Mittwoch, 10.15 Uhr. 31 Frauen und 13 Männer sitzen auf der Empore der St. Johanniskirche, bilden einen großen Kreis. Es sind die 44 Ehrenamtlichen, die am vierten Tag der Vesperkiche „Dienst tun“. Cheforganisator Diakon Norbert Holzheid begrüßt alle herzlich, besonders Bernhard Nehrig aus Kulmbach. Der „Diakonkollege“ hat sich 14 Tage frei genommen, um mitzuhelfen.
Großartig findet auch eine Frau aus Tirschenreuth die Vesperkirche. Wann sie denn gebraucht werde, hat sie am Dienstag nach Schweinfurt gemailt. Holzheid hat für ihre Bereitschaft gedankt, ihr aber geantwortet, dass sie das Hotelzimmer selbst zahlen müsse. Kommen wird die Tirschenreutherin vermutlich dennoch. Seinen Freund Nehrig hat Holzheid 14 Tage bei sich zuhause aufgenommen.
180 Ehrenamtliche haben sich vor dem Start gemeldet. Einige sind ausgefallen. Ersatz ist aber „vorhanden“, weil sehr viele, die schon zu Mittag gegessen hätten, mitgeteilt haben: „Trag mich ein, ich würde gerne mithelfen“, berichtet Holzheid. Dann erfolgt die Einteilung für den Mittwoch. 277 Essen waren es bei der Premiere, 303 am Montag, 433 am Dienstag. Bei der Essensausgabe und bei den Helfern, die bedienen, muss deshalb „Personal“ aufgestockt werden. Sechs statt acht Servicekräfte sind es jetzt, die die Gäste ab 11.30 Uhr zu den Tischen führen.
10.45 Uhr: Pfarrerin Gisela Bruckmann spricht ein kurzes Gebet, wünscht allen, dass sie Freude haben mögen. Dann werden die Namensschilder verteilt, alle streifen sich ihre Schürze „Vesperkirche“ über.
11.15 Uhr: Das Essen trifft ein. Schweinegeschnetzeltes mit Kartoffeltalern und für die Vegetarier eine Salatschüssel mit Baguette. Am Dienstag war die Kapazität der Leopoldina-Küche bei 300 Essen erschöpft. Das Löhe-Heim sprang helfend ein und ist ab sofort der zweite Essenslieferant.
11.30 Uhr: Vor der Kirche hat sich eine bereits lange Schlange gebildet. Sie löst sich schnell auf. Man zahlt 1,50 Euro an der Kasse, bekommt zwei Bons, einen fürs Essen, einen für Kaffee und Kuchen danach. Robert Scheibe sitzt an der Kasse und berichtet, dass ungefähr ein Drittel der Gäste diesen symbolischen Betrag zahlen. Die Mehrheit aber gebe mehr, manch einer einen größeren Schein. „Das ist mir das Wert“, sagt ein Schweinfurter, der zehn Euro zahlt.
Platzanweiser sorgen für Mix
Brigitte Schulz weist täglich die Platzanweiser ein, die Acht geben, dass an jedem der 16 Tische ein bunter Mix sitzt. Ältere, Junge, Männer, Frauen, sichtbar Geschäftsleute oder Menschen ohne Job. Wie der 53-Jährige, der schon länger arbeitslos ist, und aus finanziellen Gründen kommt. Daraus macht er keinen Hehl. „Es ist aber auch das Gespräch“, sagt er und bittet, seinen Namen nicht zu nennen. Auch die 60-Jährige sagt ganz offen, dass ihre schmale Rente der Grund für ihr Kommen ist.
„Ja, ich bin arbeitslos und habe nicht immer ein warmes Mittagessen“, sagt Klaus ohne Nachname. Es kommen viele ältere, alleinsstehende und hier vor allem Frauen, die Geselligkeit suchen. So wie Maria Berna, die einräumt, dass „ich finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet bin“. Das hier „ist gut“, sagt sie.
Rita Schöpf wiederum erzählt, dass sie „aus reiner Neugier“ gekommen ist. „Nur wer da war, kann auch mitreden“, lacht sie. Oder die zwei Rentner aus Würzburg, die von der Vesperkirche in der Zeitung gelesen, sich in den Zug gesetzt haben, „weil das unser Traum einer Kirche ist“, sagen sie. „Bereichsleiterin“ Brigitte Schulz berichtet, dass die Gäste immer erstaunt sind, dass sie bedient werden. Sie zitiert einen Gast: „Wie in einem gehobenen Lokal, halt nur in einer Kirche“.
Friedrich Senft ist gelernter Bäcker, er war Marktleiter beim Kupsch und steht an der Kuchentheke. Nur an zwei der 22 Tagen hat er sich frei genommen. Warum hilft der 79-Jährige? „Ich bin froh, dass ich das machen kann“, sagt er und fügt an. „Arbeit hätte ich zuhause auch andere genug“.
Brunhilde Käser arbeitet in der Abtei Münsterschwarzach, ist dort zuständig für den „Fair trade-Handel“. Die Schweinfurterin ist wie Senft in ihrer Freizeit in St. Johannis engagiert und hat für die Vesperkirche extra 14 Tage Urlaub genommen. Warum? Eine günstige Gelegenheit, viele Schweinfurter kennenzulernen, flachst sie in Anspielung auf ihren doch etwas entfernteren Arbeitsplatz. Dann Ernst: Das Besondere, die Atmosphäre, die Stimmung, die „hervorragend“ sei. „Das macht Spaß, bei einer Wiederholung nächstes Jahr, „bin ich wieder dabei“.
14 Uhr. Norbert Holzheid meldet wie vereinbart die Zahl der ausgereichten Essen. 420 waren es Mittwoch. Die Stimmung war bestens. Die Vorbereitung für Donnerstag beginnt.