Die Mutter war aus Guinea geflohen und hatte den Kontakt zur Familie verloren. Fünf Jahre später kommt der Sohn nach Deutschland und findet mit dem Suchdienst die Mutter. Weil ein Vater seine Frau und die Frau die gemeinsame Tochter ebenfalls mit dem Roten Kreuz suchte, weiß nun wieder jedes Familienmitglied von den anderen, obwohl der eine Teil der Familie in Kanada, der andere in Österreich wohnt. Beides Beispiele für die erfolgreiche Arbeit des Suchdienstes des Roten Kreuzes.
Seit Juni mit hauptamtlicher Kraft
Auf 150 Jahre kann der Suchdienst des Roten Kreuzes zurückblicken, der sich weltweit mit 190 Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften austauscht. Seit Juni ist für den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Schweinfurt eine von bundesweit 90 Beratungs- und Betreuungsstellen mit einer hauptamtlichen Kraft besetzt. Sandra Stark hat im Rotkreuz-Haus in der Gorch-Fock-Straße 15 keine explodierenden Fallzahlen vorgefunden. Ausschlaggebend für die neue Stelle waren die zusätzlichen Anfragen aus dem Ankerzentrum in der ehemaligen Ledward-Kaserne sowie die ebenfalls in der Gorch-Fock-Straße untergebrachte Migrationsberatung des Roten Kreuzes für erwachsene Zuwanderer (seit April 2016). Auch ist das Engagement von Sandra Stark bei der Familienzusammenführung (etwa zwei Dutzend Fälle im Jahr) gefragt.
Im Ankerzentrum
An zwei Tagen in der Woche geht die Beraterin in das Ankerzentrum. Bei der Suche nach Angehörigen sind vor allem Namen abzuklären und die Angaben zum Fluchtweg, zum Ort der Trennung von der Familie, zu den Zielen am Ende der Flucht, und zu möglichen Kontakten der Vermissten im In- und Ausland abzuklären.
Sandra Stark schickt dann die Unterlagen an die Suchdienstzentralen in München und Hamburg. Erfolgsberichte erhält sie nicht, was „schade sei, weil man mit den Betroffenen fühlt, weil man die Ängste gerade der Jüngeren in einem fremden Land und in einer fremden Kultur nachvollzieht“.
Suchen, verbinden, vereinen
Der Suchdienst der ältesten nationalen Rotkreuzgesellschaft (DRK) sucht, verbindet und vereint nach Krieg, Katastrophen, Flucht, Vertreibung oder Migration. Aktiv ist der Suchdienst weltweit jährlich in etwa einer Million Fälle. Zudem werden bis zu 200 000 Familiennachrichten empfangen und ähnlich viele zugestellt– davon jede zehnte in oder aus einem Gefängnis. Vom Zusammenschluss der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften wurden im Jahr 2017 fast 8000 Personen gefunden und 980 Personen mit den Familien vereint.
Erfolgreich ist der Suchdienst nicht zuletzt wegen seiner Selbstverpflichtung zur Neutralität, weshalb er auch in nicht demokratischen Ländern anerkannt ist. Ihm geht es nur um die Personen und die Familien. Streng gehandhabt wird der Datenschutz. Gesucht wird insbesondere in unsicheren Ländern oft nicht über die Regierungsstellen, um nicht Antragsteller oder Angehörige in Gefahr zu bringen.
Mehr Beratungen
Im Bereich des Bayerischen Roten Kreuzes steigt die Anzahl der Beratungen im Suchdienst. 2014 waren es 471, im Jahr 2015 dann 1278, ein Jahr später 1472 und 2017 bereits 1580. Nach wie vor stapeln sich Anfragen zum Schicksal der Kriegsvermissten nach 1945. Neu erschlossene russische Archive stehen hierbei zur Verfügung – neben den 50 Millionen Karteikarten der Zentralen Namenskartei mit Auskünften über 20 Millionen Vermisste in Deutschland. Im Jahr 2017 notierte das DRK 8851 Anfragen zu Schicksalen der Kriegsvermissten.
Breiten Raum nimmt auch die Betreuung von Spätaussiedlern und deren Angehörigen ein. Bei der Familienzusammenführung sind beispielsweise rechtliche Voraussetzungen abzuklären. Auch ist die Unterstützung im Visumverfahren gefragt.
Die Suche im weltweiten Netz
Das Angebot „Trace the Face“ des internationalen Suchdienstnetzwerks der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften und des internationalen Komitees vom Roten Kreuz zur Suche nach Familienangehörigen wendet sich an Flüchtlinge. Suchende können auf der Webseite www.tracetheface.org ihr eigenes Foto veröffentlichen lassen und damit online nach vermissten Familienmitgliedern suchen. Handzettel mit den Fotos der Suchenden hängt das Rote Kreuz in Scheinfurt zudem in den BRK-Länden und im Ankerzentrum aus.
Zu den Aufgaben des Suchdienstes gehört außerdem das Auskunftswesen bei Katastrophen und Großschadenslagen im Inland. Im Falle eines Falles aktiviert Sandra Stark das ehrenamtliche Kreisauskunftsbüro des BRK, das Fragen zu vermissten Angehörigen beantwortet.