
Große Bäume hat er schon einige gepflanzt, aber ein kleines Bergbohnenkraut, das war für Oberbürgermeister Sebastian Remelé eine Premiere. Bei der Eröffnung des Urban-Gardening-Demonstrationsgartens der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) am Olympia-Morata-Gymnasium greift der OB gemeinsam mit LWG-Präsident Andreas Maier zur Pflanzkelle und vervollständigt die Schaufläche mit dem Einsetzen des schmackhaften mediterranen Würzkrautes.

Eigentlich hätte die Anlage schon im April eröffnet werden sollte. Corona machte aber einen Strich durch die Rechnung. Am Mittwochnachmittag wurde die Feierstunde nun nachgeholt, leider bei Regen, dafür aber in einem schon erntereifen Garten. Denn in den gut drei Monaten seit der Bepflanzung der Hochbeete, Pflanztürme und Pflanzkisten sind die verschiedensten Gemüsearten herangewachsen: Gurken, Zucchini, Kürbis, Paprika, Tomaten, Kräuter, Salate. Letzteres sogar als schwimmende Pflanze in dem mit einer Nährstofflösung gefüllten ehemaligen Schulbrunnen.

Die Anlage auf dem Gymnasiumsvorplatz direkt an der Straße soll zum Anschauen einladen, aber auch zum Nachmachen anregen. Sie zeigt, wie mit wenig Platz und einfachen Mitteln im städtischen Bereich der Anbau von Gemüse und Kräutern gelingen kann. "Vor allem junge Menschen und Familien beschäftigen sich wieder zunehmend mit dem Gärtnern", begründet LWG-Präsident Maier die Initiative, das aus den großen Metropolen bekannte Urban Gardening auch in hiesigen Städten populär zu machen. In dem vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium geförderten Projekt entstehen derzeit in jedem der sieben Regierungsbezirke Demonstrationsgärten. Der erste als Pilotversuch 2017 im mittelfränkischen Fürth, der zweite nun im unterfränkischen Schweinfurt.
Dass Schweinfurt den Zuschlag erhielt, dafür hat vor allem stellvertretende Landrätin Christine Bender in ihrer Funktion als Landwirtschaftsrätin im Gartenbauzentrum Bayern Nord
am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen gekämpft. Vor allem im Hinblick auf die Landesgartenschau 2026, die "keine reine Blümchenschau wird", so OB Remelé, sondern einen starken Schub für die Stadtentwicklung auch im Bereich der gärtnerischen Gestaltung geben soll. "Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, sich wieder mit selbst angebauten Lebensmitteln zu versorgen. Mit der Anlage des Schaugartens vor dem Olympia-Morata-Gymnasium in unmittelbarer Nachbarschaft zur Fachhochschule erhoffe man sich, dass das Projekt vor allem auf junge Leute abfärbt und tatsächlich zuhause auf dem Balkon oder der Terrasse selbst Hand angelegt wird. Das Projekt soll gleichsam das Bewusstsein für natürliche Gartengestaltung schärfen, wünscht sich der OB mit Blick auf die oftmals ökologisch sinnfrei angelegten Vorgärten.

500 000 Euro stellt das bayerischen Landwirtschaftsministerium für die Finanzierung der Schaugärten zur Verfügung. Planung und Aufbau übernimmt die LWG, die Pflege in den ersten beiden Jahren eine Hilfskraft vor Ort. In Schweinfurt ist dies Paul Bützow, 21-jähriger Elektrotechnikstudent von der benachbarten FH, der sich auf diese Weise sein Studium finanziert. "Wir hoffen natürlich, dass das Projekt weitergeführt wird", wünschen sich die beiden LWG-Projektleiter Gundula Holm und Florian Demling.
Schulleiter Thomas Kreutzmann sichert zu, Urban Gardening in jedem Fall ab nächstem Schuljahr in den Unterricht einzubinden. Denn als Umwelt- und Fair-Trade-Schule versuche man gerade das umweltbewusste und nachhaltige Leben den Schülern beizubringen. Die beiden Schülersprecherinnen Emma und Linda finden den Schaugarten "richtig cool" und Urban Gardening "absolut sinnvoll", weil auf diese Weise Lebensmittel nicht um den halben Globus transportiert werden müssen.

Dass selbst angebautes Gemüse gut schmeckt, hat die erste Ernte gezeigt. "Der Salat war richtig lecker", versichern die anwesenden Lehrkräfte. Die weiteren Erntetermine werden auf der LWG-Homepage veröffentlicht, Interessierte können sich das Gemüse dann kostenlos abholen und gleichzeitig Anregungen für eigenes Urban Gardening holen. Platz dafür ist auf dem kleinsten Balkon. Man braucht nur eine Kiste, einen Kübel oder einen Sack oder kann sich einen Pflanzturm aus Estrich- und Kokosmatte bauen. Für Terrassen oder Gemeinschaftsgärten eignen sich mobile Hochbeete aus selbst gefertigten Holzrahmen. Sogar das Wasserbeet lässt sich zuhause mit einer lichtundurchlässigen Plastikbox verwirklichen. Und wer eine kahle Wand verschönern will, begrünt sie einfach mit Gemüse. Die sogenannten Living Walls verbessern zusätzlich das Klima von Gebäude und Umgebung. Noch naturnäher ist Terrabioponik, das Gärtnern mit Wurmkompost direkt aus den eigenen Bioabfällen.
Mit Urban Gardening kann auch Biodiversität entstehen. Wie, das zeigt das benachbarte Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, das den Schaugarten mit einem Blühstreifen für Insekten ergänzt hat. "Wir wollen eine Brücke schlagen zwischen Landwirten und Verbrauchern", begründet Amtsleiterin Klaudia Schwarz das Engagement und kündigt schon jetzt Besuchsgruppen des AELF im Urban-Gardening-Schaugarten an.
Urban Gardening

