zurück
SCHWEINFURT
Tüftler Hermann Popp und sein Lauf-Tret-Fahrrad
Tüftler Hermann Popp konstruiert ein Lauf-Tret-Fahrrad, das mit und ohne Elektrounterstützung durch die Straßen rollt
Hannes Helferich
Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 25.09.2014 18:18 Uhr

Hermann Popp aus der Würzburger Straße 84 ist als gewiefter Tüftler bekannt. Der frühere Sachs-Ingenieur hat drahtige Lastesel für den Einkauf in der Stadt, zwei- und mehrrädrige Untersätze für Behinderte oder Senioren oder selbstklappbare Räder für den Kofferraum von Autos konstruiert. Er hat ein Tretkurbelrad des in „seinem“ Stadtteil Oberndorf geborenen Philipp Moritz Fischer nachgebaut. Und kürzlich ein Solar-Pedelec zusammengebastelt, das auf seinen Reisen von einer Solaranlage auf dem Dach seines Wohnmobils mit Strom gespeist wird.

Nun hat der mittlerweile 81-Jährige erneut zugeschlagen. Es sei seine letzte Erfindung, quasi der Schlusspunkt unter seine Erfinder-Karriere, sagt Popp. Die Erfindung ist ein Mix aus vielen seiner Ideen und Konstruktionen und heißt Lauf-Tret-Fahrrad. Er hat zwei Modelle gebaut, eines ohne, eines mit elektrischer Unterstützung. Popp spricht bei der Präsentation in seiner Werkstatt von einer „Weiterentwicklung meines Millenium-Fahrradkonzepts“.

Sein Millenium-Konzept hat Popp schon im Jahr 2000 umgesetzt. Ungewohnt sieht das Fahrrad mit diesem dicken, im Bogen um den Sattel geschwungenen Rahmen bis heute aus. Aber, sagt Popp: Das Rad sei „benutzerfreundlich“, weil der Radfahrer „nicht aufsteigt, sondern hineingeht“. Popp hat dieses Fahrrad nun weiterentwickelt. Am Lenker hat er einen Hebel installiert, mit dem man den Sattel mit Pneumatik automatisch nach unten oder oben „fahren kann“. Der große Vorteil ist die Sicherheit, beim Stopp etwa an einer roten Ampel oder beim Wiederanfahren, sagt Popp.

Denn: Jeder habe schon Radfahrer gesehen, die bei einem solchen verkehrsbedingten Stopp vom Rad steigen müssen oder aber den Drahtesel schräg stellen, weil sie sonst nicht mit den Füßen zum Boden runterkommen. Bei Popps Modell muss der Radfahrer nur den Hebel bedienen und der Fahrradsitz fährt nach unten. Der Radfahrer steht mit beiden Füßen sicher auf dem Boden – quasi inmitten seines Rades. Beim Losfahren geht es umgekehrt. Der Sitz rastet in der vorher eingegebenen Höhe (je nach Körpergröße) ein.

Popp ist viel unterwegs. In etlichen – auch mit dem Rad erkundeten – Orten fielen ihm die zum Teil engen Verkehrsverhältnisse, fehlenden Radwege und schmale Gassen auf. Fahren war schwer möglich und wenn er das Rad schob, „benötigt man ja noch mehr Platz“, sagt er. Seine naheliegende Idee: Auf dem Rad sitzen bleiben, die Hände am Lenker und damit „wie der Erfinder des Laufrades Carl Drais daherrollen“, sagt Popp.

Das war aber wegen der Pedale „nur bedingt möglich“. Die Lösung: klappbare Pedale. Nach langer Suche habe er Pedale einer Firma gefunden, die sich mit den Füßen leicht ein- und ausklappen ließen. Seine Waltraud fährt das Laufrad-Pedelec und bricht eine Lanze dafür.

Der Tüftler war bei Sachs im Motorenbau tätig. Warum er vor 20 Jahren aufs Rad und nicht mehr davon los gekommen ist, wisse er auch nicht, sagt Popp. Und ist wieder mitten drin in seinem Element. Erklärt, dass sich jedes Fahrrad zum Lauf-Tret-Rad umrüsten lasse. Rät zur gebogenen Stange auf der linken Seite, weil das die Autofahrerseite ist, somit einen zusätzlichen Schutz bietet und auch erzieherisch wirke, weil Autofahrer mehr Abstand hielten. Dass man mit dem Laufrad, wenn man damit in einer Stadt läuft, auffällt, ist logisch.

Serienfertigung? Da lacht Popp. Er hätte sich gewünscht, dass die Branche mehr Interesse an seinen Erfindungen gezeigt hätte. Die, die es taten, hätten ihn mit Brosamen abgespeist. Wegen seines Alters habe er auf rechtliche Auseinandersetzung verzichtet, aber „Enttäuschung ist viel da“, sagt Popp.

Am Ende wiederholt er seine alte Forderung: Philipp Moritz Fischer habe den „Grundstein für das Fahrrad gelegt“, sein Geburtshaus in Oberndorf solle so eine „Art Gedenkstätte“, mit dem Schwarzen Adler (Wohnhaus von Fischer) zusammen „vielleicht sogar ein Fahrradmuseum“ werden.

Darin müsse die Stadt auch an den zweiten großen Schweinfurter Fahrrad-Pionier Ernst Sachs (1867-1932) erinnern. Dessen Erfindung, die Torpedo-Nabe von 1903 mit Antrieb, Rücktritt und Freilauf, „hat den Fahrradbau in aller Welt geprägt“, sagt Tüftler Hermann Popp.

Erfindung: Mit Bedienen eines Hebels am Lenker „fährt“ der Sitz, hier am Lauf-Tret-Rad Pedelec, mit Pneumatik nach unten oder oben.
| Erfindung: Mit Bedienen eines Hebels am Lenker „fährt“ der Sitz, hier am Lauf-Tret-Rad Pedelec, mit Pneumatik nach unten oder oben.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Hannes Helferich
Erfindungen
Ernst Sachs
Fahrradsitze
Gedenkstätten
Pedelecs
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top