Sonntag, 13.30 Uhr: Ein Teil des Roßmarkts ist abgesperrt, Polizisten sichern etwa ein Viertel des Platzes, auf dem sich vor einem VW-Bus mit Lautsprechern drauf etwa ein Dutzend Leute verlieren. Zwei von ihnen halten ein Transparent mit der Aufschrift „Flüchtlinge damals und heute – Im Gedenken an unsere Vertriebenen“.
Bizzarre Szene vor dem Lautsprecherbus
Darunter outet sich der Veranstalter. Es ist die rechtsextreme Kleinstpartei „Der dritte Weg“, die vor drei Jahren unter Beteiligung ehemaliger NPD-Funktionäre und Aktivisten des Freien Netzes Süd gegründet wurde. Vor ihrem Lautsprecherbus und dem Transparent haben die Rechtsaußen eine bizarre Szenerie aufgebaut: Da liegt eine junge Frau wie tot am Boden, in einen Kartoffelsack gekleidet statt eines Rockes.
Junge Blonde inszeniert Verzweiflung auf dem Strohsack
Eine andere junge Blondine hockt mit der Hand vor dem Gesicht in der Hitze des Schweinfurter Spätsommers auf einem Strohsack.
Die beiden Frauen sollen wohl das Elend der heimatvertriebenen Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg symbolisieren. Während also die zwei deutschen Vertriebenen-Symbolfiguren des „Dritten Weges“ auf dem Schweinfurter Roßmarkt-Pflaster theatralisch vor sich hindarben, posiert ein Aktivist der Rechtsaußen – schwarz angemalt, um einen Flüchtling darzustellen –, lässig vor sich hinlümmelnd in modischen Klamotten mit einem Smartphone und macht ganz cool Selfies.
Schöne einfache rechte Welt: Erbarmungswürdige Deutsche - coole Flüchtlinge
Die Aussage hinter diesem Zerrbild erschließt sich jedem Betrachter problemlos: Während es Deutschen bei ihrer Vertreibung an allem mangelte und viele diese nicht überlebten, fehlt es dem modernen Flüchtling aus Syrien oder Afrika heute in Deutschland an nichts: Kleidung, Handy – alles da und alles top.
Antifa: "Bildung für alle - auch für euch"
Zwischen den Kundgebungen des Ansagers überbrückt baladenhaftes Gedudel die einstündige Veranstaltung. Schlecht zu verstehen ist das Gedenken des Redners auch, weil in gleicher Stärke wie die Rechten Aktivisten der Antifa vertreten sind. Etwa ein Dutzend von ihnen pfeifen und skandieren als Gegendemonstranten die Thesen des „Dritte Weg“- Sprechers nieder. „Bildung für alle – auch für euch“ lautet der Spott gegen die Rechtsextremen. Einer der Rechten – mit dicker Fellmütze auf dem Kopf – brüllt „Deutsche wehrt euch gegen die Asylflut“ zurück.
Dann muss „Der dritte Weg“ auch schon wieder einpacken und seinen Weg fortsetzen: Richtung Würzburg. Dort will er wenig später beim „Stramu“ auf der Julius-Promenade das gleiche Zerrbild von Vertreibung damals und heute errichten.
Polizei: Veranstaltung friedlich ohne Vorkommnisse
Laut Polizei verlief die Veranstaltung in Schweinfurt friedlich und ohne Vorkommnisse. Es hat ja auch kaum jemand von ihr gewusst.