
Die Offene Behinderten Arbeit (OBA) des Diakonischen Werkes Schweinfurt möchte – gerade in Zeiten der Corona-Pandemie – das Bewusstsein auf Menschen mit Behinderung richten. Sie waren die Personengruppe, die im ersten Lockdown sehr lange nicht ihrem Arbeitsalltag nachgehen konnten und auf die liebgewonnenen und wenigen Aktivitäten und Kontakte verzichten mussten. Ihre persönlichen Interessen wie selbstbestimmtes Leben und gesellschaftliche Teilhabe wurden von der Politik kaum wahrgenommen, heißt es in einer Pressemitteilung des Diakonischen Werks Schweinfurt.
Doch gerade Menschen mit Behinderung sind durch die Corona-Pandemie oftmals doppelt betroffen und beeinträchtigt. Denn einerseits sind für sie feste Strukturen und Tagesabläufe, Therapien und Ansprachen besonders wichtig, andererseits gehören sie aber meist zur Risikogruppe und müssen deshalb geschützt werden.
Plötzlich fielen wichtige Gruppenangebote aus
Beim ersten Lockdown war die OBA vom 16. März bis 18. Mai erstmals in ihrer 45-jährigen Geschichte neun Wochen geschlossen. So fielen plötzlich wichtige Gruppenangebote (Papier- und Kunstwerkstatt, Freizeitclubs, Hobbygruppen wie Yoga, Kegeln, Theater, Kochen und Sportschau) für die Betroffenen weg. Die vier hauptamtlichen pädagogischen Fachkräfte waren täglich im telefonischen Kontakt mit– zum Teil alleinlebenden – zahlreichen Leuten. Personen, die alleine leben, waren völlig abgeschnitten.
Außerdem wurde die aktuelle Corona-Lage besprochen, Hygiene-Schutz-Konzepte erstellt und öfters mussten kurzfristige neue Planungen im Team erarbeitet werden. Viele Menschen mit Behinderung waren verunsichert oder ängstlich in Bezug auf das Virus. Plötzlich niemand mehr zu treffen und nicht mehr seine täglich gewohnten Dinge zu tun, war für alle Beteiligten nicht einfach zu verkraften. Viele Fragen tauchten auf: Was ist wie und wann wieder unter welchen Bedingungen möglich und welche Alternativangebote können gemacht werden?
Die Hälfte der geplanten Reisen fanden statt
Eine initiierte Osterpost-Aktion und ein Text- und Bilderaufruf mit dem Titel „Was fehlt mir momentan am meisten?“ zum Aktionstag 5. Mai (Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung) waren sehr erfolgreich. Die OBA der Diakonie Schweinfurt konnte wieder ab Mitte April Einzelspaziergänge im Freien und von Mitte Mai bis Ende Oktober Treffen in Kleingruppen anbieten. Natürlich stets unter Einhaltung der aktuellen Hygienevorschriften.
Auch fanden letztlich acht von 16 geplanten Reisen (65 Teilnehmer und 33 Assistenten) statt, die trotz coronabedingten Einschränkungen für alle Beteiligten in jeglicher Hinsicht ein voller Erfolg waren. Ein warmes Mittagessen nach einigen Wochen der Isolation war für eine Person im Juni auf einer Freizeit ein tolles Erlebnis.
Große Freude herrschte am 6. Oktober bei der OBA und der Berufsfachschule für Ernährung und Heilerziehungspflegeschule der Gemeinnützigen Gesellschaft für soziale Dienste (GGSD). An diesem Tag überreichte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel an Schulleiter Marian Diehl den „Unterfränkischen Inklusionspreis 2020“ in der Kategorie „Bildung und Erziehung“ für das gemeinsame Bildungsprojekt „Gesunde Ernährung“.
OBA blieb weiterhin Ansprechpartner und Begleiter
Erwin Dotzel lobte das Projekt, das ein gutes Beispiel für Inklusion ist. Seit Herbst 2018 gibt es das Bildungsprojekt. Die übers Jahr stattfindenden Kochtreffen in der Berufsfachschule für Ernährung besuchen Menschen mit und ohne Behinderung. Schritt für Schritt werden Rezepte in einfacher Sprache und Bildern nachgekocht.
Im „Lockdown light“ ab 2. November blieb die OBA weiterhin für viele Betroffene Ansprechpartner und Begleiter. Unter Einhaltung der bestehenden AHA-Regeln fanden individuelle Einzelspaziergänge und –Gespräche, sowie Spielaktionen statt. Darüber hinaus konnten mit stark beschränkter Teilnehmerzahl ein regelmäßiger Nachmittagstreff als Ersatz angeboten werden.
Auf große Begeisterung stieß auch der eigens gestaltete Adventskalender im OBA-Schaufenster und auf der Homepage. Auch eine Adventsaktion für über 100 Menschen mit Behinderung der OBA-Freizeitclubs kam gut an. Da keine Club-Treffen stattfinden konnten wurden sie in ihrem Wohnheim oder privat zu Hause besucht und mit einem Weihnachtsgeschenk überrascht. Mitte Dezember konnte auch das neue OBA-Jahresprogramm 2021 veröffentlicht und verteilt werden. So war die OBA im „Pandemiejahr 2020“ für viele Menschen mit Behinderung ein „Rettungsanker“ und eine wichtige Anlaufstelle und wird es wohl auch bleiben müssen.
Hoffnung auf weitere Lockerungen
Seit 16. Dezember ist nun der zweite „härtere“ Lockdown. Im Februar hat die vor zwei Jahren neu gegründete „OBA-Prüfgruppe“ einen Flyer des Vereins „Frauen helfen Frauen“ in leichter Sprache geprüft. "Sollte die 7-Tage-Insidenz in der Stadt Schweinfurt weiter unter 35 bleiben, sind wir zuversichtlich, dass in der nächsten Zeit wieder Kleingruppen-Treffen in der OBA möglich sind", heißt es in der Pressemitteilung. Und dass ab Mai/Juni die beliebten und ersehnten Reisen für 2021 mit 103 Reisewilligen stattfinden können.
"Wir sind sehr erfreut und dankbar, dass ab März einige unserer Künstler der OBArt-Gruppe im Impfzentrum Schweinfurt ihre Kunstwerke einer breiten Öffentlichkeit präsentieren dürfen", heißt es in der Pressemitteilung der Diakonie.
Öffnungszeiten OBA-Büro, Obere Straße 18: Montag bis Mittwoch von 8 bis 15 Uhr, Donnerstag von 8 bis 18 Uhr und Freitag von 8 bis 12 Uhr, Tel. (09721) 541150, E-Mail: oba@diakonie-schweinfurt.de