„Dear Barack, I want to talk Tätscheles with you“: Angela sollte in diesem Jahr Klartext reden, in Washington, Abhöraffäre und so. Misslang ihr zwar wieder, im Gegenzug schaffte es selbst die NSA nicht, Horst Seehofer zu entschlüsseln. Trotz eingeführter Sonde. Da steht er nun, Holger Paetz, eine Mischung aus Scharfrichter und Testamentsvollstrecker des in den letzten Zügen liegenden Jahres. Bewaffnet mit einer großen Kladde liest der ehemalige Kellner, Archivar und Friedhofsgärtner der Politik die Leviten.
Das Publikum in der Disharmonie ist klein, aber fein. Unter anderem findet sich der ehemalige Schweinfurter Landrat darunter, ein Schulkamerad aus Aschaffenburger Zeiten. Sogar früher künstlerischer Wegbegleiter, sagt Harald Leitherer. „So schön wars noch selten!“ nennt sich Paetz' satirischer Jahresrückblick, keine leicht konsumierbare Kost:
Das Ex-Westerwelle-Double, beim Starkbieranstich am Nockherberg, reibt sich genüsslich gerade an sperrigen Themen. Lässt mitdenken, statt bloße Reflexe abzurufen. Schleicht um Ecken und Kanten – und leistet sich am Ende den Luxus eindeutiger Positionen. Auch 2014 ist wieder mal manch Hausarzt eines Politikers geflohen. So ließen sich zumindest die Schlagzeilen deuten: CSU-General Andreas Scheuer, Freund des Slogans „Wer betrügt, der fliegt“, vermisst jetzt ebenfalls seinen Doktor. In Prag hatte er den akademischen Titel PhD für sich erworben und nach Plagiatsvorwürfen verloren. Derzeit macht seine Partei sich dafür stark, Migranten mögen zuhause bittschön Deutsch sprechen. Nicht leicht in einem Land, wo selbst Deutschsprachige rätseln, was es mit der „Balana Braeree aus Baaern“ auf sich hat. Dann der Sport im glanzvollen WM- und Olympiajahr: „Sotschi war Super“, findet der Münchner. Putin in Sotschi: heraus kam Putschi. Auf seine Männerfreunde vom IOC durfte sich Russlands Autokrat ebenso verlassen wie auf den gazpromgepamperten Schröder. Krim, ja, da gab es dann eine klitzekleine Annexion. Für mehr Aufregung sorgte das Schicksal des „Nelson Mandela von der Säbener Straße“: Uli Hoeneß musste wegen ständigen „Späterzahlenwollens“ einfahren, das dem Hochgelobten gleich als Steuerhinterziehung ausgelegt worden war.
Energiewände wurden (anstelle einer Energiewende) hochgezogen, um Stromtrassen und Windräder zu blockieren. Die geschäftstüchtigen gelben Engel des ADAC („drittstärkste Glaubensgemeinschaft in Deutschland“) schmierten ab. Manch Jugendlicher begibt sich vom deutschen Mittelaltermarkt aus noch weiter zurück, Richtung Kalifat, Uschis Bundeswehr bettelt derweil um funktionstüchtige Waffen („Hey Alter, haste mal ne Wumme für mich“). Ex-Doktorin Annette Schavan wurde scheinheilig gesprochen, als Botschafterin im Vatikan. Außerdem die Oldtimer-Affäre enthüllt: Ein Psycho-Mörder, der Penise abschneidet, im Knast für die Haderthauers Autos bastelt und auch noch mit denen diniert, scheint zu allem fähig. Pegida? „Klingt wie ein Stützstrumpf“. Bräunlich schimmert hier aber eine islam- und asylkritische Protestbewegung. Einfach mal selber ne Woche lang im Asylantenheim einquartieren, rät Paetz. Uwe eichler