Das Jahr 1976 war sehr trocken. Knapp 30 Jahre später brachte 2003 eine weitere große Hitzewelle und kaum Regen. Werte um und über 40 Grad und Dürre notierten die Wetterstationen gleich mehrfach im Jahr 2015. Dann kam der trockene Winter 2016/17, gefolgt vom Sommer 2018 mit unterdurchschnittlichen Regenmengen, überdurchschnittlichen Temperaturen und überdurchschnittlich vielen Sonnenstunden. Die Erholungsphasen zwischen den Trockenperioden haben sich für den Wald extrem verkürzt, sagte im Pressegespräch Stephan Thierfelder, der beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt für den Wald zuständig ist.
Die Häufung der Extreme beunruhigt ihn und lässt Thierfelder jetzt den Blattaustrieb mit Spannung erwarten. Die Schäden aus dem vergangen Trockenjahr seien in ihrem Ausmaß zuvor nicht abzusehen, aber jedenfalls vorhanden, fasst er die Lage in den Wäldern rund um Schweinfurt zusammen. Damit sich die Redaktion ein Bild über die Waldschäden machen konnte, ging Thierfelder in die Waldungen bei Werneck. Auf der Fahrt waren an den Waldwegen große Mengen geschälter Stämme des Nadelholzes zu sehen. Der Borkenkäfer hat sich wieder einmal explosionsartig vermehrt. Das Brutmaterial (vor allem die Saftbahnen kranker und gefällter Bäume) muss vernichtet werden.
2018 begann im Raum Schweinfurt die Trockenheit im Juni, in den Haßbergen schon sechs Wochen früher. Bis in den November hinein machte sich der Regen rar. Erst im Dezember fielen kräftige Niederschläge. Der Januar entsprach dem langjährigen Mittelwert. Der Februar war trocken, der März unauffällig.
Der Borkenkäfer schlägt erbarmungslos zu
Wie schon 2017 war der die Wärme liebende Borkenkäfer auch im vergangenen Jahr in Bayern eine Bedrohung für den Wald. In und um Schweinfurt glaubte man jedoch bis zum August, die Situation im Griff zu haben. Dann kamen die Urlaubszeit und der Borkenkäfer. "Seit der zweiten Augustwoche läuft der Einschlag der Käferbäume ohne Unterbrechung", so Thierfelder. Raus aus den Wäldern müssen nicht nur die Stämme, sondern auch das Kronenholz.
Im März stürmte es jetzt mehrfach. Vor allem die Fichte fiel, darunter etliche Exemplare ohne Käferbefall. "Das Phänomen, dass Fichten im besten Alter ohne Befall sterben, habe ich noch nicht erlebt", sagt der Förster. Thierfelder zeigt auf der Erkundungsfahrt aber nicht nur abgestorbene Fichten. Auch die Kiefer, eine der häufigsten Nadelholzarten in den Schweinfurter Wäldern, hat vielfach rote und damit tote Kronen, vor allem am Waldrand und in Südlagen. Als Ursache gilt ein Mix aus Trockenheit, Hitze, Insekten- (Pracht- und Borkenkäfer) sowie Pilzbefall. Insgesamt stehe die Kiefer aber noch besser als die Fichte im Wald.
Misteln zapfen die Wasserversorgung an
Neben dem ausufernden Wildwuchs von Efeu gibt es auffällig viele Misteln an den Kiefern – wie auch an den Laubbäumen. Die Halbparasit, der wie das Efeu die Wärme mag, zapft die Wasserversorgung der Bäume an – und dies uneingeschränkt auch bei Hitze, bei der die Bäume die Verdunstung über ihr eigenes Blattwerk einschränken.
Im Wald bei Vasbühl verweist Thierfelder auf Douglasien mit roten Kronen. Bislang galt der Baum aus Nordamerika als Hoffnungsträger beim Klimawandel. Probefällungen bei Vasbühl zeigten keinen Käferbefall. Für das Absterben macht Thierfelder die Hitze und die Trockenheit verantwortlich.
Von ausgetrockneten Bachbetten und dem Ausbleiben temporärer Quellen nach kräftigen Niederschlägen wird aus allen von dem Schweinfurter Amt betreuten Revieren berichtet. Selbst die tief wurzelnde Tanne habe sich im letzten Sommer verfärbt, weiß Thierfelder. In den Haßbergen hat der Borkenkäfer so mancher Tanne den Rest gegeben, also einer weiteren Baumart, die eigentlich als Trumpf bei der Anpassung an steigende Temperaturen gilt.
Die Blüte stresst die Bäume
Während andere Baumarten bereits im Sommer 2018 Blätter warfen, blieb die Eiche lange grün und sorgte für einen bunten Wald bis weit in den Herbst hinein. Allerdings habe die Eiche keine Reserven bilden können, die diese nun für das Frühholz bräuchte. Die durch das schöne Wetter im Frühling 2018 angeregte Baumblüte bei der Eiche, oder etwa auch bei der Buche, habe zusätzlich nicht nur für eine reiche Ernte gesorgt (gute Eichenmast im Herbst, wogegen die Bucheggern oft taub zu Boden fielen), sondern die Bäume gestresst und geschwächt.
In den Wäldern bei Eßleben zeigte Thierfelder vertrocknete Hainbuchen und Trockenschäden an der Rotbuche. Keine gute Prognose gibt er der Linde, die im letzten Sommer bereits im August Blätter verlor. Beim Bergahorn verbreitet sich die Rußrindenkrankheit. Der 2005 aus Amerika eingeschleppte Pilz sitzt in fast jedem Bergahorn und richtet am vitalen Baum keinen Schaden an. Sobald ein Baum kränkelt, vermehrt sich der Pilz jedoch explosionsartig und der betroffene Bergahorn stirbt.
Trotz aller Warnhinweise und den noch nicht geklärten Auswirkungen intensiver Sonnenbestrahlung auf die Blätter und Nadeln der Bäume glaubt Stephan Thierfelder an die Kraft des komplexen Ökosystems des Walds, das lernen werde, sich gegen neue Krankheiten zu wehren, wenn man ihm Zeit lasse. Insbesondere die großen Waldstücke würden wohl auch heuer wieder grün, meint Thierfelder, denn die Lage sei zwar ernst, aber noch nicht hoffnungslos.
Eichen stehen sowieso in 100 Jahren auf der Roten Liste, werden Raritäten Dank und zum Wohle der erfolgreichen Schalenwildzucht der einflußreichen Jägerschaft. Schalenwild kann auch ohne Eichen oder Tannen leben.