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HAMBACH
Unterwegs mit Kamel und Elektromobil
Henriette und Günter Fuchs fahren mit ihrem alten Volvo von Istanbul nach Shanghai. In China fühlen sich die Hambacher wie Filmstars, inklusive Eskorte mit dem Bürgermeister. Vor ihnen liegen die letzten 2000 Kilometer.
Von unserem Redaktionsmitglied Nike Bodenbach
 |  aktualisiert: 26.04.2023 20:44 Uhr

Ein schwankender Ritt auf einem Wüstenschiff, acht Sorten Reisschnaps auf einmal und ein heimliches Mahl bei „Kentucky Fried Chicken“ – Henriette und Günter Fuchs kommen auf ihrem Weg nach Shanghai immer weiter voran. Mit ihrem Oldtimer, einem alten Volvo Amazon, nehmen die beiden Hambacher an der Silk-Road-Rallye von Istanbul bis in die 15-Millionen-Stadt am Ostchinesischen Meer teil. Aus der Nähe von Xi'an in der chinesischen Provinz Shaanxi berichtet das Ehepaar per E-Mail.

Nach Kucha in Chinas Westen durchquerte der Treck die dritttiefste Senke der Erde, die Turfan-Senke mit der Stadt Turfan. Bis zu 154,5 Meter unter dem Meeresspiegel liegt die fruchtbare Landschaft. Vor allem Melonen und Trauben werden angebaut. Aus den Trauben macht die zu zwei Dritteln aus muslimischen Uighuren bestehende Bevölkerung kaum Wein, sondern Rosinen.

Während die Fuchsens am Anfang der Reise vor allem Kilometer machten, legten sie jetzt meist zwei Übernachtungen an einem Ort ein. Der Westen von China ist touristisch noch wenig erschlossen. Viele junge, qualifizierte Chinesen wandern in die großen Metropolen im Osten ab. Die beiden Hambacher staunen. Ihre Liste der besonderen Beobachtungen: ein buddhistischer Gebetstempel mit Gebetsfahnen- und Mühlen, eine kleine Oase in der Wüste, ein XXXL-Autotransporter mit Doppelreihen, Häuser zur Rosinentrocknung, ein Müllsammler und viele Ölquellen.

Nach Turfan erreichten die Rallyeteilnehmer Hami, die erste Station an der Nordroute der Seidenstraße. „Eine moderne, relativ gesichtslose Stadt von 500 000 Einwohnern“, beschreiben die Fuchsens nüchtern. Doch die Stadt konnte die beiden doch noch begeistern – mit einer westlichen „Spezialität“: „Kentucky Fried Chicken“. „Welch eine Abwechslung! Dieses Mahl, erweckte in uns heimische Gefühle, obwohl wir es zu Hause noch nie gegessen haben.“ In den Träumen der Fuchsens kommen immer häufiger fränkische Bratwürste und Kloß mit Soß vor.

Von der nächsten Station der Reise aus, der Oasenstadt Dunhuang, unternahmen die Fuchsens dann wieder ein landestypisches Vergnügen. In den bis zu 250 Meter hohen Dünen, den Bergen des „Singenden Sandes“ wagten sie sich auf den Rücken eines „Wüstenschiffes“. „Nachdem das Aufsitzen relativ einfach war, verursachte das Aufstehen des Trampeltieres doch einige kräftige Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen auf dem Sattel“, erzählen die Hambacher.

Zwei Abende blieb der Treck in Dunhuang, zweimal gingen Henriette und Günter Fuchs zum Nachtbasar. Sie sahen angebrütete Eier, eine eigentlich verbotene Spezialität und waren selbst „immer sofort die Sensation. Wir wurden von vielen Menschen beim Feilschen um den Preis umringt, außerdem wollte sich immer jeder mit uns fotografieren lassen. Wir hatten das Gefühl, Filmstars zu sein.“

Vor ihrer Abfahrt in Richtung Jiayuguan überraschten dann noch der Bürgermeister und der Polizeipräsident die Deutschen. Von den beiden in einem Elektropolizeimobil angeführt, zog die Oldtimer-Karawane mit durchgehender Vorfahrt, auch bei Rot, durch die Stadt.

Bei Jiayuguan spazierten die Fuchsens schließlich auf der Hängenden Mauer, dem höchstgelegenen Abschnitt der Großen Mauer. „Der heute begehbare Teil wurde 1987 renoviert und sieht aus wie neu“, schreiben die Hambacher. Beeindruckt waren sie auch von der Festung Jiayuguan. Sie markiert das westliche Ende der Großen Mauer und war eine Kontrollstelle, die alle Reisenden auf der Seidenstraße passieren mussten. Hier lag zeitweilig die offizielle Grenze zwischen dem chinesischen Reich und den „barbarischen“ Steppen des Westens. Für das Sorgenkind des Oldtimer-Konvois, einen Jaguar, war hier Schluss. Er hatte einen kapitalen Motorschaden, ohne neuen Motor ging nichts mehr. „In China war aber keiner zu besorgen“, erzählen die Fuchsens. Jetzt ist der Jaguar mit einer Spedition frühzeitig auf dem Weg nach Shanghai. Die beiden Rallye-Freunde fahren einen modernen Leihwagen.

Der Volvo Amazon hielt jedoch durch, die Fahrt nach Xining führte auf Serpentinen durch eine atemberaubende Berglandschaft über zwei Pässe ins tibetische Hochland. „Unser Schätzchen hatte allen Grund zur Freude“, schreiben die Reisenden, „denn ihm war es auf den sehr gut ausgebauten Straßen, meist Autobahnen, langweilig geworden.“

Xining, die Hauptstadt der Provinz Qinghai, war Stützpunkt für den Besuch des nahe gelegenen Kumbum-Klosters, einem der bedeutendsten lamaistischen Heiligtümer. Ab dem Jahr 1560 wurden innerhalb von 17 Jahren 52 Hallen mit 9300 Gebets- und Meditationsräumen und 3600 Mönchszellen erbaut, die sich an den Südhang eines engen Tals schmiegen.

In Xining selbst wandten sich die Fuchsens den irdischen Genüssen zu: In einem Schnapsladen, von denen es dort sehr viele gibt, entdeckten sie in Tonfässern gelagertem Reisschnaps. „Natürlich mussten wir sofort alle acht Sorten in verschiedenen Stärken (bis zu 70 Prozent Alkohol) probieren und dabei wurden einige Fotos gemacht“, so die Fuchsens. Chinesen ließen sich immer gerne mit den „Langnasen“ fotografieren.

Jetzt haben die Abenteuerer noch 2000 Kilometer bis Shanghai vor sich. Es ist kälter geworden, das Laub der Bäume und Sträucher hat sich verfärbt. Die Fuchsens haben die Fleecejacken ausgepackt.

Henriette und Günter Fuchs aus Hambach nehmen mit ihrem Volvo Amazon P 121, Baujahr 1969, an der Silk-Road Rallye von Istanbul nach Shanghai für Oldtimer teil: 12 500 Kilometer, sechs Länder in 56 Tagen – von der Türkei geht es über Russland, Kasachstan, Usbekistan und Kirgistan bis nach China. Die Strecke folgt einer der Routen der historischen Seidenstraße. Blogs von weiteren Teilnehmern unter www.classiccarevent.com

Stolz: Henriette Fuchs auf einem Pass auf dem Weg nach Xining.
| Stolz: Henriette Fuchs auf einem Pass auf dem Weg nach Xining.
Voluminös: Ein dreirädriger Lastenroller samt Besetzung.
Foto: Fuchs | Voluminös: Ein dreirädriger Lastenroller samt Besetzung.
Stimmungsvoll: Mönch im Kumbum-Kloster in China.
| Stimmungsvoll: Mönch im Kumbum-Kloster in China.
 
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