Mit ungewöhnlichen Perspektiven hat vor drei Wochen an dieser Stelle der Fotoclub „Blende 20“ der Schweinfurter Naturfreunde neue Blicke auf einige Brunnen in der Stadt ermöglicht. Heute werden sie meist eher beiläufig als Dekoration und Stadtmöblierung wahrgenommen, unmittelbar nach dem Krieg aber hatten sie starke symbolische Bedeutung für die Menschen: Sie standen für „die Wiederkehr des Lebens in die schrecklich zerstörte Stadt“, wie Irene Gräb 2012 in der Zeitschrift des Historischen Vereins „Mainleite“ schreibt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Schweinfurt deshalb so viele Zierbrunnen gebaut wie nie zuvor.
Viele dieser Brunnen, oft geschaffen von renommierten Künstlern, sind allerdings inzwischen in Vergessenheit geraten oder gar gänzlich verschwunden. Irene Gräb, Lehrerin am Olympia-Morata-Gymnasium (OMG), hatte sich deshalb mit den Schülerinnen eines Projektseminars auf die Suche nach Entstehungsgeschichten und Verbleib all dieser Brunnen der 50er- und 60er-Jahre gemacht.
Anlass war der Schulbrunnen am OMG an der Ignaz-Schön-Straße, der schon seit vielen Jahren unter Gebüsch versteckt gelegen hatte und im Dezember 2011 freigelegt wurde. Seine Ergebnisse präsentierte das Projektseminar 2012 in der Schule selbst und vergangenen Sommer in der Ausstellung „Forum Junge Kunst“ in der Halle Altes Rathaus, die vom Historischen Verein ausgezeichnet wurde (wir berichteten).
Irene Gräb vertiefte das Thema außerdem in zwei Aufsätzen in der „Mainleite“ – einer befasste sich mit den Brunnen allgemein, der zweite war der Künstlerin Winnie Kluge-Bechtel gewidmet, die, so Gräb, mit ihren figürlich gestalteten Brunnen „als erfolgreiche Bildhauerin und außerordentlich bemerkenswerte Künstlerin in den Nachkriegsjahren in Erscheinung“ trat. Ihr soll in nächster Zeit eine weitere Sonderseite gewidmet werden.
Ein wichtiger Name nicht nur der Schweinfurter Nachkriegskunst ist Heinrich Söller, der unter anderem Skulpturen für die Heilig-Geist-Kirche oder das nach dem Brand von 1959 wiederaufgebaute Alte Rathaus schuf. Von ihm stammt der Brunnen im Rathausinnenhof – der vermutlich bekannteste und überdies besterhaltene aus dieser Zeit.
„Der schlichte Brunnen fügt sich harmonisch in die Umgebung ein und belebt durch sein Wasserspiel den Innenhof. Dank vorbildlicher Pflege stellt er auch heute noch eine Zierde zur Erfreuung und Erfrischung der Besucher und Mitarbeiter des Rathauses dar“, schreibt Irene Gräb. Weniger bekannt ist Söllers Bärenbrunnen von 1960 hinter dem Pausenhof der Auenschule. Gräb: „Aus dem Maul des Bären rann einst ein zarter Strahl Wasser. Zusammen mit der spiegelnden, ruhigen Wasseroberfläche ergab dies einen schönen Kontrast zum massigen, matten Stein.“ Und noch ein Werk hat Söller für die 1954 eröffnete Auenschule geschaffen: den Reiherbrunnen – zwei schlanke Bronzefiguren über einem massigen Brunnentrog. Der Trog wurde zum Kräuterbeet, und an den Beinen der Reiher sei die Mülltonne im Schulhof festgekettet, bemerkt Gräb in ihrem Artikel von 2012.
Auch der Brunnen am OMG, geschaffen von Fred Angerer, der auch die Schule selbst und – gemeinsam mit Nikolaus Woita – das Neue Rathaus entwarf, hat bessere Zeiten gesehen: „Historische Aufnahmen zeigen, dass Kinder in dem Brunnen baden. Immer floss frisches Wasser nach, zum Teil über den Brunnenrand hinab ins Gras beziehungsweise in die Kanalisation. Der Druck in den Wasserleitungen genügte für prächtige Fontänen. Aus ökologischen Gesichtspunkten ist diese Art, einen Brunnen zu betreiben, natürlich nicht mehr zeitgemäß. Deshalb erfordert eine Wiederinbetriebnahme auch eine technische Restauration“, schreibt Irene Gräb.
Immerhin eine Teilrestaurierung hat der Brunnen von 1961 in der Wehranlage erfahren, der mit seinen 40 automatisch gesteuerten Wasserbildern einst eine regelrechte Attraktion war. Er wurde nach einigen Jahren Stillstand instand gesetzt und 2007 – allerdings mit deutlich weniger Varianten – wieder in Betrieb genommen.