Emil, Felix und Matilda gehen in die gleiche Klasse. Eigentlich verstehen sie sich gut. Aber es gibt manchmal Tage, an denen man nicht so nett zueinander ist. Emil ärgert Felix vielleicht in der Pause oder Matilda mag heute einfach einmal nicht mit Emil spielen.
Schulklassen wie die der drei Kinder sind Orte des Lernens und Entdeckens, des Miteinanders und der Gemeinschaft. Doch wie überall stoßen eben auch bei ihnen manchmal unterschiedliche Bedürfnisse und Meinungen aufeinander. Dann brauchen die Schülerinnen und Schüler Unterstützung, um ihre Verschiedenheiten auszuhandeln.
In der Grundschule Poppenhausen bereitet nun die sogenannte "Giraffensprache" (nach Marshall Rosenberg) den Kindern einen Weg, ihre Anliegen zu verbalisieren und damit Konflikte zu lösen. Anhand der vier Schritte "ich sehe, fühle, brauche, bitte" lernen sie, dem Gegenüber eigene Beweggründe verständlich zu machen, was Grundlage für eine Einigung ist. Dass die Giraffe das tierische Sinnbild des pädagogischen Konzeptes verkörpert, ist gut durchdacht: Die Giraffe hat anatomisch gesehen das größte Herz der Landlebewesen und sieht durch ihren langen Hals die Dinge aus der Distanz – metaphorisch also ein Perspektivenwechsel.
Schulleiterin Andrea Habenstein verspricht sich durch die Nutzung der Giraffensprache mehr Nachhaltigkeit der Konfliktbewältigung und ein stärkeres Verantwortungsbewusstsein bei den Schülerinnen und Schülern für ihre Handlungen. Viktoria Vogt, Lehramtsanwärterin in der Klasse von Matilda, Felix, Emil war in Poppenhausen Vorreiterin in der Ausführung: Die 3a übte in einem exemplarischen Rollenspiel über unterschiedliche Auffassungen gelingender Lernatmosphäre die Schritte der Konfliktbewältigung ein.
Ihre Erfahrungen mit dem Konzept bisher: "Eigene Gefühle auszusprechen, macht die Versöhnung später wahrscheinlicher und einfacher." Künftig sollen die Schülerinnen und Schüler auch ohne Anleitung durch eine Lehrkraft Giraffensprache als Mittel der Streitbeilegung nutzen. Dafür haben die Lehrerinnen der Poppenhäuser Grundschule mit der "Friedensinsel" extra einen Bereich geschaffen, den Kinder wie Emil, Felix und Matilda zum Versöhnen auf Giraffensprache besuchen können.
Von: Lukas Kütt (Lehrer, Grund- und Mittelschule "Oberes Werntal" Poppenhausen)