Knuddeln mit den Kindern ist erlaubt, Windeln müssen mit Mundschutz und Einmal-Handschuhen gewechselt werden und das gemeinsame Kochen ist noch immer nicht möglich: Tagesmütter müssen sich in Corona-Zeiten neu aufstellen und ihr Betreuungsangebot auf die gesetzlichen Vorgaben abstimmen. Was eine zusätzliche Belastung ist, aber mit Einfallsreichtum gelingen kann, wie es Mareike Schmitt mit ihren "Waldwichteln" in Reichmannshausen praktiziert.
Ab dem 11. Mai durften die Tagespflegeeinrichtungen in Bayern nach dem Corona bedingten Lockdown wieder öffnen. "Wir waren die ersten, noch vor den Waldkindergärten", erinnert sich Mareike Schmitt. "Weil wir nur sehr kleine Gruppen betreuen".
Die 42-Jährige aus Reichmannshausen bietet seit September 2012 ihre Dienste in der Kindertagespflege an. Nach einer Qualifizierung über das Jugendamt am Landratsamt Schweinfurt begann die frühere Bürovorsteherin einer Rechtsanwaltskanzlei und mittlerweile zweifache Mutter, ihr Betreuungsangebot sukzessive auszubauen. Aktuell betreut sie in ihrem neuen Haus mit großem Garten am Waldrand bei Reichmannshausen gleichzeitig fünf Kleinkinder ab einem Jahr.
Schmitt ist eine von 102 Tagespflegepersonen im Landkreis Schweinfurt, die insgesamt 430 Betreuungsplätze bereithalten. Laut Statistik des Landratsamtes waren 2019 aber nur 156 Plätze belegt.
Abgerechnet wird über das Jugendamt
Während des Lockdowns von Mitte März an musste die selbständige Tagesmutter keine finanziellen Einbußen hinnehmen. Sie erhält ihren Verdienst über das Jugendamt des Landkreises, an das die Eltern ihren Beitrag zahlen. Dessen Höhe richtet sich nach dem Durchschnitt der Kindergärten und Krippen in der Umgebung und ist abhängig von den wöchentlichen Betreuungsstunden. "Der Bundesverband der Tagesmütter hat sich für uns stark gemacht, so dass wir das Entgelt weiter bekommen haben", erklärt Schmitt.
Als sie im Mai wieder die Betreuung aufnehmen durfte, erhielt sie zuvor einen 52 Seiten dicken Rahmenhygieneplan. Wickelvorschriften, Desinfizieren der Spielgeräte, keine Durchmischung der Spielsachen, zählt die Tagesmutter auf. Mehr Müll falle jetzt an, was ihrem nachhaltigen Betreuungskonzept entgegensteht. Aber: "Es geht halt jetzt nicht anders".
Vor Corona hatte sie gemeinsam mit den Kindern gekocht, jetzt wurden strenge Hygieneregeln "wie in der Gastronomie" verlangt. Das war für sie nicht umsetzbar, weshalb die Eltern ihren Kindern nun Brot und Getränke mitgeben.
Von Türklinke bis Toilette - ständig wird desinfiziert
Weil permanentes Desinfizieren von der Türklinke über die Toilette bis zu sämtlichen Flächen vorgeschrieben ist, begann Schmitt, ihre Betreuung fast ausschließlich ins Freie zu verlagern. Zwar war sie schon vorher viel an der frischen Luft, jetzt wurde das noch verstärkt.
Jetzt halten sich die Kinder vor allem in ihrem großen Garten auf, der viele Spielmöglichkeiten bietet: Spielhaus mit Rutschen und Kletterseil, darunter eine Wasser- und Matschecke, Sandkasten, Wippgeräte und Schaukeln. Zwischen der Garage und einer großen Vogelvoliere hat sie unter einem Dach einen Aufenthaltsbereich mit Matten und Decken eingerichtet. "Wenn mal schlechteres Wetter ist, können wir dort singen und spielen."
Zudem ist sie viel im nahen Wald unterwegs. "Das ist der beste Spielplatz für die Kinder". Auf liegenden Bäumen balancieren, Zapfen oder Rinde sammeln, mit den gefundenen Utensilien dann basteln und malen.
Übergabe-Kästchen für die Kinder
Die Gartentüre und nicht mehr die Haustüre ist jetzt der Haupteingang zu ihrer Tagespflege. Weil der direkte körperliche Kontakt zu den Eltern vermieden und ein Betreten ihres Geländes vermieden werden soll, gestaltet Schmitt die Übergabe der Kinder am Morgen besonders: Auf dem Gehweg vor ihrem Haus, das sich in einer Stichstraße befindet, hat sie drei Übergabe-Kästchen gemalt. Dort waschen die Eltern den Kindern mit Gießkannenwasser und Seife die Hände und legen die Tagestasche ab. Dann dürfen die Kinder zur Tagesmutter, die hinter einem gemalten Regenbogen an der Gartentüre wartet. Wenn sich die Eltern entfernt haben, holt sie die Tasche zu sich.
Was etwas skurril erscheint, finden die Kinder gar nicht so schlecht, hat Schmitt erfahren: "Dort ist der Elternbereich und hinter dem Regenbogen die elternfreie Zone. Die Kleinen kommen damit gut klar."
Die Tagesmutter weiß, dass ihr Konzept im Herbst und Winter angepasst werden muss. Dann wird sie wieder mehr im Haus sein, aber mit den Kleinkindern in richtiger Ausrüstung auch viel draußen spielen. "Zum 1. September ist der normale Regelbetrieb erlaubt", weiß Schmitt. Kinder mit Fließschnupfen und etwas Husten darf sie betreuen, muss aber die Entwicklung der Erkältung beobachten und notfalls die Eltern anrufen. "Ich versuche, das Beste aus dem Ganzen zu machen und mich der Situation anzupassen", lautet ihr Credo.