Um Mitternacht wird das Licht aus-, vier Stunden später angeknipst. Die Redaktion besuchte den Verkehrsbetrieb der Stadtwerke, hörte den Start der ersten Dieselmotoren noch vor 5 Uhr in der Früh, erlebte das Gedränge im Schulbus nach 7 Uhr, ging am Nachmittag mit Behinderten auf Tour, begleitete die Spätschicht von ZF Sachs auf der Heimfahrt und verlies kurz vor 24 Uhr die Wagenhalle, als die 40 Busse aufgetankt wieder in Reih und Glied standen.
In der Wagenhalle an der Franz-Schubert-Straße ist es um 4.20 Uhr noch dunkel. Nur am Eingang brennt Licht. Verkehrsmeister Johann Del schaltet den Computer ein, begrüßt Matthias Schmitt – den Mann aus der Werkstatt. Beide schauen nach, ob die Spätschicht vom Vortag Schäden gemeldet hat, ob alle 13 Gelenkbusse und die 27 Zweiachser einsatzbereit sind.
Erste Wahl: Mercedes
Als die ersten Fahrer eintreffen, haben diese freie Auswahl, – heißt, dass sie sich für einen der vorne stehenden Busse entscheiden können. Von den zwei Mercedes-Bussen ist heute jedoch keiner dabei, und so werden sechs Solaris- oder VDL-Busse die Arbeiter aus den Stadtteilen und den Umlandgemeinden zur Industrie bringen. Unterwegs sind zu dieser frühen Stunde auch vier angemietete Busse von privaten Unternehmern.
Nach und nach kommen weitere Fahrer. Nicht jeder hat die freie Auswahl. Ob Gelenkbus oder Zweiachser, einige Fahrzeuge müssen zur Wartung in die Werkstatt, weshalb diese nur bis gegen 8 oder 9 Uhr im Einsatz sind. Raus müssen an einem Wochentag auf jeden Fall 37 der 40 Busse in der Morgenspitze.
In der Werkstatt gefährlicher
Unter den 90 Mitarbeitern des Verkehrsbetriebs sind Disponenten, Schalterkräfte, Mechaniker und 74 Busfahrer (darunter ein halbes Dutzend Frauen). Bus fahren in der Morgenspitze und bis nach 8 Uhr auch die Mitarbeiter aus der Werkstatt (sieben, darunter zwei Meister). Verkehrsmeister Johan Del schaut darauf, dass zumindest ein Fahrer als Ersatz in seiner Nähe bleibt, – falls ein Unfall passiert, ein Motor streikt, ein Kollege verschlafen hat.
Unfälle sind selten, kommen aber vor. Verletzt wurden Busfahrer jedoch seit Jahren nicht mehr. „Gefährlicher“ ist der Job in der Werkstatt, sagt Matthias Schmitt.
Die Fahrer kommen alle frühzeitig. Hektik gibt es nicht. In den kurzen Gesprächen geht es um das gestrige Fußballspiel und auch um den geplanten Betriebsausflug zum Verkehrsbetrieb in München, der mit 2000 Fahrern in einer anderen Klasse angesiedelt ist.
Ärger für alle Fahrgäste
Außer auf der neuen Campus-Linie sind die Fahrer nicht auf einer, sondern auf verschiedenen Linien unterwegs. Das bringt Abwechslung und Kurzweil. Ärger gab es am Vortag auf der Linie nach Gochsheim. Ein Fahrgast mit dem Ticket für die Stadt blieb sitzen, wollte für die Weiterfahrt nicht nachlösen. „Bestraft werden dann leider alle Fahrgäste“ (so Del), denn der Bus blieb stehen, Anschlussverbindungen wurden nicht erreicht.
Auf dem Bildschirm des Laptops beobachtet der Verkehrsmeister drei Busse, die aus verschiedenen Richtungen kommend das gleiche Ziel haben: In der Ernst-Sachs-Straße am Steg über die Bahngleise halten die „Arbeiterbusse“ und die Fahrgäste können umsteigen und weiter zum Roßmarkt oder zur Industrie im Süden fahren. Sollte ein Bus Verspätung haben, informiert der Verkehrsmeister.
Diesmal passt alles und gedanklich ist Matthias Schmitt schon beim Schülerverkehr und hofft, dass nicht gar zu viele Mütter und Väter ihre Kinder aus den Autos im Bereich der Bushaltestellen aussteigen lassen.
Auf leeren Straßen
Pünktlich um 5.44 Uhr geht es dann mit Andreas Stühler auf Tour. Die Straßen sind leer. Vom Roßmarkt zum Hainig wollen nur zwei Frauen und ein junger Mann. Außer uns ist am Jägersbrunnen nur die Stadtreinigung unterwegs. Beleuchtet sind schon die Schaufenster der Bäckereien. Einen ersten Halt gibt es an der Bellevue. Auf der Rückfahrt steigen neun Leute ein.
Am Roßmarkt zeigt Andreas Stühler seinen Vorrat an Fahrkarten. Den füllt er jede Woche auf und jede Woche wird abgerechnet. Stühler hat heute eine „geteilte Schicht“. Am Morgen fährt er von 5.44 bis 7.54 Uhr. Dann hat er frei bis 11.45 Uhr, ehe er wieder auf Linie geht. Der Schweinfurter mag die „geteilte Schicht“ (Pause mindestens vier Stunden), das Frühstück daheim nach 8 Uhr und die gemeinsame Zeit mit der Frau bis zum Mittag. Zu zweit werde am Vormittag erledigt, was zu tun ist. Der Abend sei frei von Verpflichtungen, sagt er, für den die Woche mit zwei geteilten Tagen „in Ordnung“ geht.
Bitte durchrutschen
Ab 6.30 Uhr fährt Stühler zum Hochfeld. Erst auf der Rückfahrt über den Steinberg füllt sich der Bus. Die Fahrgäste sind im mittleren Alter. Ein „Grüß Gott“ oder einen „Guten Tag“ wünschen alle. Der Fahrer grüßt ebenso selbstverständlich wie sein Blick immer wieder auf den „Copiloten“ gerichtet ist, der ihm oberhalb des Lenkrades die Haltestellen und auch die Plätze für die Pausen zwischen zwei Fahrten (etwa am Roßmarkt) anzeigt. Gestoppt wird an der nächsten Haltestelle, wenn ein Fahrgast einen der roten Knöpfe im Bus drückt und damit ein optisches und ein akustisches Signal im Cockpit des Fahrers auslöst.
Grußlos verläuft die Anschlussfahrt auf die Haardt. Schüler stürmen den Bus. Stühler lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, steht auf und fordert: „Bitte durchrutschen“. 45 Sitzplätze hat der Gelenkbus, total fast er 104 Fahrgäste. Auf der Route zum Roßmarkt kann jetzt keiner umfallen. Um 7.33 Uhr verlassen am Busbahnhof etliche den Bus, andere Schüler steigen zu, um zu den Schulen an der Ignaz-Schön-Straße und am Bildungszentrum am Bergl zu kommen.
Lauter und fröhlicher
Es ist Nachmittag. Pünktlich um 15.44 Uhr startet Arthur Schlath einen Gelenkbus auf dem Betriebshof. Ziel ist die Haltestelle vor der Werkstatt der Lebenshilfe in der Sennfelder Gottlieb-Daimler-Straße. Auch Schlath war schon am frühen Morgen unterwegs, hatte ab 11.25 frei, um jetzt bis in den Abend hinein zu fahren. Die Tour ab Sennfeld kennt er. Behinderte nach der Arbeit zu fahren, sei „einmal so, einmal so“, sagt er. Zumeist gehe es etwas lauter und fröhlicher als sonst im Bus zu, weiß der Fahrer, der es auch schon mit ziemlich sturen Fahrgästen auf dieser Tour zu tun hatte.
Bis zur Hahnenhügelbrücke ist die Anzahl der Fahrgäste auf 80 gestiegen. Die meisten steigen am Roßmarkt aus, einige verabschieden sich von Schlath.
Pause am Roßmarkt
Am Roßmarkt haben viele Fahrer, die nicht auf einer geteilten Schicht sind, einmal am Tag eine mindestens 30-minütige Pause. Über dem Kundencenter in der Wolfsgasse 5 ist für sie ein Raum eingerichtet – mit Kaffeeautoamt, Kühlschrank, Geschirr und Mikrowelle. Harald Mendrock, stellvertretender Betriebsleiter, berichtet von Gesundheitsaktionen für die Fahrer. Aktuell geht es um die Ernährung.
Früher hätten mehr Fahrer Übergewicht gehabt. An dem Thema bleibe man dran. Die Probleme mit dem Rücken seien dank der guten Sitze in den Bussen auf dem Rück-, psychische auf dem Vormarsch. Im Angebot sind Entspannungstechniken und momentan auch Informationen über die Augengesundheit.
Gegen 20 Uhr schaut Verkehrsmeister Peter Rüth, der Bereitschaft hat, am Roßmarkt vorbei. Jetzt und auch schon den ganzen Tag über sind „keine besonderen Vorkommnisse“ zu notieren. Kurz vor 20.30 Uhr treffen sich die Busse aller Linien am Roßmarkt. Mit Fahrer Martin Kirmes und einem Dutzend Fahrgäste geht es zum Hainig. „Ob Tag oder Nacht, ich fahre gerne“, sagt Kirmes, der am Abend „etwas mehr Ruhe und viel weniger Verkehr“ zu schätzen weiß. Im Dienst ist Kirmes seit 15 Uhr und noch bis 23.08 Uhr. Ab 21 Uhr ist der Bus auf der Fahrt durch den Stadtteil Bergl leer. Am Wochenende sei mehr los, so Kirmes.
Durch die Nacht
Kurz vor 22 Uhr schaltet der Fahrer am Roßmarkt die Innenbeleuchtung des Busses aus. Ohne Halt geht es zur Röntgenstraße im Hafen West. Die „besondere Tour“ befördert Spätschichtler vom Sachs. 20 beim Sachs Werk Süd, zwei bei SKF II steigen ein. Weiter geht es über die Hahnenhügelbrücke zu FAG, wo nochmals zwei Arbeiter mitgenommen werden.
Der Besuch der Redaktion bei dem Verkehrsbetrieb endet, wo er begonnen hat – in der Wagenhalle des Ausbildungsbetriebs (Fachkraft im Fahrbetrieb) an der Franz-Schubert-Straße. Spätdienst hat heute Denis Betram. Die von den Fahrern im Hof abgestellten Busse bringt er zur Tankstelle in der Wagenhalle, wo die 300 Liter fassenden Tanks aufgefüllt werden. Im Falle eines Falles notiert Betram (von den Fahrern gemeldete) Schäden. Ist der Bus sauber (nach Fundstücken haben die Fahrer geschaut), kommt dieser in die Wagenhalle, wo jetzt schon fast alle Zweiachser (im Schnitt 60 000 Kilometer im Jahr) und Gelenkbusse (35 000 Kilometer) stehen und bereit für die nächsten Einsätze sind, bei denen in zwölf Monaten 7,8 Millionen Gäste auf 34 Linien befördert werden.