Bei eintretender Arbeitslosigkeit landen zu viele Menschen direkt bei Hartz IV, sagt Unterfrankens DGB-Chef Frank Firsching. Der Schweinfurter Stadtrat und DGB-Geschäftsführer äußert sich zum Thema in einem Interview der DGB-Pressestelle Unterfranken, in dem er fordert, „das zu ändern“.
Firsching: Das ist zunächst einmal völlig richtig. Die Arbeitslosenquote beträgt aktuell 3,1 Prozent. Mit 23 735 gemeldeten Arbeitslosen stehen wir vergleichsweise gut da. Nach wie vor ist der Arbeitsmarkt allerdings immer in Bewegung, was bei der reinen Betrachtung der Arbeitslosenzahlen unter den Tisch fällt. So haben sich im Jahr 2014 unterfrankenweit 39 277 Beschäftigte nach Jobverlust arbeitslos gemeldet. Sicher haben viele von ihnen wieder Beschäftigung gefunden, allerdings landeten mit 6427 Personen 16,4 Prozent nach dem Arbeitsplatzverlust direkt bei Hartz IV und nicht in der Arbeitslosenversicherung.
Firsching: Das liegt an den gesetzlichen Bestimmungen. Wer in den letzten beiden Jahren nicht mindestens zwölf Monate beschäftigt war, entwickelt keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld und wird bei Arbeitsplatzverlust direkt auf Hartz IV gesetzt. Nachdem bundesweit jede zweite Einstellung nur noch befristet erfolgt, haben zu viele Menschen keine Chance, diese Bestimmung zu erfüllen.
Firsching: Die gibt es. In den Städten sind nicht nur die Arbeitslosenquoten und die Langzeitarbeitslosigkeit strukturbedingt relativ höher. Es betrifft auch die Quoten im Hartz IV-Bezug. Unterfränkischer Spitzenreiter ist hier die Stadt Aschaffenburg, wo sich 27,4 Prozent (762 Personen) nach dem Jobverlust direkt im Hartz IV-Bezug wiederfanden. Es folgen die Städte Schweinfurt mit einer Quote von 24,3 und Würzburg mit 21,1 Prozent. Die niedrigste Betroffenheit weisen die Landkreise Würzburg mit nur 6,6 und Rhön-Grabfeld mit 10,7 Prozent auf.
Firsching: Eindeutig ja. Branchen, in denen Saisonarbeit üblich ist, und Branchen, die das Instrument der Befristung ausnutzen, stehen an der Spitze derer, die Hartz IV-Bezieher produzieren. Allen voran ist das die Leiharbeitsbranche, deutlich vor Gastronomie und Handel. So ist das Risiko bei Jobverlust in Hartz IV zu fallen für Leiharbeitnehmer doppelt so hoch. Die Quote lag 2014 in Unterfranken bei 33,8 Prozent, im Vergleich zu 16,4 Prozent im Durchschnitt aller Branchen. In Aschaffenburg und Schweinfurt betrug dieser Anteil in der Leiharbeit gar 47 Prozent.
Firsching: Ich sehe zunächst drei dringend nötige Änderungen. Weil die sachgrundlosen Befristungen von Arbeitgebern teilweise schamlos ausgenutzt werden, sollten sie abgeschafft werden. Befristete Einstellungen nur noch, wenn es einen tatsächlichen Grund gibt, wie z.B. Ersatz für die Zeit des Erziehungsurlaubs. Wieder eingeführt gehört das Synchronisationsverbot in der Leiharbeitsbranche. Das besagt, dass es nicht zulässig ist, Leiharbeiter nur für einen erhaltenen Auftrag einzustellen. Und drittens: Absolut notwendig ist die Verlängerung der Rahmenfrist von zwei Jahren auf drei Jahre.
Firsching: Zumindest bei der Verlängerung der Rahmenfrist steht die große Koalition im Wort. Im Koalitionsvertrag im Absatz mit der Überschrift „Arbeitslosengeld für überwiegend kurzfristig Beschäftigte“ ist eben diese Verlängerung der Rahmenfrist von zwei auf drei Jahre vereinbart. Wird diese Bestimmung endlich geändert, haben die prekär Beschäftigten drei Jahre Zeit, ein Beschäftigungsjahr vollzubekommen, um den Hartz IV-Bezug zu vermeiden. Weil das vielen helfen würde, fordere ich die unterfränkischen Bundestagsabgeordneten von CSU und SPD auf, diese Zusage endlich einzulösen.