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SCHWEINFURT
Versuch der Anstiftung zum Mord?
Symbolbild Gericht
Foto: Ruppert | Symbolbild Gericht
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:48 Uhr

Wem glaubt die Strafkammer: dem Angeklagten oder dem früheren Rocker (38) der „Bandidos“? Letzterer behauptet, der Angeklagte (43) habe ihn beauftragen wollen, für 2500 Euro seine getrennt lebende Gattin umzubringen, um Unterhaltszahlungen zu sparen.

Wie berichtet, hat der Angeklagte den Ex-Rocker Mitte Januar im Krankenhaus besucht und bei dieser Gelegenheit dem 38-Jährigen angeblich 2500 Euro dafür geboten, dass er den Mord begeht, oder einen anderen aus seinem früheren Milieu dafür anwirbt. So hatte es der Ex-Rocker vor Gericht ausgesagt.

Der Angeklagte bestreitet dies von Anfang an – und überrascht am dritten Verhandlungstag, kurz vor den Plädoyers, mit der Aussage, nicht er habe einen Mordauftrag gegeben, sondern der Ex-Rocker habe von ihm gefordert, einen Mann „um die Ecke zu bringen“, mit dem der Ex-„Bandido“ im Streit lag. Das war für alle im Gerichtssaal nun völlig neu. Bei keiner seiner Vernehmungen und Haftprüfungen hatte der Angeklagte bislang diesen Vorwurf erhoben.

Entsprechend unglaubhaft, geradezu „albern“ findet der Oberstaatsanwalt den Versuch des 43-Jährigen, plötzlich den Spieß umzudrehen und den einstigen Rocker zu bezichtigen, dieser habe ihn zum Mord anstiften wollen. Für den Anklagevertreter ergeben sich zwei Fragen. Erstens: Hat der Angeklagte den Mordauftrag erteilt? Zweitens: Falls ja, hat wollte er wirklich, dass seine Frau getötet wird?

Die erste Frage beantwortet er mit Ja. Zwar sei der Ex-„Rocker“ kein Idealzeuge, aber ein Motiv, den Angeklagten derart zu belasten, habe er nicht, und die Anzeige habe nicht er gestellt, sondern die Ex-Frau des Angeklagten. Ob er den Tod der getrennt lebenden Gattin wirklich gewollt habe, sei dagegen nicht ganz klar, zumal er dies in Facebook-Beiträgen und gegenüber Zeugen zum Ausdruck gebracht habe. Doch offensichtlich habe der 43-Jährige gemeint, es sei einen Versuch wert, jemanden zu suchen, der ihm das Problem Ehegattenunterhalt löst.

Eine versuchte Anstiftung zum Mord liege vor, so der Oberstaatsanwalt, wenn auch – wie vom psychiatrischen Sachverständigen dargelegt – bei verminderter Schuldfähigkeit des Angeklagten. Der habe zur Tatzeit unter einer Depression gelitten, was seine Einsichtsfähigkeit erheblich beeinträchtigt habe. Dafür, für den Hitlergruß vor dem Haftrichter und etwas Kokainbesitz forderte er drei Jahre und zwei Monate Haft. Die Ex-Frau des 43-Jährigen schloss sich als Nebenklägerin diesem Antrag an.

Der Verteidiger des Angeklagten sah in dessen teils kriegerischer Ausdrucksweise, martialischen Sprüchen, Mord- und Selbstmord-Fantasien in Facebook-Mitteilungen (wir berichteten) letztlich keine Mordabsicht, sondern vielmehr Verzweiflung wegen seiner „wahnsinnigen Probleme“. Er forderte Freispruch in allen Punkten, auch für den Hitlergruß und Betäubungsmittelbesitz, der nur vom Ex-Rocker behauptet werde. Der Haftbefehl gegen den Angeklagten sei aufzuheben.

Das Urteil wird am Freitag, 11. Dezember, 10 Uhr, verkündet.

 
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