Leerstand in der Innenstadt gibt's schon viele Jahre. Auch vor der Eröffnung der Stadtgalerie 2007 lag die Zahl bei um die 40 geschlossenen Läden. Als allerdings in den zuvor verschonten 1-A-Lagen wie Rückert-, Spitalstraße und Keßlergasse Läden dicht machten und lange Zeit in den Schaufenstern „Zu vermieten“-Schilder hingen, war der Aufschrei groß. Im Herbst letzten Jahres war das.
Reaktionen gab es trotz Ankündigungen wenige. Viele Leerstände auch in 1 A blieben. Seit kurzem aber ist viel Bewegung zu beobachten. Neue Geschäftsinhaber versuchen sich, es gibt Umzüge von der Randlage in die Kernstadt, die Leerstände zumindest in 1 A reduzieren sich.
Für Wirtschaftsförderer Hans Schnabel, auch Geschäftsführer der Werbegemeinschaft „Schweinfurt erleben“, bestätigt sich der Slogan „Handel ist Wandel“. Auch Jens Drescher, Schweinfurts Einzelhandelschef, benutzt diesen Spruch und auch er freut sich, dass die noch im Februar herrschende Tristesse einer vorsichtigen Aufbruchstimmung gewichen scheint. „Ich hoffe, wir haben die Talsohle durchschritten“.
Schnabels Amt für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften hat sich im Herbst 2012 lautlos, aber intensiver der Problematik angenommen und auf der Homepage der Stadt seine Vermittlung angeboten, eine Art Kontaktbörse aufgebaut und viel telefoniert. Isabell Kröner-Pfeffermann wünscht sich freilich, dass alle Eigentümer und Besitzer einer Gewerbeimmobilie einen Leerstand, sobald der sich abzeichnet oder feststeht, auch mitteilen.
Es meldeten sich nämlich auch im Rathaus an Schweinfurt interessierte Kontaktleute aller Branchen. Diesen potenziellen Mietern könne sie aber nur ihr bekannte Leerstände – mit Größe, Quadratmeterzahl, Preisvorstellung – nennen, den vielleicht idealen Standort aber nicht, weil sie ihn nicht kennt.
Kröner-Pfeffermann bestätigt, dass es sehr ruhige Nachfrage-Phasen gebe, aber auch wieder Zeiten, „in denen viele anrufen“, wie zuletzt. Die momentane Aktivität registriert man mit Freude, bei einigen Neuvermietungen habe man vermitteln können.
Der Wirtschaftsförderer freut sich über die Besserung, schränkt aber ein, dass es Aufs und Abs immer schon gegeben hat und wieder geben werde. Zur angeblich mangelhaften Frequenz meint Schnabel, dass sie sich zumindest an den Parkhaus- und Tiefgarageneinfahrten nicht ablesen lasse. Er hat bewusst nur die Zahlen der über Jahre vergleichbaren Tiefgaragen – Wichtermann-Platz, Museum Schäfer, Graben – hergenommen und keinen Abschwung registriert. Schnabel will das aber nicht zu hoch hängen, weil er nicht weiß, inwieweit diese Garagen während der Bauzeit der Tiefgarage Kunsthalle mehr angefahren wurden. Wenn es einen Rückgang gebe, habe das auch mit dem Fehlen früherer Frequenzbringer zu tun. Die heute anders genutzte Markthalle nennt er als Beispiel.
Der Wirtschaftsförderer erwähnt als weitere, „bedauerliche, aber eben generelle Trends“ den Rückgang der Bevölkerung, weniger in der Stadt, aber spürbar im Einzugsgebiet Main-Rhön. Und den Kauf im Internet. Als ECE die Mall eröffnete, lag der Anteil am Schweinfurter Umsatz bei zwei, jetzt sind es 18 Prozent. Der Internetanteil ist also bei einem Einzelhandelsvolumen von 600 Millionen Euro in Schweinfurt von 12 auf 108 Millionen gestiegen. „Da wundern die Probleme nicht“, sagt Schnabel.
Drescher erinnert, ohne dieses Fass wieder aufmachen zu wollen, dass die Stadtgalerie viele vormals in der Kernstadt angesiedelte Geschäfte, vor allem Filialisten, weggelockt habe. Dieser „Sog aus der City“ musste erstmal verkraftet werden. Er erlebe aber für den Moment eine „andere Stimmung“, viele drückten Zuversicht aus. Dass Deichmann an der Ecke Keßlergasse/Wichtermann-Platz umbauen wolle, sei ein Zeichen für den Standort Innenstadt. „Jede Neuordnung ist ein Findungsprozess“, sagt Drescher. Dass sich in B- und C-Lagen nicht viel bewegt, sei auch erwähnt.
Ende 2012 ist als ein Kampf-Instrument gegen Leerstand ein neuer „Arbeitskreis Innenstadt“ aus dem Hut gezaubert worden. Der traf sich schon mehrmals, kommt Mitte Juli wieder zusammen und wird dabei ein erarbeitetes Zwölf-Punkte-Programm auf die machbaren Punkte reduzieren, die auch umgesetzt werden sollen. Es geht dabei großteils um Projekte, die die Aufenthaltsqualität in der City stärken sollen. Über offenes W-Lan hat diese Zeitung schon berichtet. Ein Thema ist das Einhalten der Lieferzeiten. Die Installation versenkbarer Poller zu reglementieren ist dafür eine Idee.
Handel im Wandel
In der Kernstadt sind viele lange leergestandene Läden wieder „besetzt“. Bei einigen, die derzeit noch neue Mieter suchen, tut sich was. Ein Überblick:
Rückertstraße: Dort gibt es seit geraumer Zeit einige Wechsel. Leerstände gibt es aktuell keine, wenngleich der Kindermodeladen (Nr. 1) im Schaufenster Schlussverkauf wegen Geschäftsaufgabe meldet. Ins sanierte Gebäude Nr. 20 ist für das in die Schultesstraße gezogene „Allkauf“ das Kindergeschäft „baby & more“ gekommen. In der ebenfalls sanierten Nr. 4 hat „Zart und Bitter“ neu eröffnet. Recht neu ist auch der Modeanbieter „Stilvoll“. „Classic Moden“ hat mit seinem Umzug zum Schillerplatz eine Rochade bewirkt. „Eve“ ist von der Brücken- in die alte Classic-Adresse gewechselt. Brückenstraße: Am alten Eve-Standort sitzt jetzt neu „Modereich“. Der einzige Leerstand dort ist noch immer das ehemalige Gebäude der Norisbank.
Marktplatz: In der früheren Fruchtbar Ecke Zehntstraße ist der Leerstand durch einen Anbieter aus dem Billig-Preissegment zumindest aktuell beendet. Das wegen eines Todesfalls geraume Zeit geschlossene „Spinnrädle“ hat wieder einen Betreiber.
Keßlergasse: Die zum geplanten Krönlein-Karree zählenden Gebäude (Krönlein und Ex-Nordsee) einmal ausgenommen, sind in der Gasse aktuell zwei Leerstände registriert, die Nummer 6 und die Ex-Metzgerei an der Markthalle. Beide Inhaber teilen aber mit, dass hoffnungsfrohe Gespräche mit Interessenten geführt würden. Mediherz in der Ex-Rückert-Buchhandlung geht aber zum 1. Juli.
Spitalstraße: Dort ist die meiste Bewegung. Der FMS-Computer-Shop ist zum lange leergestandenen früheren Footlocker (Nr. 20) umgezogen. Die bisherige FMS-Adresse und das vor kurzem von Eilles (Süßwaren) verlassene Anwesen Nummer 8 sind nach Angaben des Eigentümers beide ab August wieder vermietet. Das Ex-Modehaus Kolb (Nr. 11) ist nun neue Heimat von Tropics. Hörgeräte Geers hat den Leerstand in Hausnummer 26 beendet. Wieder Essbares gibt es in Hausnummer 4, wo neu seit kurzem „Fisch und Vegetarisch“ anbietet. Das zuletzt als Gaststätte (Roma) betriebene Haus Nummer 15 wird wie berichtet abgerissen. Im Neubau sind fürs Erdgeschoss wieder Gastronomie (vermutlich Bar, Lounge) und oben vier Innenstadt-Wohnungen (eine Penthouse) geplant, verrät der neue Eigentümer. Memmel wird wohl abgewickelt. Die Eigentümer sind aber bereits mit einem an einer Anmietung interessierten Bewerber im Gespräch.
Zehntstraße: Sie ist im südlichen Bereich belegt, im Norden sieht es nicht so gut aus.
Lange Zehntstraße: Hier gibt es leider aktuell wie gehabt Leerstände.
Bereich Roßmarkt: Die Manggasse ist belegt, in der Wolfsgasse ist zweimal Leerstand. Der Roßmarkt ist sobald der Kundencenter der Stadtwerke fertig ist, dann wieder voll belegt. hh