Die Enttäuschung bei Bürgermeister Oliver Brust ist auch am Morgen nach der Wahl zu spüren. "Scheinbar ist meine Politik beim Bürger nicht angekommen", meinte der 47-jährige Amtsinhaber der Freien Wähler. Er war überraschenderweise seinem erneuten Herausforderer Thomas Hemmerich (CSU, Freie Bürgerliste, Junge Liste) mit 43,1 zu 56,9 Prozent unterlegen.
Die zurückliegenden sechs Jahre als ehrenamtlicher Bürgermeister seien nicht einfach gewesen, bekannte Brust noch am Wahlabend. "Die Erwartungshaltung ist da, dass man die gleiche Leistung wie ein Vollzeitbürgermeister zu bringen hat." Er sei davon überzeugt gewesen, der bessere Kandidat für Geldersheim gewesen zu sein. Der Wähler habe anders entschieden. Sein Leben sei aber auch jetzt geordnet, er habe einen sicheren Arbeitsplatz.
Ob er den Sitz für die Freien Wähler im Gemeinderat – hier erhielt er mit 1421 Stimmen die meisten Stimmen seiner Partei –annehmen werde, wisse er im Moment noch nicht. Häufig führten solche Konstellationen zu Grabenkämpfen, meint er, "aber das ist nicht meine Art".
Er habe große Projekte angestoßen wie den Kindergarten und die Aussegnungshalle. Auch beim Vertrag zur Konversion des Flugplatzes sei er intensiv beteiligt gewesen. "Wir haben Kindergartenplätze geschaffen, aber wenn man mit der Angst arbeitet, dass das in Zukunft nicht reicht, dann soll er es besser machen", meinte er zu seinem Kontrahenten Thomas Hemmerich.
Angesprochen auf die zuweilen gehörte Aussage, er habe seinen Fokus nur auf das Brauchtum gelegt, entgegnete Brust am Morgen nach der Wahl, dieser Vorwurf sei ihm von Anfang an gemacht worden. "Aber wenn sich ein Thomas Hemmerich mit dem Fußball unterm Arm fotografieren lässt, wirft man ihm das Hobby nicht vor."
Der Tradition gehöre nach wie vor sein Herzblut. "Ich habe aber mein Engagement hier deutlich reduziert, weil ich wusste, wie manche darüber denken." Geldersheim habe eine besondere Tradition mit seiner Tracht, den Bildstöcken, dem Ortsbild, das es zu erhalten gelte. "Wenn die Leute das nicht verstehen, dann tut es mir leid."
Im dritten Anlauf hat es für Thomas Hemmerich geklappt
Zum dritten Mal hatte der selbstständige Metzgermeister Thomas Hemmerich (CSU) für das Bürgermeisteramt kandidiert, diesmal hat es geklappt. Seine Erklärung: "Wir haben die Themen gesetzt und aufgearbeitet", sagte der 44-Jährige am Morgen nach der Wahl: Kinderbetreuung, Bauplätze, erneuerbare Energien. "Die Leute haben gemerkt, dass wir uns intensiv damit auseinandergesetzt haben." Bei etlichen Veranstaltungen mit 80 bis 120 Personen habe man überzeugen können. "Man hat gemerkt, dass viele eine Änderung wollen."
Ein Streitthema im Dorf war die Kinderbetreuung. "Wenn man nicht sicherstellt, dass die Kinder hier in den Kindergarten gehen können, dann ist das für die Eltern eine Ungleichbehandlung", meinte Hemmerich am Wahlabend. Denn etliche Eltern müssten ihre Kinder in andere Orte fahren und hätten die höheren Kosten – etwa fürs Benzin – zu tragen. "Das ist eine Ungleichbehandlung." Die Eltern erwarteten Lösungen und dass sich jemand kümmere.
Das Thema "Teilzeitbürgermeister" sei nach seiner Auffassung nicht ausschlaggebend gewesen. Er selbst habe seinen Metzgerei-Betrieb so organisiert, "dass er auch läuft, wenn ich nicht daheim bin". Er habe vielmehr Angst, dass der Betrieb jetzt unter der Corona-Krise leide.