zurück
Veruntreuung? Staatsanwalt ermittelt gegen Beamten
Nebentätigkeit: Landesanwaltschaft und Schweinfurter Staatsanwalt sichten in der Causa „Auswahlverfahren Stadtwerke“ die Aktenberge
_
Hannes Helferich
Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:08 Uhr

Der vom Stadtrat eingesetzte Untersuchungsausschuss kam zum „eindeutigen Ergebnis“, dass der städtische Personalamtsleiter das Auswahlverfahren für den Stadtwerke-Geschäftsführer im Jahr 2011 trotz Genehmigung durch Sebastian Remelé nicht als Nebentätigkeit hätte erledigen und deshalb auch nicht privat abrechnen dürfen.

Nach einer Selbstanzeige durch den Oberbürgermeister für sich und den Spitzenbeamten liegt der Vorgang derzeit bei der Landesanwaltschaft Bayern.

Neben dieser beamtenrechtlichen Bewertung mit nicht auszuschließenden Sanktionen laufen gegen den Personalamtsleiter darüber hinaus strafrechtliche Ermittlungen. Das bestätigte Leitende Oberstaatsanwältin Ursula Haderlein auf Anfrage dieser Redaktion.

Eingeleitet hat die Schweinfurter Anklagebehörde die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Veruntreuung von Geldern zum einen „von Amts wegen“. Darüber hinaus seien bei der Staatsanwaltschaft auch „schriftliche Anzeigen“ gegen den Beamten eingereicht worden.

Nach der Trennung vom damaligen Stadtwerkeleiter zum 1. Juli 2011 hatte die Stadt die Position bei ihrer Tochter neu ausgeschrieben. Das Interesse war mit 154 Bewerbungen enorm. Der OB beauftragte seinen Amtsleiter mit der Auswahl. Der schlug allerdings vor, die Sichtung und Auswahl als Nebentätigkeit abzurechnen. Der Spitzenbeamte begründete das unter anderem mit seiner hohen Überstundenzahl.

Er rechnete Monate später auch ab: 151 Stunden zu je 50 Euro machte er geltend, zusammen 7550 Euro. Der Beamte, der heute nach A 15 (6090,15 Euro im Monat) bezahlt wird, rechnete allerdings in zwei Teilen ab. Am 27. Dezember 2011 wurden 4000 Euro, am 4. Januar 2012 der Rest auf sein Privatkonto transferiert.

Eine der vielen offenen Fragen ist, ob das aus steuerlichen Gründen geschah oder deshalb, um unter die in der Nebendienstverordnung festgelegten Höchstbeträge zu kommen. Der liegt bei seiner Verdienstklasse bei jährlich 6864,85 Euro, was das Splitten erklären würde. Im Stadtrat wurde auch kritisiert, dass der Deal am zuständigen Aufsichtsrat der Stadtwerke vorbeiging. Eine Antwort erwartet man sich zudem zur Frage, wie es abrechnungsmäßig geht, wenn die Stadtwerke einen städtischen Beamten bezahlen.

In der Causa „Geschäftsführerauswahl Stadtwerke 2011“ hatte Stadtrat Frank Firsching (Die Linke) als Sprecher der Stadträte-Kommission in der Stadtratssitzung Ende April nach mehreren Zusammenkünften des Untersuchungsausschusses verkündet, dass die Sichtung der 154 Bewerbungen und die Auswahl der engeren Kandidaten eine „Tätigkeit eindeutig im Hauptamt“ des Personalchefs gewesen sei. Eine Nebentätigkeit habe also nicht vorgelegen, was dienstrechtliche Konsequenzen erforderlich mache. Um diese Frage kümmert sich die nun Landesanwaltschaft Bayern.

In der gleichen Sitzung hatte der OB über die von ihm beantragte Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Beamten und sich selbst informiert. Die Genehmigung erteilt zu haben, räumte er dabei als Fehler ein. Er habe damals aber keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit gehabt, würde die Sache heute aber anders lösen.

Die Landesanwaltschaft Bayern obliegen seit dem 1. Januar 2006 die Zuständigkeiten nach dem Bayerischen Disziplinargesetz. Mit dem Tätigwerden der Landesanwaltschaft ist eine völlig unbeteiligte Stelle mit Distanz zum jeweiligen Fall gewährleistet.

Ein Sprecher bestätigte den Eingang des Schweinfurter Vorgangs, nannte eine Entscheidung noch vor der Sommerpause aber als „eher unwahrscheinlich“. Wie in jedem Verfahren werde es eine Anhörung geben, die in der Regel schriftlich oder durch persönliches Erscheinen mündlich erfolgt.

Wenn ein Dienstvergehen vorliegt, richtet sich die Ahndung nach seiner Schwere. Die Bandbreite möglicher Sanktionen reicht von der Einstellung des Verfahrens (eventuell mit Auflage) über Verweis und Geldbuße bis hin zur Kürzung der Dienstbezüge/Ruhegehalts und in ganz schweren Fällen sogar bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Der Amtsleiter befindet sich im Moment nicht im Dienst. Er ist krank gemeldet.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Hannes Helferich
Die Linke
Frank Firsching
Sebastian Remelé
Stadtwerke
Unterschlagung und Veruntreuung
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top