„Ach“, sagte der End-Fünfziger im Dämmerlicht an der Gutermann-Promenade und nahm seine Frau in den Arm, „jetzt bin ich doch froh, dass wir hergekommen sind und du deinen Kopf durchgesetzt hast.“
Sie lächelt still und wendet sich wieder den Blues- und Rock-Klängen der „Ron Lemons“ zu, bei denen sich auch ein gewisser Andreas Kümmert die Ehre gibt. Pflasterklang in Schweinfurt – ein Ambiente, das Zuschauer beseelt und dafür sorgt, dass sich auch ein Andreas Kümmert offenbar pudelwohl fühlt.
Mehrere tausend Besucher strömten am Samstag in die Stadt, die deutlich belebter als sonst an einem Wochenende war. Schon am Nachmittag spielten die 40 Musiker, Gruppen und Kleinkünstler aus ganz Deutschland und Österreich an 19 Plätzen in der Stadt, am Abend kam dann ein Großteil von ihnen auch noch an die Gutermann-Promenade, wo rund 3000 Zuschauer zwischen Disharmonie und Staustufe bei angenehmen Temperaturen die höchst unterschiedliche Musik genossen.
Von der Zither bis zum Didgeridoo
Es ist gerade die Vielfalt, die den Pflasterklang auszeichnet: Da sind in der Unterführung irische Klänge zu hören, während wenige Meter weiter Kirsten Worch-Schmude aus Maßbach ihre leisen, eigenen Stücke auf der Zither spielt. Wieder nur einen Steinwurf weiter gibt's den Rock-Klassiker „Country Roads“, gefolgt von, was auch sonst, Drafi Deutschers „Marmor, Stein und Eisen bricht.“ Man kann sich beim Pflasterklang so wunderbar treiben lassen, stehen bleiben, zuhören, weiter gehen, etwas Neues sehen und hören, sich wieder gefangen nehmen lassen. Auf Drafi Deutscher australische Didgeridoo-Klänge von einem der Publikumslieblinge, Frank Heinkel aus Dettingen, folgen zu lassen, ist eine wahre Kunst.
Gerald Günther, Geschäftsführer des KulturPackts, war mit der 20. Auflage des Straßenmusikfestivals, das sich auch dadurch auszeichnet, dass immer unplugged und ohne Verstärker gespielt wird, natürlich „sehr zufrieden“. Die gelöste Stimmung bei Besuchern wie Musikern registrierten er und sein Team von gut 25 Helferinnen und Helfern natürlich wohlwollend – sie hatten eine lange Nacht, denn nachdem der letzt Gast Samstagabend gegangen war, wurden noch die Bänke aufgeräumt, der Kühlwagen abholbereit gemacht und natürlich geschaut, dass das Areal am Main wieder sauber war.
Wiener Tango der Publikumsrenner
Eine Gruppe sorgte ganz besonders für Furore. „Belle Etage“ aus Wien kam mit einer Zwei-Personen-Tango-Show. Das Besondere: Sie tanzten sich durch die ganze Stadt, „die waren auf der Bühne am Wichtermann-Platz, die waren auf einem Traktor am Grünen Markt, in einem Bus, in einem Taxi, das war einfach super“, gerät Gerald Günther regelrecht ins Schwärmen.
Und er freute sich natürlich, dass von den Straßenmusikfestival-Profis aus Österreichs Hauptstadt ein großes Lob kam: Sie seien schon viel unterwegs gewesen, dieses Jahr unter anderem in Ägypten und Polen, „aber so ein tolles Publikum wie in Schweinfurt, haben sie noch nie erlebt“, erzählt Günther. Für „Belle Etage“ sei „Schweinfurt eines der besten Festivals.“
Zufrieden waren auch die Schweinfurter Geschäftsleute in der Innenstadt, die am von der Schweinfurter Qualitätsroute mit Unterstützung von „Schweinfurt erleben“ initiierten Ramadama teilnahmen. Das Pflasterklang-Konzept, mit kostenloser Straßenmusik die Innenstadt zu beleben, ging wieder einmal voll und ganz auf, denn viele Gäste stöberten eifrig in den Kisten mit Sonderangeboten vor den Geschäften.