Für Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus wird es an diesem Samstag ernst. Um 15.390 Uhr wird sie im Berliner Olympiastadion das Bundesligaspiel Hertha BSC gegen Werder Bremen anpfeifen. Bibiana Steinhaus ist dann die erste Frau, die ein Spiel in der höchsten deutschen Fußballklasse leitet.
Frauen an der Pfeife, das gibt es in der Schiedsrichtergruppe Gerolzhofen schon seit gut 20 Jahren. So weit wie Bibiana Steinhaus hat es zwar keine aus der Gruppe gebracht, aber es gab mit Tanja Fröhlich, heute Ott, eine Unparteiische, die es 1997/98 als erste Frau im Fußball-Bezirk Unterfranken bis in die Bezirksliga und auf Anhieb auch noch in die die damals höchste unterfränkische Klasse, die Bezirksoberliga gebracht hat. Das war in der Saison 1998/99. An der Linie stand sie sogar in der Landesliga.
Familie der Schiri-Karriere vorgezogen
Tanja machte ihre Sache so gut, dass sie schon auf der Liste des DFB für höhere Weihen stand. Aber dann kam, was für nicht nur Schiedsrichterinnen, sondern auch für viele andere Frauen einen Karriereknick bedeutet. Die Heirat, die Familie und die Kinder. Deshalb hängte sie die Pfeife an den Nagel.
„Die Familie war mir damals wichtiger als der Fußball“, sagt Tanja Ott heute. Allerdings hat sie mit Thorsten Ott einen Fußballer geheiratet, so dass der Fußball nicht ganz aus dem Blickfeld geriet. Thorsten Ott ist heute Jugendtrainer bei der Spielgemeinschaft aus Wiesentheid und Geesdorf; auch der Sohn kickt schon in der U 9.
Wie kam Tanja damals zur Schiedsrichterei? Im Prinzip über ihren Vater, der auch Schiri war, erzählt sie. Sie trat in seine Fußstapfen und pfiff für den FC Reupelsdorf.
Gut in Männerwelt aufgenommen
In der Männerwelt der Schiedsrichtergruppe fühlte sich Tanja gut aufgenommen. Sie war damals allerdings nicht die einzige, die sich der Schiedsrichterei verschrieb. Andere Namen waren Tanja Brand, eine Schwester des heutigen Gerolzhöfer Bundesligaschiedsrichters Benjamin Brand und Tochter des damaligen Obmanns der Gruppe Gerolzhofen, Helmut Brand. Oder Katja Steger, Sonja Weber und Annette Hofmann.
Tanja Ott sagt heute, sie habe damals lieber Männer- als Frauenfußballspiele gepfiffen. „Das war einfacher.“
Das bestätigt im Prinzip der damalige Obmann Helmut Brand. Tanjas Zeit fiel in die Anfangsphase von Frauen als Schiedsrichterinnen. „Für Spieler und Zuschauer war das etwas völlig Neues.“ Brand hat allerdings beobachtet, dass sowohl Spieler als auch Zuschauer eine Frau als Unparteiische respektvoller behandelten als einen Mann.
Andererseits war es schon damals für ein Frau schwer aufzusteigen Und wie im Berufsleben beendete die Entscheidung für die Familie nicht nur bei Tanja Ott die Karriere als Schiedsrichterin.
Mindestens 100 Mal stand Schiedsrichter Ludwig Bauer, langjähriger Lehrwart der Gruppe Gerolzhofen, zusammen mit Tanja Fröhlich und Jürgen Pfau an der Linie auf Unterfrankens Fußballplätzen. Im Gegensatz zu Tanja Ott ging die Karriere bei Pfau weiter: Er ist heute Bezirksvorsitzender des Bayerischen Fußballverbands in Unterfranken.
Bei Bayern-Spiel an der Linie
Ein Höhepunkt der erfolgreichen Schiedsrichterin war sicherlich die Linien-Assistenz bei einem Spiel des FC Bayern München gegen den SSV Kitzingen vor 10 000 Zuschauern am 30. Juli 1995 im Kitzinger Sickergrundstadion. Im Bayern-Aufgebot standen damals unter anderem Jürgen Klinsmann als Spielführer, Oliver Kahn, Mehmet Scholl, Markus Babbel, Carsten Jancker, Christian Nerlinger, Dieter Herzog, Ciriaco Sforza und Klaus Augenthaler. Die Bayern gewannen 15:1.
Feldschiedsrichter Ludwig Bauer erinnert sich: „Ich habe Tanja den Spielauftrag genau an ihrem Geburtstag zugestellt. Das war die größte Überraschung für sie.“
Und noch etwas verrät Bauer: „Tanja hatte damals ein Auge auf den Münchner Alexander Zickler geworfen.“ Sie hat es auch gewagt, ihren damaligen Schwarm anzusprechen. Allerdings nur dienstlich. Sie forderte Zickler bei einem Eckball auf, den Ball richtig in den Viertelkreis an der Fahne zu legen. Was dieser auch gehorsam tat.