Unglück in Person. Ein kleiner dicker Mann im abgewetzten Nadelstreifen-Anzug, mit pomadigem Mittelscheitel und Menjou-Bärtchen steuert eine Bank unter einem Baum an, brabbelt, schluchzt, ist am Ende. Er packt einen Strick aus einem schäbigen Koffer, wirft ihn über einen Ast: „Komm her, mein letzter Freund - Gute Nacht, du falsche Welt“. Doch schon tritt eine gut gelaunte Lebensretterin aus den Kulissen.
So beginnt die Musical-Comedy „Zwei auf einer Bank“ mit Katharina Thalbach, Andreja Schneider und dem Christoph-Israel-Sextett. Es ist ein Liederabend (Erfinder Franz Wittenbrink lässt grüßen), in dem der depressive Joachim (Thalbach) und die hartnäckig an das ewige Glück glaubende Loreley (Schneider) ihre Sehnsüchte, Hemmungen, Konflikte und Gefühle durch und mit Liedern erzählen. Doch die komödiantische Hochspannung von Katharina Thalbach verwandelt diese schräge Lovestory in eine brillante, zirkusreife Musikclown-Performance.
Thalbach und Schneider servieren ein Feuerwerk an hintergründigem Humor, das von Volksliedern, Couplets, Schlagern und Operettenmelodien lebt. Aber wie: Ironie, Satire, Klamotte, Groteske, Nonsens - vergesst es. Thalbach setzt überall noch gewaltig einen drauf, sie grimassiert, überzieht, schmeißt sich ran - manchmal bis zur Schmerzgrenze. Vor ihrem Song „Haben Sie schon mal im Dunkeln geküsst“ beichtet sie der liebestollen Loreley von ihrer Aversion gegen das Küssen: „Nee, dieser Schleimaustausch, nee“. Überzeugend, weil gut studiert, ihre Pinkelszene - als Joachim: „Na, komm schon raus“.
Die Liederauswahl bietet Vertrautes, Überraschendes und Neues zum Thema Liebe: „Zwei auf einer Bank“ - sangen einst Gitte Haenning und Rex Gildo, „Illusionen“ interpretierte Alexandra und „Du lässt Dich gehen“ beklagte Charles Aznavour. Daneben stehen Songs von Michael Jary, Curt Bois, Georg Kreisler, Joe Dassin und Operettenhits. Da tut es einem Operettenfan schon weh, wenn die losgelassenen Comediens die Wirkung von Lehárs „Lippen schweigen“ brutal zerstören.
Aber dann - mitten im Klamauk und Lachen singt das seltsame Pärchen zweistimmig „Wahre Freundschaft“, „Kein Feuer, keine Kohle“ und „Ade zur guten Nacht“. Und haben der Kleine und die Große eben noch die Liebespaar-Szene am Bug der sinkenden Titanic persifliert - jetzt zaubern sie mit den Worten und der Musik der schlichten Lieder allen Unsinn von der Bühne, lassen das Publikum lauschen. Faszination des Theaters. Riesenapplaus und Bravorufe für die Frauenpower aus Berlin.