"Corona nervt." Zu dieser nicht ganz überraschenden Einsicht kam nicht nur Ministerpräsident Markus Söder beim virtuellen Parteitag der CSU. Auch die Dienstleister und Aussteller, die derzeit auf der Unterfrankenschau (Ufra), zwar vor deutlich weniger Publikum als gewohnt aber immerhin, ihre Arbeit vorstellen, würden das sicher so unterschreiben. Ja, Corona, ist im wahrsten Sinn des Wortes auch eine Seuche für die Wirtschaft, aber "besser sich zeigen, als ganz zu Hause bleiben", so der Tenor einer Aussteller-Umfrage am Montagvormittag.
"Die Zugangsampel zum Gastronomiezelt braucht es eigentlich nicht", so dessen Betreiber Helmut Fecher. Die Abstände der Tischgarnituren sind so luftig, dass sie alle besetzt werden könnten. Extra für Familien, die unter sich bleiben wollen, hat er verkürzte Bierbank-Garnituren angeschafft. Platz gerade mal für vier Personen, aber dafür keine Gefahr, dass sich ein "Fremder" ans andere Ende setzt. Doch auch von Corona-Maximum kann keine Rede sein, beim Blick ins geräumige Zelt. "Am Sonntag war es besser, ein paar Kinder haben sogar vor der Bühne getanzt", berichtet er lächelnd. Das ist das Verdienst von Alleinunterhalter Luis Alpin. Wenn der Österreicher seine Ziehharmonika umschnallt und die Bierzelt-Gassenhauer anstimmt, dann kommt halt doch ein wenig Stimmung auf – maßvoll und mit Abstand versteht sich. "Was bringt es denn, wenn wir alle wegbleiben", so der erfahrene Wirt, der hofft, mit einer finanziellen Nullnummer aus der Messe herauszukommen.
Fecher denkt auch an sein Personal, das oft seit Jahrzehnten für ihn arbeitet. "Da sind junge Leute dabei, die haben teilweise gebaut, es muss weitergehen." Großen Respekt zollt er Messemanagerin Katherina Köhler. "Das Hygienekonzept ist erste Sahne, schön dass die Messe überhaupt stattfindet". Fecher, seit 40 Jahren Messegastronom, der in ganz Deutschland herumkommt, berichtet davon, dass im Laufe der Woche Messemacher aus großen Städten wie Nürnberg und Hannover bei ihm im Zelt vorbeischauen werden, um sich seine Version von "Gastronomiezelt in Coronazeiten" anzuschauen.
"Das Hygienekonzept scheint zu funktionieren", so auch Bernd Bullnheimer von der Main Connect GmbH aus Ebern. Menschen durch gemeinsame Erlebnisse befähigen Grenzen zu überwinden, will das Unternehmen. Erfahrungen machen, die das Lernen erleichtern, Probleme spielerisch lösen, mit Spaß Herausforderungen annehmen und Persönlichkeit entwickeln. Klingt gut, ist schwer in Coronazeiten. "Entweder, der Besucher muss sich vorher die Hände desinfizieren, oder ich muss die Murmel selber reinwerfen", beschreibt er etwa die an sich einfache Nutzung einer Kugelbahn unter Pandemievorzeichen. Da ist die Nutzung der flotten Foot Twister und Eazyroller schon einfacher. Da hat jeder seinen eigenen, da kommt man sich nicht in die Quere. Wie das geht zeigt sein Sohn Quentin, der den Flitzer mittels schneller Schlenkerbewegungen der Beine durch die Halle treibt.
Solche Probleme hat auch Benjamin Popp nicht. Der junge Gochsheimer will mit seiner Firma "Demonball" wieder die Begeisterung für computerfreie Brett-und Kartenspiele wecken. Nicht die altbekannten, sondern neue und Innovative. Dafür scheint es einen Markt zu geben, am Sonntag war sogar einiges los an seinem Stand, wie er berichtet. "Es dürften ein paar mehr sein, aber dafür kann ich mir Zeit nehmen für die Leute und Spiele erklären", sieht es der junge Gochsheimer pragmatisch. Am 30. Oktober will er in seiner Heimatgemeinde ein Geschäft für Brett- und Kartenspiele eröffnen.
"Eine Messe mit wenigen Besuchern ist besser als gar keine", so auch die Einschätzung von Peter Schössow, der gemeinsam mit Kollegin Dagmar Briest "Oskar the best", ein elektrisches Schnitzelwerk für allerlei Lebensmittel vertreibt. Solche Stände, an denen vom Messer bis zum Entsafter so einiges vorgeführt und verkauft wird, sind eigentlich der Klassiker einer Verbrauchermesse. Unter Coronabedingungen muss der Radius der Zuschauer eben weiter gespannt sein und Zugucken geht auch mit Maske. Störend sind für Schössow allerdings die Pausen. "Bitte verlassen sie das Gelände", ertönt es kurz vor 14 Uhr, wenn das erste Zeitfenster sich dem Ende neigt. Dann eine Stunde Pause bis die Besucher des zweiten täglichen Zeitfensters (15 bis 19 Uhr) kommen. "Da ist der Schwung raus, da sind zwei Stunden verloren", bemängelt er.
"Die Ufra setzt ein Zeichen, dass so etwas auch in Coronazeiten möglich ist", meint Michael Binder, Geschäftsführer der Binder Firstclass Reisemobile GmbH. Das Unternehmen aus Emskirchen bei Neustadt/Aisch ist zum ersten Mal auf der Ufra und hat es nicht bereut, denn gleich am ersten Wochenende ging eines der ausgestellten Luxus-Morelo-Reisemobile über den Ladentisch. Gut eine halbe Million kostet so eine Suite auf Rädern. Die Reisemobilbranche, das ist kein Geheimnis, gehört nicht gerade zu den Verlierern der Coronakrise. Auch wenn die Wohnmobile im Freigelände stehen, wird beim Kundenkontakt sehr viel Wert auf Hygiene gelegt. Zutritt zu den Wohnmobilen gibt es nur gemeinsam mit Personal und Einmalhandschuhen, erklärt Michael Binder seine zusätzlichen Coronamaßnahmen.
Hygienemaßnahmen werden auf dem ganzen Platz sehr konsequent umgesetzt. Mal eben eine Abkürzung nehmen oder entgegen der grünen Pfeile (auch im Freigelände) laufen ist nicht drin. Sicherheitspersonal weist freundlich aber konsequent auf die Laufrichtung hin. Man sollte seinen Messebesuch planen, wissen wo was zu finden ist und wo man Schwerpunkte setzt. Andernfalls droht manche Ehrenrunde – in Laufrichtung versteht sich.
3300 Gäste hätten es in jedem Zeitfenster sein können, tatsächlich waren es bislang immer nur einige hundert. Der Vortrag zum Thema "Falsche Polizeibeamte" am Montagvormittag zum Beispiel fand vor "handverlesenem Publikum" statt, um es wohlwollend auszudrücken. Den Vorwurf, dass es dort zu eng zugeht und man sich anstecken könnte, kann man der Messe wahrlich nicht machen.