
Früh auf dem Weg zur Arbeit hört man gelegentlich diese Stimme. Nicht das Navi, das einen kurz nach der Ausfahrt Gochsheim/Sennfeld-Ost von der A70 zur Abfahrt Schweinfurt Zentrum lotst. Freilich nicht, denn wer braucht schon ein Navi, um Schweinfurt zu finden. Die Stimme kommt aus dem Radio und gehört Norbert Steiche. Er erklärt gerade etwas über den Steigerwald und wie die trockenen Sommer der letzten Jahre den Buchen zugesetzt haben, berichtet darüber, wie es um die Industrie in Schweinfurt bestellt ist oder wie es mit dem maroden Schloss Mainberg weitergeht. Kurz und bündig in 30 Sekunden oder manchmal länger in bis zu drei Minuten.
Es sind Themen, die Steiche und seine Kollegen für den Bayerischen Rundfunk (BR) von Schweinfurt aus ins Land schicken. Regionale und auch lokale Themen "nach ganz Bayern transportieren", lautet das Ziel des Senders, wie es BR-Informationsdirektor Thomas Hinrichs bei der offiziellen Einweihung des neuen Studios Main-Rhön im vergangenen Dezember in Schweinfurt gesagt hat. Das Studio ist zuständig für die Städte und Landkreise Schweinfurt und Bad Kissingen sowie die Landkreise Haßberge und Rhön-Grabfeld.
Beiträge für das Rundfunknetzwerk liefern
Grund genug, mal bei den Rundfunk-Kollegen vorbeizuschauen. In der Altstadt trifft die Main-Post Norbert Steiche und Ralph Wege an ihrem neuen Arbeitsplatz. Steiche ist Schweinfurter, Wege Bergrheinfelder, die beiden bilden laut der BR-Pressestelle "ein Zweierteam, das im Hörfunk, Fernsehen und in den digitalen Ausspielwegen aus der Region berichtet". Die Treppe rauf in dem Altbau an der Ecke Lange Zehntstraße/Zehntstraße, führt der Weg in einen Vorraum, von da aus gelangt man über den Flur nach hinten ins Büro der Korrespondenten. Weiter vorne aber der vielleicht wichtigste Raum der beiden Reporter, zumindest was Produktion und Live-Schaltung betrifft: Hier ist haufenweise technisches Equipment untergebracht, darunter Computer, großer Monitor, Fernsehkamera und Mikrofone. Vor kurzem, erklärt Ralph Wege, kam die Schweinfurter Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber hierher, weil die ARD-Kollegen in Berlin fürs Fernsehen verschiedene Statements von Abgeordneten zum Klimapaket der Bundesregierung angefordert hatten. Weisgerber war gerade in ihrer Heimatregion unterwegs, also wurde der Beitrag im BR-Studio in Schweinfurt erstellt.
Warum der BR dem Ersten zuliefert? Der Bayerische Rundfunk gehört als eine der neun Landesrundfunkanstalten (darunter etwa WDR, NDR, MDR) zur ARD, die drei Buchstaben stehen für "Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland", der Verbund wird über den Rundfunkbeitrag finanziert. Somit also auch das BR-Studio in Schweinfurt, das bei bestimmten Ereignissen auch Beiträge zum Beispiel für die Tagesschau erstellt. 28 solcher BR-Korrespondentenbüros gibt es in Bayern, das Schweinfurter Studio stimmt seine Einsätze mit dem Studio Mainfranken in Würzburg sowie den großen BR-Standorten Nürnberg (Studio Franken) und München (Studio Oberbayern) ab.
Früher musste der Ü-Wagen aus Nürnberg her
Bemerkenswert ist bisweilen die Entwicklung der technischen Ausstattung in Steiches und Weges Büro: Ein unscheinbares Teil, das Rucksack genannt wird, kaum größer als eine Zigarettenschachtel, ist für die beiden Reporter elementar, wenn sie live vor Ort über aktuelle Ereignisse berichten, bei sogenannten Breaking-News. "In der Vergangenheit war dafür ein großer Übertragungswagen nötig", sagt Norbert Steiche. Der Ü-Wagen mit Satellitenschüssel wurde früher aus Nürnberg inklusive mehrköpfigem Team angefordert, heute reichen der "Rucksack" und zwei Mann (einer vor und einer hinter der Kamera): Der Rucksack ist mit vier bis sechs Handykarten bestückt, so dass überall im Einsatzgebiet eine Netzabdeckung gewährleistet ist. Die Datenübertragungsrate ist hoch genug, um Bild und Ton fast in Echtzeit an die Sendeanstalten zu übertragen.

Aber immer auf sich allein gestellt sind Steiche und Wege trotzdem nicht. Bei komplexeren Themen, für die zwei Mann nicht ausreichen, könne Verstärkung aus Würzburg angefordert werden, erklärt Steiche. Ziel sei es, "innerhalb kürzester Zeit drehbereit zu sein". Laut Informationsdirektor Hinrichs will der BR mit seinem Korrespondentennetzwerk in der Lage sein, jeden "Ort in Bayern innerhalb von einer Stunde" zu erreichen und von dort zu berichten. Via Radio, Fernsehen, Homepage, Social Media.
Konkurrenz oder Miteinander?

Etwa den gleichen Anspruch hat die Main-Post mit Blick auf Mainfranken, nur dass hier verstärkt andere Kanäle bedient werden, wenngleich sich im digitalen Zeitalter das Berufsbild nahezu aller Journalisten verändert hat. Nur Texte schreiben oder einen Audioeinspieler liefern reicht nicht, man soll mehrere Kanäle beherrschen, multimedial denken und arbeiten – da geht es dem Zeitungsreporter nicht anders als dem Rundfunkjournalisten.
Entsteht deswegen eine Konkurrenzsituation zwischen BR und Main-Post? In einigen Bereichen durchaus, etwa im Bereich Homepage oder Social Media, und freilich hat jedes Medium den Anspruch, gute Themen zuerst "auszugraben". Der BR sieht sich selbst aber nicht als Konkurrent für die lokale Presse, denn während das Schweinfurter Tagblatt in der Schultesstraße 19a das lokale Geschehen für die Menschen in Stadt und Landkreis Schweinfurt und bei größeren Themen auch überregional aufbereitet, konzentriert sich der BR laut Steiche stets auf die gesamte Region, "um für Bayern zu berichten". Außerdem: Als Berufskollegen interessiert man sich nicht nur für die eigene Arbeit, sondern auch dafür, was der andere tut. So, wie der Tagblatt-Reporter Radio hört oder fernsieht, liest der Rundfunkjournalist auch gerne mal die Zeitung oder schaut aufs Onlineangebot der Mainpost, weil hier das lokale Geschehen detailreich abgebildet ist. "Das Schweinfurter Tagblatt habe ich ja auch privat abonniert", sagt Ralph Wege. Ebenso ist Steiche Abonnent. Ok, dann also Zeitung auf beim Frühstück und Radio an bei der Fahrt in den Feierabend.