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Bergrheinfeld
Trotz Handicaps den Weg in die Landwirtschaft gemeistert
Der Biolandwirt Armin Wahler gab einem jungen Mann mit Handicap eine Chance. Warum er selbst davon profitiert.
Landwirt Armin Wahler (links) und sein Schützling Christopher Böhler haben sichtlich Spaß bei der Arbeit.
Foto: Ursula Lux | Landwirt Armin Wahler (links) und sein Schützling Christopher Böhler haben sichtlich Spaß bei der Arbeit.
Ursula Lux
Ursula Lux
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:22 Uhr

"Des war fei a gute Sach` mit dem jungen Mann." So kommentiert der Nachbar von Armin Wahler, was die Beraterin Soul vom Integrationsfachdienst Schweinfurt einen "Musterschüler" und einen "Musterbetrieb" nennt.

Die gemeinsame Geschichte von Biolandwirt Wahler und seinem Helfer Christopher Böhler begann 2016. Aufgrund einer Legasthenie, einer Lese- und Rechtschreibschwäche, besuchte Böhler die Franziskusschule. Sein Lehrer aber erkannte sein Potenzial und verwies ihn an den Integrationsfachdienst. In einer Schreinerei, einem Landmaschinenbetrieb und bei einem Bauern machte er daraufhin Praktika. Seine Liebe aber galt schon immer der Landwirtschaft.

"Ich wollte schon als Kind Bauer werden", erinnert er sich. Der Beruf sei abwechslungsreich und mache viel Spaß. Der heute 19-Jährige erzählt, dass er schon als er mit seinen Eltern in Schonungen wohnte, gerne bei dem Bauern am Kaltenhof war. Umgezogen nach Bergrheinfeld, fand er auch hier einen Landwirt, bei dem er mithelfen konnte. Es war der Cousin von Wahler, und so verwies der junge Mann seine Beraterin Soul an Wahler. Sie sollte dort nachfragen, ob er nicht auf dem Hof mitarbeiten könne. Wahler sagte gleich "Ja" und hat dies noch keine Sekunde bereut.

Mit Leib und Seele dabei

"Christopher ist mit Leib und Seele dabei", erzählt er und meint, das Ganze sei "supergut ausgegangen". Es lohne sich für jeden Betriebsleiter, so ein Wagnis einzugehen, betont Wahler, denn es werde einem gedankt. "Wenn man jemandem eine Chance gibt, dann wird eine Win-Win-Situation für beide daraus", meint der Landwirt.

Christopher stand gleich zu Beginn aber vor seiner größten Herausforderung. Für eine Festanstellung in der Landwirtschaft brauchte er den Schlepperführerschein. Es habe lange gedauert, erinnert sich Wahler, aber bewundernd sagt er weiter: "Christopher ist drangeblieben, hat gelernt und hat`s geschafft." Mit dem Führerschein kam 2018 dann die Festanstellung als Helfer und gleich die nächste Herausforderung. Er musste mit dem Schlepper nach Gollnhofen, um landwirtschaftliche Geräte abzuholen. Das war für beide ein ein Wagnis.

"Man muss auch manchmal ein bisschen Mut beweisen und den jungen Leuten etwas zutrauen", meint Wahler. Mit seinem Navigationsgerät im Handy würde Christopher das schon schaffen, hoffte er. Auch Christopher war "ein bisschen aufgeregt", aber auch diese Herausforderung hat er gemeistert. "Wenn ich kein Netz hatte, hab` ich halt angehalten und die Leute gefragt, wo`s weitergeht", erzählt er.

Für Beraterin Soul sind das alles kleine Erfolgsmeldungen, die sich zu einem großen Erfolg summiert haben. Früher sei Christopher eher wortkarg gewesen, jetzt kommuniziere er gut. Am Anfang habe er oft ein bisschen hilflos gewirkt, aber inzwischen sei er aufgeblüht. Die Initialzündung war wohl, dass er seinen Traktorführerschein geschafft hat. Und er habe nicht nur einen sozialraumorientierten Arbeitsplatz gefunden, sondern auch Familienanschluss. "Er ist wie das fünfte Kind in der Familie", freut sich Soul. Und dass sich Christopher mit seinem Betrieb identifiziert merkt man, wenn man ihm zuhört. "Wir haben 200 Bullen" erzählt er begeistert.

Stolz auf den "Lehrling"

Wahler ist stolz auf seinen "Lehrling", er habe sich stabilisiert und qualifiziert. Selbst wenn er seinen Hof aufgeben würde, hätte Christopher jetzt die Möglichkeit, bei einem anderen Landwirt zu arbeiten, der Bedarf an Fachkräften sei da. Außerdem werde er daran gemessen, was er könne und nicht an den Scheinen, die er gemacht hat. Trotzdem will der Landwirt dranbleiben. Christopher soll sich noch andere Qualifikationen in der Landwirtschaft holen, vielleicht schaffe er ja eines Tages sogar die Gesellenprüfung, Wahler will das nicht ausschließen.

Der junge Mann selbst will jetzt aber erst einmal in Ruhe arbeiten und den Pkw-Führerschein machen. Dass Christopher seine Arbeit Spaß macht, erkenne man auch daran, dass er in den drei Jahren, seit er bei Wahler ist, nicht einen Tag gefehlt habe, meint Soul, die sich über diese gelungene Integration freut.

Der Integrationsfachdienst bietet arbeitsuchenden Menschen mit Handicap Einzelbetreuung und Unterstützung bei der Suche nach einem Arbeitsplatz an. Sein Ziel ist es, Menschen in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zu bringen und ihnen damit eine Perspektive zu geben. In engem Kontakt zu den Arbeitgebern und den zu Integrierenden versucht der Dienst einen auf die individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zugeschnittenen Arbeitsplatz zu vermitteln.

 
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