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SCHWEINFURT
Verse und Gemälde ergänzen sich
Andreas Helmerich
 |  aktualisiert: 15.04.2016 03:39 Uhr

Zur offiziellen Eröffnung der Sonderausstellungen „Ritter und Nazarener – Friedrich Rückert und die Mittelalterfantasien“ im Foyer des Museums Georg Schäfer (MGS) fand sich ein zahlreiches Publikum ein; sogar die rückwärtigen Flügeltüren mussten offen bleiben, um alle Gäste zu fassen. Rückert-Lieder von Peter Cornelius, vorgetragen unter Klavierbegleitung von Thomas Kerzel, bildeten den musikalischen Rahmen.

Als erster Redner diagnostizierte Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé sogleich, Schweinfurt befände sich im „Rückert-Fieber“ und die Sonderausstellung sei eingebettet in nahezu 100 weitere Veranstaltungen. „Schweinfurt rockt Rückert“, textete der Oberbürgermeister in seinem Vortrag eine Headline zum Rückert-Jahr 2016. Immerhin haben es die Sonderausstellung „Ritter und Nazarener“ und das Museum Georg Schäfer auf Seite eins im Feuilleton der FAZ geschafft.

Was den Poeten und Sprachgelehrten Friedrich Rückert mit der Künstlergruppe der „Nazarener“ in Wien und Rom verband, war seine und deren Sehnsucht nach edlem Rittertum und Mittelalterromantik, sowie nach einem christlich-römisch geprägten und geeinten deutschen Nationalstaat, so der zweite Redner Fritz Ritzmann (Vorsitzender der Sammlung Dr.-Georg-Schäfer-Stiftung). Rückerts ausgeprägte nationalpatriotische Gesinnung sei vor dem Hintergrund der damaligen deutschen Kleinstaaterei kaum verwunderlich gewesen – auch wenn Rückerts Ansichten und Äußerungen aus heutiger Sicht und Erfahrung reaktionär anmuten mögen.

Später äußerte sich diesbezüglich die Rednerin Karin Rhein (Verantwortliche für die Graphische Sammlung und Öffentlichkeitsarbeit des MGS) und stellte fest, dass Friedrich Rückert, der „mit dem Nibelungenlied im Gepäck“ einst gen Rom pilgerte, „Chauvinismus durchaus eigen war“. Rückerts Formel: „Tugend, Gott und Vaterland“. Rückert und die Nazarener seien allerdings von einer großräumigeren idealistischen „Staats- und Werteutopie“ erfüllt gewesen (vielleicht im Sinn Karls des Großen), so Fritz Ritzmann weiter; er überträgt Rückerts utopischen Ansatz auf heutige europäische Verhältnisse und stellt dadurch aktuelle Bezüge her.

Der nachfolgende Redner, Museumsleiter Wolf Eiermann, machte darauf aufmerksam, Rückert sei die Ritter- und Mittelalterthematik nicht fremd gewesen, da dieser engen Kontakt hielt mit Christian Truchseß von Wetzhausen und dessen „Bettenburger Tafelrunde“. Zu Rückerts Lebzeiten sei „Ritterliteratur“ allerdings eher verpönt gewesen, nachdem diese im ausgehenden Mittelalter und in der Neuzeit regelrecht geboomt hatte; Ritterromantik wurde zu Rückerts Zeiten von den „Klassikern“ belächelt als „Don-Quichotterie – mit und ohne Geisterwesen“. 1965 habe es die letzte große Ausstellung zur Ritterromantik hierzulande gegeben, fügt der Museumsleiter an, es bestehe somit Nachholbedarf. Rückerts Romaufenthalt 1817/18 eröffnete ihm, der vordem mit Malern und bildender Kunst wenig Umgang pflegte, „den eigentlichen Zugang zur aktuellen Malerei seiner Zeit“. Die beiden Renaissance-Künstler Raffael und Dürer galten den Nazarenern als leuchtende Vorbilder.

Das Museum Georg Schäfer zeigt jeweils etwa 50 Gemälde und 50 Zeichnungen in einer „hochkarätigen Sammlung der Malergruppe der Nazarener: Johann Friedrich Overbeck, Peter Cornelius, Ferdinand Olivier, Franz Pforr, F. Wilhelm von Schadow, Josef Sutter und Ludwig Vogel“ Rückert wurde von Rom und den Nazarenern zu zahlreichen Gedichten inspiriert.

Die geistige Atmosphäre, die in Rom und bei den Nazarenern damals vorherrschte, soll durch das Ausstellungskonzept nachvollziehbar und dem Publikum nahegebracht werden. Rückerts Verse sind in thematischer Auswahl neben den Kunstwerken der Nazarener als Texttafeln platziert und können so mit diesen korrespondieren. Im Rahmen des Kindermuseums zur Ausstellung „Ritter und Nazarener“ findet im MGS auch ein Malwettbewerb statt, bei dem Kinder ihren „Mittelalterfantasien“ freien Lauf lassen können.

Zur Ausstellung ist auch ein gebundenes Buch mit Versen von Friedrich Rückert und Bildern aus dem Museum Georg Schäfer erschienen.

 
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