Die Städtischen Sammlungen dienen als Speicher für das kulturelle Gedächtnis Schweinfurts. Das Kulturforum bewahrt diese Informationen für die Gegenwart und Zukunft und bereitet diese wissenschaftlich auf, so dass die Inhalte recherchierbar und verfügbar werden. Die Objekte sind dabei wichtige Zeugnisse mit Dokumentationswert. Sie schaffen eine Grundlage, um (vergangene) Lebenswelten für gegenwärtige und künftige Generationen erfahr- und greifbar darzustellen.
So wurden nun zwei qualitativ hochwertige Porträts aus dem Besitz der Familie Bergau der Stadt Schweinfurt geschenkt. Die Familie entstammt der weit verzweigten Familie Sattler. Traudl Bergau übergibt die Gemälde nun an die Sammlung der Stadt Schweinfurt, die vom Kulturforum betreut wird. Sie hat die Porträts von ihrem Ehemann Dr. Michael Bergau (1942-2020) übernommen.
Bis zu seinem Tod hingen sie in seinem Arbeitszimmer. Zuvor gehörten sie ihrer Schwiegermutter Anneliese Ehrenburg (geb. Bennetz, 1922-2005), die sie von ihrem Ehemann Karl Wilhelm Theodor Ehrenburg (1925-2000) erhalten hat. Er wiederum hat die Porträts von seinen Eltern Dr. med. Georg Aquilin Ehrenburg (1818-1875) und Auguste Carolina Ehrenburg (geb. Sattler, 1821-1898), Tochter des berühmten Schweinfurter Unternehmers Wilhelm Sattler (1784-1859), angenommen.
Wilhelm Sattler, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Schweinfurt heimisch wurde und im Jahr 1808 in der Kirchgasse in Schweinfurt mit einem Ladengeschäft startete, stammt aus Kassel. Er begründete seinen Erfolg mit der Sago-Herstellung und eroberte mit dem „Schweinfurter Grün” den damaligen „Weltmarkt” der Mineralfarbenherstellung. Er war bayerischer Landtagsabgeordneter und setzte sich für die Eisenbahnanbindung Schweinfurts zwischen Bamberg und Würzburg ein, die für das Schweinfurter Exportgeschäft und die weitere industrielle Entwicklung von maßgeblicher Bedeutung war.
Eines der Ölgemälde zeigt seinen Vater Gottlieb Sattler (1739-1807), der ein blühendes Ladengeschäft am Altmarkt, der heutigen Brüderstraße in Kassel, betrieb. Das zweite Ölgemälde zeigt allerdings nicht die Mutter von Wilhelm Sattler, Caroline Magdalena Antoinette Sattler, geb. Teichmüller aus Braunschweig (1755-1837), die zweite Ehefrau von Gottlieb Sattler, sondern die erste Ehefrau, Johanna Maria Dorothea Sattler, geb. Hagemann (1748-1777). Mit ihr hatte Gottlieb Sattler bereits sechs Kinder. Sie verstarb frühzeitig.
Geschaffen wurden die beiden Porträts des Ehepaars Sattler 1768 von Johann Werner Kobold (1740-1803), Hofmaler in Kassel und Nachfolger Johann Heinrich Tischbeins des Jüngeren als Mal- und Zeichenlehrer an der Kasseler Akademie. Über das Porträt Gottlieb Sattlers erzählt Katharina Sattler (geb. Geiger, 1789-1861), Wilhelm Sattlers Ehefrau: „Von dem Hausvater Gottlieb Sattler besitzt die Familie ein wohlgetroffenes Portrait, das ihn in gepudertem Haare mit Zopf und hellseidenem Rock, mit Staatsweste und gestickten Manschetten darstellt.“ Katharina Sattler berichtet von ihrem redegewandten und geselligen Schwiegervater, der diese Gene an seinen Sohn vererbte.
Auch im „Verzeichnis der Gemälde im Schloss Mainberg“ im „Bildersaal – erste Abtheilung“ sind die Gemälde als Nummer zwei und drei gelistet. Die zwei Porträts, die auch von einem anderen deutschen Museum begehrt wurden, bereichern zweifellos die Schweinfurter Städtischen Sammlungen zur Familie Sattler, die aus Ölgemälden, Zeichnungen, Druckgrafiken, Farbpigmenten, sowie Druckplatten und -rollen aus der Sattler´schen Tapetenfabrik und Geschirr aus der Aschacher Steingutfabrik und vielen weiteren Objekten bestehen.