50 Meter Fahrgasse des Traktors – mit der angehängten drei Meter breiten Sämaschine – ist jetzt alle 1,50 Meter ein 30 Zentimeter breiter Freistreifen im Winterweizenfeld zu sehen. "An der Sämaschinen werden einfach die Säschieber zugemacht", erklärt er. "Das bedeutet keinen Mehraufwand."
Ginge es nach dem LBV, sollte er dort den Boden gar nicht striegeln. Aber weil das Unkraut entfernt und die Kruste nach dem Winter aufgebrochen werden sollte, so Rumpel, hat er einen Kompromiss bei den Pflegemaßnahmen gewählt: Sobald wie möglich nach dem Winter, heuer war das Anfang März, fährt er das erste Mal mit der Rollhacke übers Feld, Ende März das zweite Mal. Anfang April ist dann die letzte Fahrt, diesmal mit dem Striegel, dran. "Die ersten Lerchen brüten dann schon." Bis zur Ernte wird nichts mehr unternommen, dann können das zweite und dritte Lerchen-Gelege in aller Ruhe ausgebrütet werden.
Ein materieller Verlust sind die Lerchenlinien nicht. "Das sind, wenn überhaupt, nur ein paar Euro weniger Ertrag", meint Rumpel. Sein Berufskollege Stefan Veeh, ebenfalls Naturland-Berater, zitiert wissenschaftliche Untersuchungen, wonach bis 30 Zentimeter Abstand keine Ertragsverluste zu verzeichnen sind, "weil die Pflanzen nebenan mehr Platz haben und das kompensieren".
Die Idee der Lerchenlinien unterstützt LBV-Kreisvorsitzender Vorberg. Kommt sie doch auch den anderen Bodenbrütern wie Rebhuhn, Kiebitz, Goldammer oder Bluthänfling zugute.
Hinweis: Wer sich den Gesang der Feldlerche anhören möchte, kann diesen im Internet finden unter https://www.deutsche-vogelstimmen.de/feldlerche
Wer wissen möchte, wer da zwitschert, kann den Vogelgesang mit dem Smartphone über die Sprachnachrichtfunktion von WhatsApp aufnehmen und über +49 160 4424450 an den „Vogelphilipp“ schicken. Der hört sich jede einzelne Aufnahme an und gibt Bescheid, welchen Vogel man da gehört hat.