Selten ist über ein Bauprojekt so geschimpft worden wie am Donnerstag im Ferienausschuss des Stadtrates. „Da zieht es einem ja den Schuh aus“ (Thomas End, SPD); „eine Beleidigung für den Bauausschuss und den Stadtrat“ (Herbert Wiener, SPD); „eigenwillig“ (Rüdiger Köhler, CSU); „potthässlich“ (Jürgen Royek, CSU) sind einige Beispiele dafür.
Der Verein Moeno-Haus hatte die Modernisierung und Erweiterung des der Studentenverbindung gehörenden Gebäudes Am Mühltor im Schatten des Rückert-Zentrums beantragt. Während Teil eins, die Sanierung, keine Probleme machte, sorgte der geplante südliche Anbau für Aufruhr. End sprach von einer „Scheune“, andere Stadträte schüttelten über die Optik nur den Kopf.
Bauverwaltungsamtsleiter Werner Duske hatte zuvor informiert, dass der Anbau nicht mehr Bewohner bedeute. Derzeit leben drei Studenten im Haus. Dabei bleibt es, wenngleich die Schlaf- und Wohnräume durch bauliche Änderungen im Dachgeschoss größer werden.
Es sollen gleichwohl studentische Veranstaltungen vor allem abends für bis zu 50 Personen stattfinden. Der Erweiterungsbau wiederum, immerhin 5,5 auf zehn Meter, soll als Lager dienen. Da es keinen rechtsverbindlichen Bebauungsplan gibt, das Gebiet aber als Mischgebiet einzustufen ist, bestünden seitens der Bauverwaltung keine Einwände gegen die Pläne des Vereins.
Sturm der Entrüstung
Es folgte der Sturm der Entrüstung. End zeigte keinerlei Verständnis für die Zustimmung der Verwaltung. Er habe sich vor Ort umgeschaut und festgestellt, dass nebenan ein Gebäude preiswürdig umgestaltet worden sei, während beim Antragsteller eine Bierbank und ein Grill sofort ins Auge fallen und keine Zierde sind. End kritisierte auch die zur Verfügung gestellten Unterlagen der Stadt, die keine Aussage zu den benötigten Stellplätzen, zum Schicksal eines dominanten Baumes und zu den Abstandsflächen machten.
Duske reagierte, stellte fest, dass die Stellplatzzahl – vier – bleibt, die Abstandsflächen keine Rolle spielen (weil nur öffentlicher Grund tangiert ist), und der Baum wahrscheinlich nicht weg muss. Das würde bei Bedarf aber geprüft.
Die Kritik setzte sich unvermindert fort. Adi Schön (prosw) erinnerte, dass kürzlich ein großes Projekt in der Degnerstraße an der Frage Flachdach oder nicht gescheitert sei. Ein solch „optisch schlimmer Anbau“ werde aber von der Verwaltung befürwortet. Er fragte: „Was soll den da gelagert werden?“ Herbert Wiener (SPD) erinnerte an die gelungenen Sanierungen am Oberen und Unteren Wall. Das „Ensemble würde mit dem Projekt lächerlich gemacht“. Frank Firsching (Die Linke) pflichtete ihm bei.
Baureferent Ralf Brettin sah sich zu einem Wortbeitrag aufgerufen, erinnerte, dass das städtische Sanierungskonzept für das Grundstück eigentlich den ersatzlosen Abbruch des Gebäudes und an dessen Stelle Grünfläche vorgesehen habe. Die Stadt hat das frühere Betriebsgebäude der 1895 eröffneten Pferdebahn auch vor erst fünf Jahren an den Moeno-Haus-Verein verkauft, was sicher bei der Befürwortung des Antrags eine Rolle gespielt habe.
Seit über drei Jahren sei man mit dem Verein über bauliche Ergänzungen im Gespräch. Der nun präsentierte Antrag sei die abgespeckte Form, die „sicher nicht der Weisheit letzter Schluss ist“, räumte Brettin ein. In den Gesprächen sei auch ein Rückkauf und ein Neubau an anderer Stelle Thema gewesen. Der Verein lehnte das aber ab.
Keine einzige Ja-Stimme
Dann Abstimmung, vor der sich auch Baujurist Jan von Lackum wegen der geharnischten Kritik am geplanten Anbau noch äußerte. Seitens der Bauverwaltung werde es hinsichtlich der Gestaltung „keinen Widerspruch geben“, positionierte er sich im Sinne der Stadträte. Die schmetterten – inklusive dem Votum von Sitzungsleiterin Sorya Lippert – den Bauantrag dann mit 15:0 Stimmen ab.
Besagte Studentenverbindung hat in den 1970er-Jahren dieses historische Haus als Ruine durch Vermittlung des damaligen OB Wichtermann über einen Erbpachtvertrag übernehmen können und dann im laufe der Jahrzehnte mit viel liebevoller Kleinarbeit und mehreren Renovierungsstufen saniert und in den 90igern durch Unterstützung der OB Grieser durch einen kleinen Anbau auf der Rückseite erweitert, um es weiter als Vereinsgebäude nutzen zu können. Außerdem erhalten hier Studenten günstigen Wohnraum.
Wäre es nach der Stadtverwaltung gegangen, wäre dieses historische Gebäude, das in der Schweinfurter Stadtführung einen festen Platz hat und in dem auch der erste Fliegerclub gegründet wurde, abgerissen worden.
Nachdem die Studentenverbindung über Jahre hinweg viele Varianten zur Erweiterung des Moeno-Hauses vorgestellt hat, die alle aus verschiedenen Gründen abgelehnt wurden, wurde nun dieser Bauantrag in Abstimmung mit dem Baureferat eingereich
Wie konnte die Stadt vor 5 Jahren dieses mal nicht weggebombte geschichtsträchtige Gebäude überhaupt verkaufen?
Steht es denn nicht unter Denkmalschutz?