Jeden Tag transportieren unsere Venen etwa 7000 Liter Blut zum Herzen zurück. Die Beinvenen leisten dabei Schwerstarbeit, denn das Blut muss gegen die Schwerkraft zum Herzen befördert werden. Über "Venenleiden – Ursachen und Therapie" sprach bei einem Leopoldina-Online-Seminar Katrin Körner, Leiterin der Gefäßchirurgie in der Chirurgischen Klinik (Professor Dr. Detlef Meyer). Anschaulich und ausführlich erläuterte sie die häufigsten Erkrankungen wie die chronisch-venöse Venenschwäche, Krampfadern, Venenentzündungen (Phlebitis) und tiefe Beinvenenthrombosen.
Aufbau des Venensystems
Zunächst erklärte Körner Aufbau und Funktion des Venensystems, das man in oberflächliche und tiefe Venen und Verbindungsvenen einteilt. Die Waden- und Sprunggelenksmuskulatur dient als Pumpe für den Blutfluss in Richtung Herz. Venenklappen sorgen dafür, dass das Blut nicht wieder nach unten zurückfällt. Bei schwachen geweiteten Venenwänden und dadurch undichten Venenklappen kommt es jedoch zum Rückstau – eine chronische Venenschwäche und Krampfadern können sich entwickeln.
Krampfadern (Varizen) werden definiert als sackförmig oder zylindrisch erweiterte oberflächliche Venen, umschrieben oder streckenförmig, meistens mit einer Schlängelung oder Knäuelbildung verbunden. Krampfadern treten meist zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr auf. Risikofaktoren für ihr Entstehen sind genetische Belastung, Schwangerschaften, Übergewicht und Bewegungsmangel.
Krampfadern behandeln
Beschwerden durch Krampfadern: Schwere- und Spannungsgefühl, Schmerzen und Ziehen in den Beinen, besonders in Ruhe. Sichtbare Hautveränderungen, im Tagesverlauf zunehmende Schwellung (Ödeme). Die Beschwerden werden verstärkt durch langes Sitzen, Stehen, Wärme, auch vor der Menstruation. Kosmetische Beeinträchtigung durch sichtbare geschlängelte Krampfadern. Unbehandelt können Krampfadern zu massiven Problemen führen, bis hin zum offenen Bein. "Doch so weit muss es gar nicht kommen", betont Katrin Körner.
Konservative Behandlung
Ultraschall-Untersuchungen zeigen das Ausmaß der Veränderungen, aber auch den Rückstrom durch undichte Klappen. Als Therapie bei Krampfadern nennt die Referentin physikalische, medikamentöse oder operative Möglichkeiten. "Bei der konservativen Behandlung ist eine konsequente und langfristige Mitarbeit der Patienten notwendig", bekräftigt Körner. Hier nennt sie Kompression, Vermeidung enger Kleidung, Gewichtsabnahme bei Übergewicht, Hochlagern der Beine, besonders nachts, viel Bewegung, kalte Wasseranwendungen.
Als Indikationen zur operativen Therapie nennt Körner Stamm- und Seitenastkrampfadern, Komplikationen wie Entzündung der Krampfadern, Blutungen, offenes Bein. Zur OP-Vorbereitung gehört immer ein exaktes Anzeichnen der Krampfadern mittels Sonografie, Sicherung der Durchgängigkeit des tiefen Venensystems. Kontraindikationen einer invasiven Therapie sind Vorliegen einer Durchblutungsstörung (muss erst beseitigt werden), Verschluss des tiefen Venensystems, allgemeine Inoperabilität, Schwangerschaft oder Lymphödem. Ausführlich erläutert die Referentin die Vielfalt der Operationsmethoden, erwähnt auch die extrem seltenen Komplikationen.
Spezialfall "Offenes Bein"
Ein Spezialfall ist das so genannte offene Bein. Zuerst muss die Durchblutungsstörung saniert werden, eventuell eine invasive Therapie der Krampfadern. Dann schließt sich die Wundbehandlung an, eventuell mit einer Spalthautdeckung bei großen Wunden. Bei einer Venenentzündung (Phlebitis) zeigt sich ein derb geröteter, Druckschmerz empfindlicher Strang und eine entzündliche Umgebungsrötung. Sie kann in einer vorbestehenden Krampfader entstehen, häufig am Arm nach einem Infusionszugang. Selten sind Venenentzündungen bei einem normalen Venensystem. Dann sollte eine weitere Abklärung erfolgen.
Tiefe Beinvenenthrombosen
Ursachen der tiefen Beinvenenthrombosen können sein: Höheres Lebensalter oder Übergewicht, zu wenig Bewegung, langes Sitzen im Flugzeug, Bettlägerigkeit, Gipsverband, Operationen, Hormonpräparate (Antibabypille), Schwangerschaft und Wochenbett, Tumorerkrankungen oder bei bestimmten Erbkrankheiten. Bei etwa 50 Prozent der Patienten mit einer tiefen Beinvenenthrombose findet sich eine Lungenembolie.
Beschwerden einer Thrombose: Das Bein ist geschwollen, schmerzt, oft etwas verfärbt, die Venen sind erweitert. Wird ein Blutgerinnsel in die Lunge geschwemmt und verstopft dort ein Gefäß, kann das einhergehen mit plötzlich auftretender Atemnot, Brustschmerz bis hin zur Bewusstlosigkeit. Zu den umfangreichen Diagnosemöglichkeiten gehören die kompressions- und farbcodierte Duplexsonografie, der D-Dimer-Bluttest, eine Venenverschluss- und eine Lichtreflexuntersuchung, eventuell ein CT und eine Phlebographie.
Blutverdünnung plus Kompression
Die Therapie besteht aus einer Blutverdünnung (drei Monate oder länger) plus Kompression. Bei einer ersten Thrombose sollte die Behandlung drei bis sechs Monate dauern, bei wiederholten Thrombosen länger, nach Abwägung von Nutzen und Risiko. Die Ursache sollte möglichst geklärt werden. Ganz wichtig sei auch das langfristig belastungsabhängige individuell angepasste Tragen von Kompressionsstrümpfen zur Vermeidung von Folgeschäden – diesen wichtigen Rat gibt Katrin Körner ihren Zuhörerinnen und Zuhörern am Schluss ihres Referats.