Wer hätte das gedacht? Nicht München, nicht Hamburg oder Berlin, nein, eine kleine Stadt voll Kunst und Industrie gilt manchen schon als Babelsberg der Billigstfilme: „Schweinfurt ist klasse“, meint zumindest Robert M. Hennefarth, Gewinner des 9. Trash Movie Awards im Stattbahnhof.
Der szenebekannte Mitarbeiter einer Münchner Sicherheitsfirma ist ganz von der Film-Rolle, als er seinen „persönlichen Oskar“ entgegennimmt, wie er sagt: Nach einer diesmal wirklich langen Filmnacht am Main. Den 50 Euro-Gutschein erhält Hennefarth von Moderator Florian Streibich, der schon auf das Jubiläumsjahr 2018 einstimmt: Zum Zehnjährigen könnte es ein „Best of“ (oder „Worst of“) aller bisherigen Wettbewerbssieger geben.
Das Hintergrundbild sagt ansonsten alles. Auf der Leinwand schleppt ein Blechroboter eine entsetzte Schönheit ab, im Stil von Ed Wood als „schlechtestem Regisseur aller Zeiten“. In zwei ausverkauften Durchgängen werden acht Beiträge regionaler Spielbergli gezeigt, die als Hobbyfilmer ganz großes Kino zitieren. Oder, vor insgesamt rund 130 Zuschauern, einfach nur den Müll der anderen recyceln. „Ich wollt mir wachsen Flügel“ nennt sich der Einsteiger von Milli Genth aus Mürscht, wo Chucky die Mörderpuppe über die grüne Wiese springt, Tiermenschen taumeln und Meerschweinchen mümmeln.
Wie sich Franken für junge Menschen manchmal eben anfühlt.
Film 2 führt ins „Gourmet-Kochstudio“, wo man Mädels beim Zubereiten von Pilzragout und Plätzchen zuschauen darf. Die Zutaten sind offenbar halluzinogen, zumindest flirren plötzlich Comicfiguren der Sommeracher Mausebären-Zeichnerin Christine Dumbsky durchs Bild.
Spannend wird es, als RM Hennefarth den bisher längsten Film seiner Udo Bermudo-Reihe zeigt: „Meide das M.“ nennt sich der 39 Minuten-Blockbuster, in dem der schräge Sprechsänger zurück in seine alte Heimat, das Jammertal bei Bad Blutenburg, reist, um einen Familienfluch zu brechen. Das dortige Moor entpuppt sich als eine Art Bermudo-Dreieck, in dem E.T.s einen Yoga-Yeti sowie riesige Lücken in Raum, Zeit und Logik hinterlassen haben. Gedreht wurde das brillant abgespacte Werk tief im Wald am Münchner Flughafen: Zu groß war die Gefahr, dass jemand dem cineastischen Einzelkämpfer hätte über den Weg laufen können, wie Hennefarth zugibt - der sich selbst per Videotechnik multipliziert hat. Ursprünglich seien in den Hauptrollen sogar mal Sechslinge statt Zwillinge vorgesehen gewesen.
Vor soviel künstlerischer Radikalität müssen selbst die „Brombeeren des Grauens“ kapitulieren, eine fruchtige Horrorkonfitüre von „Grindhouse Schweinfurt“, rund um Claudia Kriegebaum und Dominic Leber: Giftmüll lässt zartritzende Rosengewächs-Ranken zu blutrünstigen Tentakelmonstern mutieren, die am Ende selbst den Rückert auf dem Marktplatz zu überwuchern drohen. Gegen die Zombiebeeren hilft nur ein Heckenscheren-Massaker.
Nass und blutigrot trieft auch der zweite Teil: Selbst Peckinpah wäre bei „Hated“ erbleicht, einem spritzigen Brutalo-Western, eingereicht von Timo Reinhart. Maßbach war eindeutig zu klein für einen Gesetzeshüter und zwei hasserfüllte Outlaws. Ein Schweinfurter Beitrag ist „Silent Quest“, in dem Schatzsucher Cliff Hanger (Matthias Herter) und Töchterchen (Mara Hartmann) der fiesen Vroni Bichelmeier (Kerstin Surauf) einen Zauberstab abluchsen. Bei den Kurzfilmtagen hat Mad Bob den Stummfilm sogar am Klavier begleitet. Ein tödliches Revival feiert Michael Myers. Die, pardon, Hollywood-Hackfresse mit Hautproblemen und Schlitzemesser crasht in „H3O“ eine Halloween-Party pubertierender Teenager, in Szene gesetzt von Brian Scholz aus Remscheid.
Bevor es am Ende ein ungewohnt professionelles Werk gibt, über Alien-Mosher, die sich rabiat ihr geklautes Holotape zurückerobern, aus Kiel geholt von den „Mutant Reavers“.
Über Platz 3 freut sich gemäß Publikumsvotum die Halloween-Truppe, Platz 2 teilen sich die Kreativlinge von „Silent Quest“ und „Grindhouse Schweinfurt“.