
Elon Musk ist ein Mann mit Visionen. Er ist unter anderem Mitgründer des Bezahldienstes PayPal, des Raumfahrtunternehmens SpaceX und des Elektroautoherstellers Tesla. Er erfindet die Raumfahrt neu und denkt auch beim Verkehr der Zukunft in neuen Dimensionen. Musk hat mit Tesla ein innovatives Autounternehmen mit aufgebaut, mit seiner Firma Space X will er das All für Weltraumtouristen erschließen – und er will unter die Erde.
Musk, mittlerweile reichster Mann der Welt, steht nicht gerne im Stau, wenn er unterwegs ist, weshalb er die Idee entwickelte den Verkehr der Zukunft gemäß der Hyperloop-Technik (eine Art Magnetschwebetechnik) in unterirdische Tunnel zu verlegen, was Staus vermeiden und Landverbrauch für Straßenbau reduzieren helfen soll. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1200 Kilometer pro Stunde, so die Vision, könnten künftige Reisende durch die Tunnel rasen. Es wäre wie "Fliegen unter der Erde".
Herkömmliche Tunnelbaumaschinen sind Musk zu träge. Sie schaffen nicht mal drei Meter pro Stunde und sind damit langsamer als eine Weinbergschnecke. Das soll sich ändern, denn Multiunternehmer Musk hat auch eine Tunnelbaufirma: "The Boring Company". Ein Wortspiel, kann "Boring" doch wahlweise mit "bohrend" oder "langweilig" übersetzt werden. Oberstes Ziel der Firma mit Sitz in Kalifornien, ist es, die Kosten für den Tunnelbau auf einen Bruchteil zu minimieren und gleichzeitig die Bohr- und Baugeschwindigkeit deutlich zu erhöhen.

Für dieses Ziel sammelt Musk Kompetenz und Ideen aus aller Welt. Deshalb hat seine Boring Company den Wettbewerb "Not-a-boring-Competition" ausgelobt, bei dem es darum geht die Schnecke zu schlagen (Beat the snail). Ein Wettbewerb, der sich an innovative Technik-Tüftler wendet, die das Tunnelbohrgeschäft mit neuen Ideen revolutionieren. Ziel ist es, einen 30 Meter langen und 50 Zentimeter breiten Modell-Tunnel schnell und präzise zu bohren und mit einer Fahrbahn zu versehen, auf der ein ferngesteuerter Mini-Tesla entlang flitzen kann.

Eine Herausforderung für junge und kluge Köpfe wie Jonathan Helbig aus Hesselbach. Der 20-Jährige studiert im 5. Semester Elektrotechnik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Mosbach. Den praktischen Teil absolviert er bei der Firma Wittenstein, dem Weltmarktführer für mechatronische Antriebssysteme und spielarme Planetengetriebe in Igersheim. Mit weiteren Studenten aus den Bereichen Elektrotechnik, Maschinenbau und Engineering hat er sich dem Wettbewerb gestellt und mit dem "Dirt Torpedo" eine innovative Tunnelbohr- und Baumaschine entwickelt.

Und es hat sich gelohnt, denn Musks Boring Company hat dem Team und damit auch dem jungen Hesselbacher mitgeteilt, dass es der "Dirt Torpedo" ins Finale des Wettbewerbs geschafft hat. 400 Teams weltweit haben mitgemacht, zwölf haben es mit ihren Präsentationen ins Finale geschafft. Aus Deutschland hat außer den Mosbacher Studenten nur ein Team der TU München das Finale erreicht. "Finale, das bedeutet, das wir das bisher nur auf Papier, als CAD-Modell und in den Rechnern bestehende Konzept, in die Realität umsetzen dürfen", freut sich Jonathan Helbig, der als "Head of Steuerungs- und Regelungstechnik" ein wichtiger Teil des elfköpfigen Teams ist.
Die ersten beiden Wettbewerbsphasen, Vorkonzept einreichen und finales Design ausarbeiten, hat der "Dirt Torpedo" gemeistert. Dass man so weit kommen würde, haben die Männer, für die der "Dirt Torpedo" zuerst ein Spaßprojekt war, nicht für möglich gehalten. "Wir entwickeln unseren 'Dirt Torpedo' neben unserem Alltag beim Partnerunternehmen und in der Hochschule. Es war nicht einfach, alles unter einen Hut zu bekommen. Besprechungen zwischen Mitternacht und zwei Uhr früh sind fast Standard", so Adrian Fleck, Initiator und Teamchef des Projekts.
Irgendwann im Sommer werden die jungen Männer mit ihrem "Dirt Torpedo" nach Kalifornien fliegen, um dort in der Mojave Wüste zu zeigen, was ihr Gerät kann, und ob es wirklich die Schnecke schlägt. Zu viele technische Details der Maschine wollen die Planer nicht verraten, aber erste auch praktische Tests mit kleineren Vormodellen stimmen zuversichtlich. Der "Dirt Torpedo", der nach der Zusage für das Finale jetzt rasch realisiert werden muss, wird eine Tonne schwer und drei Meter lang, sowie 60 Zentimeter Durchmesser haben.
Die Pläne sind fertig, bis Ende März, so hofft Helbig, wird man die einzelnen Einheiten (Bohrung, Vortrieb, Tunnelbau) gebaut haben und weitere Tests durchführen können. Sollte die Maschine sich bewähren und eines Tages Tunnel für Elon Musk und seine Firma bohren, wäre das hochskalieren vom Modell auf die geforderte Echtgröße kein Problem, ist sich Jonathan Helbig sicher.
Die große Aufgabe ist nun, Sponsoren vom Projekt zu begeistern, die dem "Dirt Torpedo" mit Geld, Logistik oder geeigneten Bauteilen aus ihren Produktionslinien auf die Sprünge helfen. Auf rund 260 000 Euro schätzt Helbig die Gesamtkosten des Projekts, wenn man alle Bauteile kaufen müsste. Helbig und das Team hoffen auf Unterstützung aus der Industrie, die Bauteile beisteuern könnte. "Bei SKF habe ich bereits wegen Kugellagern nachgefragt", so der 20-Jährige und auch durch andere Schweinfurter Industriebetriebe sei fachliche, sachliche und finanzielle Unterstützung wünschenswert. Alle am Projekt beteiligten Studenten haben durch ihr duales Studium sozusagen jeder eine "Firma in der Hinterhand", deren Know-How genutzt werden kann.

Bohren, sich selbstständig vorwärts bewegen, einen ausgemauerten Tunnel hinterlassen, erledigt der "Dirt Torpedo" sozusagen in einem Arbeitsgang. Nachdem der wegen unterschiedlicher Bodenverhältnisse austauschbare Bohrkopf das vor ihm liegende Sediment abgefräst hat, schiebt die Antriebseinheit nach. Das passiert ähnlich wie bei einem Regenwurm, der sich durch verdicken und verdünnen seiner Segmente durch das Erdreich wühlt. Beim "Dirt Torpedo" sind es Gummisegmente die pneumatisch aufgebläht werden, sich wieder zusammenziehen, das ganze Gerät nachziehen und so pulsierende Fortbewegung schaffen.
Der letzte Abschnitt der Maschine gießt die Tunnelröhre aus. Clevere Technik und Schlauchverbindungen zur Oberfläche ermöglichen, dass nicht nur das angefallene Bohrmaterial abgesaugt, sondern die Maschine auch mit Flüssigbeton versorgt wird. Das innovative am "Dirt Torpedo" ist, dass er nicht mit vorgefertigten Betonsegmenten arbeitet, sondern seinen Tunnel selbst bohrt und auch noch mauert.

All dies im Sommer in Kalifornien möglichst eindrucksvoll auf die Strecke zu bringen, ist das Ziel des gesamten Teams. "Toll wäre natürlich wenn wir Elon Musk dabei tatsächlich begegnen würden". Alle im Team sind nicht nur "Technikverrückte" im besten Sinne, sondern auch Fans von Musk und seinen Visionen. Jonathan Helbig hat sich schon von Kindesbeinen an intensiv mit Technik beschäftigt, zum Beispiel in der Schweinfurter Wissenswerkstatt. Schon als Schüler des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums in Schweinfurt hat er seine Technikbegeisterung zum Beispiel in P-Seminaren ausgelebt und sich mit einer Teleskop-Nachführung und Steuerungstechnik für Modellrennwagen beschäftigt.
Eine "All inclusiv-Tunnelbohrmaschine" wie der zerlegbare und deshalb leichter transportierbare "Dirt Torpedo" hat auch bei anderen Anwendungen, wie Kabelverlegung oder Kanalbau, gute Chancen. Gut möglich dass er, obwohl er unter Tage tätig ist, eines Tages noch ganz groß rauskommt.
Unterstützer und Sponsoren können sich unter dhbw.not.a.boring.competition@gmail.com melden.