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Schweinfurt
Verstoß gegen Corona-Bestimmungen? Musikschule sperrt Chor aus
Seit Jahren probt der KonzertChor des Liederkranzes in der Musikschule. Seit kurzem geht das nicht mehr, der Vertrag wurde gekündigt. Warum der KonzertChor schockiert ist.
Protestprobe vor der städtischen Musikschule: Sängerinnen und Sänger des KonzertChors des Liederkranzes protestierten am Abend des 15. September gegen die Kündigung der Proberäume in der Musikschule.
Foto: Anand Anders | Protestprobe vor der städtischen Musikschule: Sängerinnen und Sänger des KonzertChors des Liederkranzes protestierten am Abend des 15. September gegen die Kündigung der Proberäume in der Musikschule.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 08.02.2024 20:42 Uhr

"Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen kennen keine Lieder." Die ersten Zeilen des Gedichts "Die Gesänge" von Johann Gottfried Seume würde wohl jeder begeisterte Chorsänger als Grund für sein Engagement so unterschreiben. Beim Liederkranz Schweinfurt, 1833 gegründet, ist die Stimmung im Moment eine andere. Der Grund: Ein Streit zwischen dem KonzertChor und der städtischen Musikschule. 

Am Freitag, 11. September, erreichte den künstlerischen Leiter des Chores, Matthias Göttemann, eine Mail des Musikschulleiters Thomas Barisch, die Göttemann schockierte. Inhalt: Die Kündigung des Proberaums im Dachgeschoss der Musikschule mit sofortiger Wirkung wegen Verstößen gegen das Hygienekonzept für Chorproben während der Corona-Pandemie. Der Chor kann die Vorwürfe und die Kündigung nicht nachvollziehen, organisierte deswegen eine öffentlichkeitswirksame Protestprobe auf dem Platz zwischen Musikschule und Volkshochschule in der Schultesstraße.

Fein säuberlich wurde auf dem Platz der nötige Abstand von zwei Metern eingezeichnet, alle 28 Teilnehmer der Probe kamen mit Maske auf die professionell ausgeleuchtete Fläche. Der Auftritt zeigte Wirkung, viele Passanten stoppten und schauten, was da vor sich ging. Gesungen wurde auch, man probte Friedrich Smetanas "Chor der Landleute".

Der künstlerische Leiter des KonzertChores der städtischen Musikschule, Matthias Göttemann, bei der Protestprobe vor der Musikschule und der vhs.
Foto: Anand Anders | Der künstlerische Leiter des KonzertChores der städtischen Musikschule, Matthias Göttemann, bei der Protestprobe vor der Musikschule und der vhs.

Wie kam es zu dieser Eskalation? Der Chor hat ein mehrseitiges Hygienekonzept erstellt, um die Auflagen während der Corona-Pandemie für Chorproben zu erfüllen. Seit Mitte Juni sind Proben wieder möglich. Zunächst wurde in der St. Lukas-Kirche geprobt, am 8. September zum ersten Mal wieder im üblichen Probenraum in der Musikschule, im dortigen Konzertsaal. Laut Konzept erlaubt waren maximal 35 Stühle im Abstand von mindestens eineinhalb Metern.

Als Musikschulleiter Barisch am 9. September den Raum betrat – bei der Probe selbst war er nicht anwesend – sah er 50 Stühle, die auch nicht in entsprechenden Abständen gestanden haben sollen. Barisch kündigte den Vertrag entsprechend der vorgeschrieben Frist, untersagte aber die Nutzung mit sofortiger Wirkung wegen Verstoßes gegen das Hygiene-Konzept.

"Die Musikschule ist dafür verantwortlich, die Einhaltung des Hygiene-Konzepts zu überwachen. Das können wir nicht leisten."
Andrea Schärringer, musikalische Leiterin der Musikschule, über die Kündigung des Proberaums des KonzertChores.

Barisch selbst ist im Moment in Urlaub, die musikalisch-pädagogische Leiterin der Musikschule, Andrea Schärringer, bestätigt die Kündigung auf Nachfrage. Sie ist mit Kulturamtsleiter Christian Federolf-Kreppel und Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) abgesprochen. "Der Hauptgrund ist, dass wir als Musikschule dafür verantwortlich sind, die Einhaltung des Hygiene-Konzepts zu überwachen. Das können wir nicht leisten", betont Schärringer. Da der Chor dienstags erst ab 20 Uhr  probe, sei kein Musikschulen-Personal mehr vor Ort.

Mit Sicherheitsabstand: Protestprobe des KonzertChores des Liederkranzes vor der städtischen Musikschule wegen der fristlosen Kündigung der Proberäume.
Foto: Anand Anders | Mit Sicherheitsabstand: Protestprobe des KonzertChores des Liederkranzes vor der städtischen Musikschule wegen der fristlosen Kündigung der Proberäume.

Von Seiten des KonzertChores werden die Vorwürfe vehement bestritten. Sowohl Viola Haubold, im Vereinsvorstand für die Konzertorganisation zuständig, als auch der künstlerische Leiter Matthias Göttemann können die Kündigung nicht nachvollziehen. Kurzfristig, so Haubold, sei es für den Chor nun sehr schwer, andere Räume zu finden.

Matthias Göttemann kündigt rechtliche Schritte gegen die Kündigung an, der Chor trifft sich am Donnerstag mit einem Anwalt. Die Vorwürfe seien haltlos, so Göttemann. Man habe sich natürlich an das von der Musikschule im Vorfeld abgesegnete Konzept gehalten. An dem betreffenden Tag habe man in zwei Gruppen geprobt, einmal mit 14 und einmal mit fünf Personen. Es standen deswegen 50 Stühle im Raum, damit man auch Unterlagen ablegen könne, wenn die maximal möglichen 35 Personen kämen.

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"Ich bin sehr entsetzt, dass Corona als Vorwand genommen wird", so Göttemann. Er könne nicht nachvollziehen, wie die Musikschule darauf komme, sie sei als Vermieter für die Einhaltung des Konzeptes verantwortlich, "das ist natürlich der Mieter der Räume". Das Vorgehen von Musikschulleiter Barisch empfindet Göttemann als "unverschämt und persönlich beleidigend". So gehe man nach so langer Zusammenarbeit nicht miteinander um.

"Ich bin sehr entsetzt, dass Corona als Vorwand genommen wird."
Matthias Göttemann, künstlerischer Leiter des KonzertChores zur Kündigung des Proberaums durch die Musikschule.

Im Hintergrund eine Rolle spielt nach Informationen dieser Redaktion auch eine Auseinandersetzung innerhalb des Vorstandes des Liederkranzes über die Ausrichtung des Chores. Der Vorsitzende Ernst Bartels wurde von einer Gruppe Vorstandsmitglieder um Göttemann aufgefordert, zurückzutreten. Bartels ist der Ansprechpartner für die Musikschule und wurde über die Kündigung schriftlich in Kenntnis gesetzt. Bei der Protestprobe war er nicht vor Ort.

Auf Nachfrage bestätigt Bartels, von der Musikschule informiert worden zu sein. Er habe aufgrund der sehr guten Zusammenarbeit mit Thomas Barisch keinen Grund, an dessen Aussagen zu zweifeln. Zu den Diskussionen innerhalb des Vereins will er sich im Moment öffentlich nicht äußern. Aber: "Ich bleibe Vorsitzender bis zur nächsten Jahreshauptversammlung." Es sei "schade, dass eine jahrzehntelange gute Beziehung zwischen dem Chor und der Musikschule kaputt geht", so Bartels, der "Schaden vom Verein" abwenden möchte. 

 
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