Ein 52-jähriger Hartz-IV-Empfänger soll Ende Januar einen 55-jährigen Bekannten in desen Wohnung mit heftigen Schlägen und Tritten getötet haben. Wegen Totschlags steht er seit Mittwoch vor dem Schwurgericht in Schweinfurt. Er kann sich, wie er beteuert, an die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, nicht einmal ansatzweise mehr erinnern. Grund: Er sei total betrunken gewesen.
Nach der Haft zunächst beim Bekannten untergekommen
Am 14. Januar dieses Jahres wurde der Angeklagte aus eineinhalbjähriger Strafhaft entlassen. Fünf Tage später nahm ihn der Bekannte in einem Ortsteil von Bad Neustadt in seiner Wohnung auf. Laut Anklage wollte der Wohnungsinhaber jedoch, dass sich sein „Besuch“ eine neue Bleibe suche, nachdem es zu Konflikten gekommen sei. Elf Tage später war er tot. Polizei und Rettungsdienst hatte ein Nachbar gerufen, nachdem ihn der Angeklagte über den leblos in der Wohnung liegenden 55-Jährigen informiert hatte.
Drei Flaschen Wodka und drei Flaschen Wein eingekauft
An das „Kerngeschehen“ könne sich der Angeklagte beim besten Willen nicht erinnern, sagte dessen Verteidiger. Der 52-Jährige erzählte davon, dass er, das Opfer und zwei weitere Männer schon vormittags eine Flasche Wodka getrunken hätten. Nachmittags hätten sie eingekauft – Essen, drei Flaschen Wodka und drei Flaschen Wein. Einen „kleinen Streit“ habe es gegeben, „aber nur mit Worten“. Seine nächste Erinnerung: Er sei nachts aufgewacht in einer kalten Wohnung, weil zwei Fenster geöffnet waren. Dann habe er den 55-Jährigen am Boden liegend gesehen und habe dessen Kopf angehoben: „Alles war voller Blut.“
17 Schläge und Tritte gegen den Kopf
Weil die Wohnung von innen abgeschlossen war und er den Schlüssel nicht fand, sei er durch ein Fenster ins Freie geklettert, habe im Nachbarhaus geklingelt, bis einer aufmachte und gebeten, Rettungswagen und Polizei zu rufen. Das tatsächliche Tatgeschehen könnte angesichts dieser Schilderung im Dunkeln bleiben.
Die Anklage geht angesichts der Umstände und Spurenlage davon aus, dass der Angeklagte etwa 17 Mal heftig auf den Kopf und sieben Mal gegen den Körper des 55-Jährigen geschlagen und getreten hat, sowie einmal „massiv in den Mundboden-Halsbereich“. Der Täter soll dabei Sandalen getragen haben.
Jedenfalls sei das Opfer an den Verletzungen als Folge dieser Gewalt gestorben. Der Staatsanwalt spricht von einem traumatischen Schock und erheblichem Blutverlust in Verbindung mit einer Atembehinderung sowie einer Lungenverletzung.
Täter und Opfer hatten über drei Promille Alkohol im Blut
Dass der Angeklagte bei der Tat völlig betrunken war, legt die Blutanalyse (über drei Promille) ebenso nahe wie sein Vorstrafenregister. Zwölf Einträge umfasst es, seit er 1997 nach Deutschland kam. Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr und Straftaten im Vollrausch sind mehrfach darunter, daneben Körperverletzung, Beleidigung, Bedrohung, Sachbeschädigung und mehrere Diebstähle. Dass er seit Jugendtagen ein massives Alkoholproblem hat, bestreitet er nicht. Keine Therapie hat bisher länger gefruchtet. Seine Ehefrau trennte sich 2008 von ihm wegen seiner Alkoholsucht.
Auch das Opfer war beim Eintritt des Todes mit mehr als drei Promille sehr stark alkoholisiert. Der Prozess wird am Donnerstag um 8.30 Uhr fortgesetzt. Es sollen weitere Zeugen gehört werden, und der Rechtsmediziner sein Gutachten erstatten.