Größer konnte der Gegensatz nicht sein: Hier die noch in der Nacht vor der Informationsveranstaltung zur Betreuung und Integration der künftig in der Gemeinde untergebrachten Flüchtlinge an die Tür des Schützenhauses angehefteten Zettel mit der Aufschrift „Wir brauchen kein Asylantenheim“, dort die sich abzeichnende große Hilfsbereitschaft in der Gemeinde.
So war Bürgermeister Matthias Bäuerlein positiv überrascht, als er das Schützenhaus in Untersteinbach fast bis zum letzten Platz gefüllt sah. Das Kommen so vieler Bürger trotz des gleichzeitig übertragenen Champion-League-Fußballspiels des FC Bayern München in Barcelona zeige, wie hoch das Interesse der Bürger an der Thematik sei. Der Informationsabend sollte dazu dienen, Fragen der sozialen Betreuung und Integration der Flüchtlinge zu klären.
Der Bürgermeister machte deutlich, dass Deutschland – unabhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen – eine soziale Verantwortung für Flüchtlinge besitze, da es christlich geprägt und wohlhabend sei. Es sei wichtig, entsprechende Strukturen aufzubauen, gerade vor dem Hintergrund, dass nach einer Familie aus dem Kosovo zwei Familien mit jeweils zwei Kindern aus der Ukraine in Untersteinbach Zuflucht suchen.
Dies wirft natürlich viele Fragen auf, weshalb Dagmar Schnös, Gemeindereferentin und Familienseelsorgerin aus Knetzgau, grundsätzliche Fragen an Dieter Sauer, Leiter des Amtes für Soziales und Senioren am Landratsamt Haßberge, stellte.
Dieser berichtete, dass man wie in vielen anderen Landkreisen im Freistaat auch in den Haßbergen bis zum vergangenen Jahr fast völlig unvorbereitet auf die anschwellende Zahl der Migranten war. Mittlerweile sei der Landkreis mit 600 Unterkunftsplätzen sehr gut aufgestellt, sagte Sauer. Hierzu mietet der Landkreis Wohnungen oder Häuser, vorwiegend von privater Seite, an.
Generell sei die jetzige Situation nicht mehr ganz so kritisch zu sehen, da in Unterfranken gerade einige größere Gemeinschaftsunterkünfte eröffnet werden. So dürfte die Unterbringung des auf den hiesigen Regierungsbezirk entfallenden Anteils an den für dieses Jahr prognostizierten 400 000 Neuantragstellern in ganz Deutschland wohl keine größeren Probleme bereiten.
Die Herkunft der Flüchtlinge
Nach Aussage von Dieter Sauer komme ein großer Anteil der Flüchtlinge aktuell aus dem Kosovo. In diesen Fällen würden die Asylanträge in der Regel jedoch abgelehnt. Die zweite große Gruppe komme aus dem nahöstlichen Bereich wie Syrien oder dem Nordirak, wo der Krieg auf dem Rücken der Zivilbevölkerung ausgetragen werde. Diese Menschen flüchteten zunächst nach Ägypten und Libyen. Da sie dort allerdings nicht geduldet würden, führe sie der Weg weiter nach Europa.
Außerdem kämen viele Flüchtlinge aus West- und Ostafrika. Vor allem aus Nigeria und Mali würden viele junge Leute auf Grund der Ebolakrise fliehen, da sie auf dem schwarzen Kontinent keine Perspektive für ihre Zukunft sehen, so Sauer.
Genau diese Flüchtlinge müssten oft weit länger als den Durchschnitt von sechs bis sieben Monate warten, bis der Asylantrag bearbeitet wird. Dies liege daran, dass zuerst die Anträge der Migranten aus dem Kosovo, welche meist wieder abgeschoben werden, und dann die der Flüchtlinge aus Syrien, diese bekommen fast immer eine Aufenthaltserlaubnis, bearbeitet würden.
Für viele Besucher des Infoabends stellte sich die Frage: Wie viel Geld bekommen denn nun die Asylbewerber? Reich werden sie sicherlich nicht, beruhigte Dieter Sauer. So erhält ein Erwachsener 260 Euro für Ernährung und Kleidung, außerdem nochmals 143 Euro für Zusatzausgaben wie Fahrtkosten oder Ähnliches. Pro Kind bis zu einem Alter von sechs Jahren gibt es 84 Euro für Zusatzausgaben. Insgesamt werde ein Sozialhilfeniveau angestrebt.
Unterstützung in der Organisation des täglichen Lebens erfahren die Asylbewerber besonders durch die Caritas. Hildegard Wolf arbeitet dort als Asyl- und Sozialbearbeiterin im Landkreis Haßberge. Wie sie in Untersteinbach berichtete, helfen sie und ihre drei weiteren Kolleginnen und Kollegen etwa, wenn es darum geht, eine Apotheke, Einkaufsmöglichkeit oder Busverbindung ausfindig zu machen. Ebenso helfe man bei der Beschaffung von Informationen, bei rechtlichen Fragen, der Abgabe von Erklärungen oder beim Ausfüllen von Bescheiden.
Ohne Ehrenamtliche geht es nicht
Eine wichtige Unterstützung stellt bei der Betreuung der Flüchtlinge die hohe Anzahl an Ehrenamtlichen dar. Ohne deren Engagement würde die Integration niemals so gut klappen, betonte Dieter Sauer.
Ein hervorragendes Beispiel dafür ist Lena Schuster, die freiwillig in der Gemeinschaftsunterkunft in Dippach bei Eltmann Asylbewerbern Deutschunterricht gibt. Sie erzählte in Untersteinbach von deren Freude und Begeisterung, etwas lernen zu können. Zugleich berichtete sie von der überschwänglichen Herzlichkeit, mit der sie immer begrüßt werde.
Sie selbst sei erst kürzlich in der Ukraine gewesen und konnte sich so ein gutes Bild davon machen, was die Flüchtlinge dort erleiden mussten. Sie freue sich nun auf die zwei Familien aus der Ukraine, denen sie mit Hilfe ihrer Russischkenntnisse Deutsch beibringen möchte.
Nachdem alle grundlegenden Fragen angesprochen worden waren, ging am Ende noch eine Liste im Schützenhaus herum, in die sich die Anwesenden für verschiedene Hilfsdienste eintragen konnten.