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SCHWEINFURT
Unter Hochspannung
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Von unserem Mitarbeiter Manfred Herker
 |  aktualisiert: 14.11.2012 12:02 Uhr

Premiere einer neuen Tanztheater-Formation aus New York in Schweinfurt. Was wird ihr französischer Choreograf und Leiter Pascal Rioult präsentieren?

Der Tänzer war immerhin Schüler der legendären amerikanischen Tanzpädagogin Martha Graham und neun Jahre Mitglied ihrer Company. Wie wird Rioult sich behaupten im großen internationalen Tanztheater-Ballett-Angebot des Schweinfurter Theaters?

Es wurde ein einzigartiges Ereignis, eine faszinierende Symbiose aus Tanz, Musik, Licht, Poesie, aus meditativen Abschnitten und beklemmenden Visionen - immer getragen von dem großartigen Stimmungszauberer Pascal Rioult und seinem jungen, tanzbesessenen Ensemble. Das verbindet klassische Technik und Virtuosität mit innovativen Ansätzen des Martha-Graham-Stils und des zeitgenössischen Tanzes. Das Publikum im ausverkauften Theater feierte die Gäste aus New York an zwei Abenden mit enthusiastischem Beifall und Bravorufen.

Die erste Choreografie „Views of the fleeting World“ wird von den groß projizierten Farbholzdrucken des japanischen Künstlers Utagawa Hiroshige geprägt, ein Druck hat besonders die Kostüme, die roten Faltenröcke, beeinflusst. Getanzt wird zu einzelnen Teilen der „Kunst der Fuge“ von Johann Sebastian Bach. Rioult hat seine Choreografie in neun Teile gegliedert, in denen der Tanz mit der jeweiligen Projektion und der Stimmung der jeweiligen Fuge korrespondiert.

Mit „Orchard“ zum Hauptthema der Fugensammlung beginnt die Suite: Beeindruckend, wie die Tänzerinnen und Tänzer das musikalische Nacheinander-Einsetzen der Stimmen, das Ableiten in weitere simultan erklingende Stimmen in tänzerische Bewegungen umsetzen. Schon hier zeigt sich die kraftvolle, spannungsgeladene, ja schroffe Bewegungsmotorik des Martha-Graham-Stils, die den strengen Rhythmus der Bach-Fugen noch unterstreicht. Ein Kaleidoskop des Lebens entsteht, großartig „Moonlight“, das Sara Seger und Brian Flynn mit großer Sensibilität zu einer Hymne auf die Liebe gestalten.

„In meinen Arbeiten gebe ich nur Hinweise auf eine eventuell versteckte Geschichte, die jeder im Publikum nach seinen Erfahrungen interpretieren kann“, sagt Rioult. In seiner Choreografie „Wien“ zum „La Valse“ von Maurice Ravel lässt sich unschwer die Auflösung einer Gesellschaft vielleicht nach dem ersten Weltkrieg erkennen: Mit leeren Blicken taumeln die Tänzer zwischen Rausch und Verzweiflung, zwischen Gewalttätigkeit und Chaos über die Bühne – Ravels anfängliche Walzerseligkeit weicht verzerrten Rhythmen und dissonanten Harmonien. Ein gespenstisches Irrenhaus.

Auch in „Les Noces“ – die Hochzeit – geht es nicht um die Idylle. Rioult zeigt mehr das Gegeneinander als das Miteinander der Geschlechter, die sich anfangs in einer Art Tanzschule der Erotik gegenübersitzen. Laszive Bewegungen hier, Potenzgebaren drüben – allmählich entsteht ein Reigen von Anziehung, Begegnung und Trennung.

Ravels „Bolero“ hat Rioult für vier Paare choreografiert, die den unerbittlichen motorischen Ostinato-Rhythmus der Komposition in Tanz umsetzen. Die Tänzer bewegen sich wie ferngesteuerte Roboter, jeder strebt für sich allein einem unabwendbaren Höhepunkt zu. Nach einer letzten Steigerung mit Schlagzeug und Posaunen, nach letzten expressiven Bewegungsmustern der Tänzer das erlösende Finale. Im Publikum entlädt sich die Spannung in Beifallsstürmen. Foto: Theater

 
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