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SCHWEINFURT/BAMBERG
Ulrich Ramer erfindet die Literotik
Hannes Helferich
Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 28.07.2017 03:21 Uhr

Im Februar 2013 hat sich Ulrich Ramer nach neun Jahren als Chef von seinen Rathenau-Schulen – Gymnasium und Realschule – verabschiedet. Jetzt brachte der 66-Jährige zwei Romane heraus: „Gotterdämmerung“ und „Mariamaria“. Weil er Langeweile hatte? Weit gefehlt. Ramer ist Zeit seines bunten Lebens ein Schreibwütiger, hat über 100 Publikationen veröffentlicht, freilich mehr literaturwissenschaftliche, soziologische, später auch sprachen-didaktische Werke.

Bisher fehlte die Zeit und Muße für das Verfassen eines Romans

Nun erstmals der Romanautor Ramer mit zwei auf den ersten Blick kirchlichen Titeln. Er habe nach dem Ende seiner Schulzeit endlich Zeit und Muße gefunden, Themen, die „mir mein ganzes Leben auf der Seele gelegen haben, belletristisch umzusetzen“, sagt Ramer im Gespräch mit der Redaktion.

Der Mann, geborener Bamberger, hatte 24-jährig promoviert, war weit gereist, hatte Lehr- und Forschungsaufträge an Universitäten in Brasilien, Spanien, Frankreich, Ungarn und Chile hinter sich, bevor er 2004 in Schweinfurt als Doppelschulleiter eingestellt wurde. Hier organisierte er Schüleraustausche mit Brasilien, China, Frankreich, Finnland und Schottland. Er verstand sich stets als Pionier neuer Unterrichtswege, hat Diskussion nie gescheut. Sprache, das war und ist sein Leben.

In der Schule lehrte er Deutsch, Latein und Spanisch. Ramer wirkte viele Jahre als Dozent für Rhetorik an der Volkshochschule, war Direktor des „Instituts für angewandte Sprachwissenschaft“ und Herausgeber der Zeitschrift KOMM, die sich mit Literatur und Kommunikation beschäftigte.

Von Max Frisch fasziniert

Und er publizierte. Von Anfang an. Zur Roman-Präsentation bringt Ramer einige „Beweise“ mit. Vor allem Max Frisch hat ihn begeistert, eigentlich „nie losgelassen“. Bei edition Fischer etwa ist das von Ramer verfasste literaturwissenschaftliche Lesebuch über „Rollen Spiele“ in den Werken von Frisch erschienen. Im Fischer-Verlag „Mythos und Kommunikation“, das sich auch mit Frisch beschäftigt. 1993 veröffentlichte Ramer eine Gesamtbibliografie. Frisch traf er persönlich, eine Widmung in den „Rollen Spielen“ zeugt davon.

Nun also ist Ramer selbst Roman-Autor geworden, der vor Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten ist, weil „sie keine Stellung zu den Missbrauchsfällen gezogen hat“. Ramer nennt sich nach wie vor religiös.

In der „Götterdämmerung“ geht es um Zeus, der über seinen Boten Hermes ein Tribunal aller Gottheiten einberuft mit dem Ziel, Gott, Jesus und dem Heiligen Geist den Prozess zu machen: wegen Betrugs. Der Leser erfährt sehr viel über einige Gestalten der Götterwelt, Ramer wählt eine ironische Sprache verbunden mit viel Kritik an der Religion. Hermes musste irgendwie dabei sein. Max Frisch hatte seine Reiseschreibmaschine „Hermes-Baby“ genannt, „das ist auch mythisch“, merkt Ramer an.

Erotik weil Eros positiv besetzt ist

Literarisches Neuland betritt er auch mit dem Roman Mariamaria, bei dem er unter dem Konzept „Literotik“ ein neues narratives Genre geschaffen hat: Die Literotik. Ramer macht keinen Hehl draus, ein Freund der Erotik zu sein, weil „Eros positiv besetzt ist“. Deshalb lehnt er Literatur einer Charlotte Roche (Feuchtgebiete) ab. Es geht um eine Mariamaria im Heute und Jetzt, die mit der angeblich unbefleckten Empfängnis aufräumt, sagt Ramer.

Es kommen die vom Autor geschätzten Dichter Rilke und der Musiker Carlos Santana vor und natürlich jede Menge erotische Anspielungen.

Warum erscheinen die Büchlein unter dem Pseudonym Ullla Ramera? Ramer ließ die Rohfassungen eine Literaturkritikerin lesen, die feststellte, er habe aus der Perspektive einer Frau geschrieben. Außerdem hat Ramer beide Werke ins Spanische und Portugiesische übersetzt, und Ramer könne man dort nicht aussprechen. Also Ullla Ramera, den Vornamen mit dreimal „l“, weil „ich immer ein wenig ein Sonderling bin“.

Die Taschenbüchlein mit 142 und 172 Seiten gibt es bei neobooks, mit Droemer und Knaur ist Ramer im Gespräch, damit es sie auch in der Buchhandlung gibt.

 
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