
Deutsche Tourenwagenmeisterschaft (DTM) oder die Rally WM. Begriffe mit denen jeder, dessen Herz auch nur ein wenig für den Rennsport schlägt, viel anfangen kann. Namen wie Walter Röhrl, Hans Joachim Stuck, Sebastian Loeb oder Bernd Schneider sind untrennbar mit diesen Rennserien verbunden. Fans, die nicht live dabei sein und Benzinluft schnuppern können, verfolgen die Rennen im Fernsehen. Oder sie bauen sich selber Strecken und Autos nach und lassen – im Modellformat – ihre Flitzer über die Pisten düsen. Eine eigene Fahrerkarriere bleibt für die meisten ein Traum. Mit einem Modellauto am Start ist man diesem Traum – auch finanziell – sehr viel näher.
Zu dieser Erkenntnis kam auch eine kleine Gruppe Fans der flotten Flitzer und röhrenden Motoren aus dem Raum Schweinfurt. Schon Anfang der 1990er-Jahre hatten sie sich Jahr für Jahr nach Nürnberg aufgemacht, um dort Rennluft zu schnuppern. Einige waren darüber hinaus in der damals angesagten Verbrenner-Offroad-Szene (Maßstab 1:8) aktiv: Fahrzeuge, die auf Geländestrecken unterwegs waren und weder vom Fahrverhalten und natürlich auch nicht von der Optik her mit denen aus den oben genannten Rennserien zu vergleichen sind. Außerdem waren deren Mini-Verbrennungsmotoren wartungsintensiv und mit einem Einstiegspreis von mindestens 1000 Mark nicht gerade zum schülerfreundlichen Preis zu haben.
Doch ein Hersteller hatte Einsehen, sah wohl gute Chancen, weitaus günstigere Elektroautos nicht nur für diese Zielgruppe am Markt zu platzieren. "Mit der Einführung des TA01 und TA02-Chasis brachte die Firma Tamiya Mitte der 90er-Jahre maßstabsgetreue Touren- und Rallyfahrzeuge im bezahlbaren Bereich heraus. Ein Bausatz wurde damals für 200 Mark angeboten, und die Firma war schon aus dem Elektro-Offroad-Sektor für gute Qualität bekannt", ist dazu auf der Homepage von TTSC-Racing zu lesen. Auf Basis dieser Fahrzeuge rief der Hersteller einen deutschlandweiten Markencup ins Leben, der – wie sollte es anders sein – "Tamiya-Cup" genannt wurde. Um dabei zu sein, mussten die jungen Modellbau- und Rennsport-Fans aus der Region immer noch häufig mehr als 150 Kilometer zum nächsten Rennen zurücklegen. Das war 1996. Ralf Müller (Wasserlosen) setzte sich deshalb mit Gleichgesinnten zusammen, um an den Grundlagen für eine eigene lokale Meisterschaft zu feilen. Im gleichen Jahr entstand das erste Regelwerk für die TTSC (Tamiya-Tourenwagen-Special-Championship).

Erste Investitionen waren ein Teppich für Hallenrennen und eine Streckenbegrenzung aus Holz. Genug, um am 31. Januar 1997 in Rottershausen den Startschuss für das erste TTSC-Rennen abfeuern zu können. Seither wurden mehr als 100 Rennen unter der Flagge des TTSC ausgetragen. "Hinfahrfreundlich" finden diese alle in Mainfranken, die Mehrzahl davon im Raum Schweinfurt statt. Die kurzen Anfahrtswege machen es auch Jugendlichen möglich, dabei zu sein. Mittlerweile wurde die TTSC-Meisterschaft auf drei Rennklassen ausgeweitet.

Das wären die TTSC für Einsteiger und Hobbyrennfahrer, die TTSC-Evo für die, die gerne mehr Power unter der Modellautohaube haben, und die STW für die Tüftler und Schrauber. In dieser Premiumklasse beschleunigen die kleinen Fahrzeuge in drei Sekunden auf 80 Stundenkilometer. Die mit Abstand beliebteste und für den Geldbeutel vorteilhafteste Rennklasse ist die TTSC. Einheitschassis, Einheitsmotor, Einheitsakku, Einheitsreifen bieten viel Chancengleichheit. Und 300 Euro reichen, um mit eigenem Fahrzeug in den Mini-Rennsport einzusteigen. Mit etwas Geschick an der Steuereinheit reicht es bis ins Mittelfeld, nach oben sind natürlich kaum Grenzen gesetzt.
Von Kindesbeinen an vom Rennsport begeistert
"So 60 bis 70 Leute machen bei uns mit", sagt Ralf Müller (46), der als "Vater der TTSC" gilt. Neben seiner Tätigkeit als Elektrotechniker bei Schaeffler führt er auch noch das Elektroinstallationsgeschäft der Familie. Seine Begeisterung für den Rennsport im Allgemeinen und natürlich für den im Modellformat lässt sich bis in seine Kindheit zurückverfolgen. Nur ein einziges Mal hat er bei den bislang mehr als 100 Rennen gefehlt. Und das auch nur, weil er mit den TTSC-Youngstern beim zeitgleich stattfindenen Tamiya-Fightercup in Sonneberg war. Diese Begeisterung ist wohl vererbbar, denn auch Sohn Kilian (9) ist schon mit vier Jahren ins Renngeschäft eingestiegen und hat inzwischen schöne Erfolge herausgefahren.

Natürlich braucht es ein eingespieltes Team, von der Zeitnahme bis zur Streckenplanung, um diesen Rennzirkus immer wieder an den Start zu bringen. Oft sind es Vater-Sohn-Gespanne wie Johannes und Pascal Leipold, Jochen und Paul Wiesner oder Matthias Wachtel, der nicht nur seinen Sohn Marius, sondern auch Tochter Lorena für diese Art des Rennsports begeistern konnte. Das gleiche gilt für die Familie Pufe, wo neben Vater Frank auch Tochter Sarah und Sohn Alex kräftig mitmischen.
Mal in der Hall, mal draußen
Die Rennen finden Outdoor unter anderem beim Autohaus Weis in Brebersdorf, in Haßfurt oder in Estenfeld statt, Indoor werden gerne die RC-Car-Arena Bad Kissingen oder die Dr.-Maria Probst-Halle in Wasserlosen genutzt. Eine echte Premiere war nun die Ufra in Schweinfurt für den TTSC. Am 3. und 4. Oktober wurden auf dem holprigen Volksfestplatz der 2. und 3. Wertungslauf der TTSC und der Mini-Klasse ausgetragen. Der TTSC war zum ersten Mal dabei und machte gleich Bekanntschaft mit "der schlechtesten Strecke, auf der wir jemals gestartet sind", wie Ralf Müller feststellen musste. Klar, so ein Loch im Belag ist für so ein Modellauto im Maßstab 1:10 in etwa so heikel, wie ein 30 Zentimeter tiefes Schlagloch für ein echtes Auto.

Und doch war die Stimmung gut im TTSC-Fahrerlager für etwa 30 Rennbegeisterte. So war der etwa 25 mal 10 Meter große Rennparcours einer der Publikumsmagnete der unter Besuchermangel leidenden Ufra. An den Start gingen nicht nur DTM-Modelle, sondern auch Geländewagen und ein Modell des legendären VW-Käfers mit der Startnummer 53, bekannt als "Herbie" aus den "Ein toller Käfer"-Filmen.
Speziell für die Verbrauchermesse wurde ein Fahrzeug mit Ufra-Schriftzug designt. Lokales Rennsport-Feeling für kleines Geld bieten auch die Fahrzeuge mit Schaeffler-Schriftzug, die zum Beispiel im "Schaeffler-Cup" an den Start gehen und die gemeinsam mit dem Schaeffler-Betriebssportteam auf die Strecke gebracht werden. Einsteigern und Interessenten wird vom kostenlosen Schnupperfahren über die Kaufberatung bis zur Reparatur- und Tuning-Unterstützung viel geboten bei TTSC-Racing.
Infos im Internet: www.ttsc-racing.de
