Nein, das war wirklich nicht das angestammte, spröde Schweinfurter Konzertpublikum, das immer noch mit der Ersatzspielstätte der Stadt Schweinfurt im Gemeindehaus fremdelt und sich selbst bei hochklassigen Kammermusikabenden nur zögerlich zum Besuch überzeugen lässt.
Das waren auch nicht die routinierten Theater-, Ballett- und Musicalgänger, die dem Saison-Programm mittlerweile eine Auslastung von über 80 Prozent bestätigen. Menschen strömten plötzlich an diesen Abenden ins Theater, die sonst dort nie zu sehen sind. Alternative Gruppen im selbstgestrickten Pullover, Kids, Senioren treffen auf Krawattenträger im Jackett, ein Schnitt quer durch die Gesellschaft, allen eines gemein – es sind Fans und die bevölkern das Theater der Stadt Gemeindehaus an zwei Abenden bis auf den letzten Platz.
Ein begeisterungsfähiges, begeisterungswilliges Publikum, das sein "Ukulele Orchestra of Great Britain" schon beim Einmarsch auf die Bühne mit frenetischem Applaus und Jubel begrüßt. Ein Ensemble, dessen Weltruf wie Donnerhall vorauseilt und das sonst regelmäßig an solch legendären Orten wie der Royal Albert Hall in London oder der Carnegie Hall in New York auftritt. Und jetzt – Gastspiel in Schweinfurt.
Zum nunmehr siebten Mal, und wie sich die Bilder an zwei Abenden gleichen: Das Publikum klatscht, jubelt, pfeift, singt, lacht mit, ein Heimspiel der "Ukes" (wie die Fans das Ensemble nennen), mit Kantersieg. Und weil unsereiner die sieben tibetanischen Frostbeulen der Weisheit und die zwölf Atemnöte der Erleuchtung ob des fortgeschrittenen Alters eh nicht mehr erreichen kann, feiern wir da einfach mal mit. Was soll's.
"The Ukulele Orchestra of Great Britain" ist gerade einmal 39 Jahre alt und weltberühmt
Auf der Bühne sieben Musiker, sechs mit einer "unseriösen" Ukulele auf dem Schoß und eine Bassgitarre. Die Ukulele an sich (um das mal schön neunmalklug aufzuklären, bedeutet "hüpfender Floh" auf hawaiianisch – es geht um die rasante Bewegung der Finger über dem Gitarrengriff) ist in etwa 150 Jahre alt; "The Ukulele Orchestra of Great Britain" gerade einmal 39 Jahre und weltberühmt.
George Hinchliffe, baumlanger Gründer und ebenfalls Direktor der britischen Gruppe ruft noch "It's great to be back here", und ab geht die wilde Fahrt, mit vielstimmigem Geschrammel auf den Mini-Gitarren, stimmlich perfekt arrangiert und versetzt mit kleinen, sprachlichen und sarkastischen "Chelmereien".
Quer durch die Hits der Popkultur vergangener Jahrzehnte geht es wieder in den beiden Sets. Prince erwacht mit seinem Ohrwurm "Don't have to be rich" zu neuem Leben, ZZ-Top verlangt wieder mal "Give me all your love" (schön, dass der Familienvater hinter mir so textsicher ist und alles mitgröhlt), und Coolio erzählt vom "Gangsta's Paradies". Aber auch Klassiker wie der "Ungarische Tanz Nummer Fünf" von Johannes Brahms oder Tschaikowskys "Nussknacker" haben die sieben "Ukes" arrangiert und teilweise mit solch brillanter Virtuosität, dass alle kritischen Bremsen schwach werden.
Bei allem darf man nicht übersehen, dass die sieben Vollblut-Musiker, die da auf der Bühne eine "saitenlange" Reise (ohne Programmzettel) durch die Musikgeschichte präsentieren, zudem über wirklich prächtige Stimmen verfügen. Und das ohne Ausnahme klangschön und sicher in jeder Stimmlage im Ensemble von links nach rechts.
Höhepunkt, eines an Höhepunkten ohnehin überreichen Abends, das Arrangement einer Fuge von Georg Friedrich Händel, in dem die Jahrhundertsongs "I did it my way" von Frank Sinatra, "I will survive" von Gloria Gaynor und "Boombastic" von Shaggy miteinander zu einer einheitlich, harmonischen Fassung verwoben werden – alle Hüte ab! Als Zugabe "Highway to hell" von AC/DC und danach Ausnahmezustand.