Vier Jahre und sechs Monate muss der frühere Präsident des Rocker-Clubs „Free Way Riders“ (46) ins Gefängnis, weil er den einstigen „Chapter“-Boss von Bad Kissingen brutalst zusammengeschlagen hat (wir berichteten). Weil das Opfer dabei ohnmächtig wurde, bestand konkrete Lebensgefahr, so der Vorsitzende Richter der Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt.
Als „brutale und gezielte Vergeltungsaktion“ des Angeklagten gegen das gleichaltrige Opfer bezeichnete der Kammervorsitzende die nächtliche Racheaktion in den frühen Morgenstunden des 22. März 2015. Dabei wurde der Angeklagte von zehn Mitgliedern des Motorradclubs unterstützt. Während er den Ex-Chef des Kissinger Ortsclubs im Obergeschoss grün und blau schlug, dessen Zeigefinger zertrümmerte und ihn mit einem Elektroschocker traktierte, verwüsteten die Mittäter im Erdgeschoss Toiletten und Einrichtung des Rocker-Clubheim im Bad Kissinger Ortsteil Garitz.
Anlass für diesen Akt der Selbstjustiz war ein Aufmarsch von mindestens zehn, vielleicht auch 30 Männern aus dem Clubheim vor dem gegenüberliegenden Haus der damaligen Freundin und heutigen Ehefrau des Angeklagten am Abend des 21. März, so ein Zeuge. Mit Knüppeln, Baseballschlägern und Bierflaschen bewaffnet, hätten sie den Sohn und die Mutter der heutigen Ehefrau des 46-Jährigen bedroht und verängstigt. Davon erfuhr der „Free Way Riders“-Präsident in Hagen (Nordrhein-Westfalen), wo er auf einer Party weilte. Weil es hieß, die Polizei unterbinde den Aufmarsch nicht, trommelte er Club-Mitglieder in Hagen und dem Raum Würzburg zusammen, um den Schutz der Familie selbst in die Hand zu nehmen.
Als der Angeklagte nach nächtlicher Fahrt über gut 300 Kilometer gegen 5 Uhr morgens in Garitz eintraf, war aber alles ruhig und dunkel. Von einer Gefahr keine Spur mehr. Gleichwohl beschloss er, wie er selbst ausgesagt hatte, das „Liebesnest“ des verhassten Ex-Mitgliedes – der unter seiner Präsidentschaft aus dem Club ausgeschlossen worden war – ein für allemal zu zerstören.
Also brach die Rockertruppe ins Clubheim ein, verwüstete die Einrichtung, und der Präsident höchstselbst schlug den Widersacher grün und blau. „Mir sind die Sicherungen durchgebrannt, ich hab' ihn einfach weggeschlagen“, hatte der Angeklagte zum Prozessauftakt eingeräumt. „Der Angeklagte wollte das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen und Selbstjustiz üben, statt sich auf die staatlichen Organe zu verlassen“, so der Vorsitzende Richter.
Zugunsten des Ex-„Free Way Riders“-Präsidenten wertete die Kammer sein Geständnis und dass er sich von seinem Opfer provoziert fühlte; zu seinen Lasten die Brutalität der Tat, die Lebensgefahr für das Opfer, sowie dessen erhebliche Verletzungsfolgen. Wegen des kompliziert gebrochenen Zeigefingers ist der Mann bis heute arbeitunfähig und lebt von Hartz IV. Der Prozess hat überregional Aufmerksamkeit erregt. Gegen das Urteil ist Revision möglich.