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KUNSTHALLE
Surreales Eigenleben
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 23.12.2016 03:45 Uhr

Wenn, im übrigen völlig zu Recht, der Anspruch moderner Kunst ist, den Betrachter richtig anzustrengen, zu kitzeln, herauszufordern und vielleicht sogar ein Stück zu nerven, dann dürfen sich Kunstfreunde auf die neue Ausstellung in der Großen Halle der Kunsthalle freuen: „Waldwasen durchlöchert“ lautet der Titel der Ausstellung von Bettina van Haaren, die vom 14. Oktober bis 12. März zu sehen sein wird. Und eines ist jetzt schon sicher: Van Haarens Zeichnungen, Bilder und Druckgraphiken werden für Diskussionen sorgen.

Das liegt an der paradoxalen Bildwelt van Haarens, ihrer Lust an der Irritation. Auf ihrer Internetseite findet sich ein Bild aus ihrem Atelier. Die 55 Jahre alte, in Krefeld geborene, Professorin für Zeichnung und Druckgraphik an der Technischen Universität Dortmund sitzt da im Hintergrund vor einer Leinwand, auf einem Tisch davor steht ein Schwein, im Vordergrund sind zwei Pferdeköpfe zu sehen, rechts ein schwarzes Schaf. Ein irritierendes Bild, ein faszinierendes Bild. Man will mehr wissen, mehr davon sehen. Diese Bildwelt spiegelt sich auch in van Haarens Bildern wider. Es sind Selbstbilder, auf denen sie sich performanceartig auf meist großformatigen Leinwänden erkundet.

Zu sich selbst stellt sie Alltagsgegenstände oder ausgestopfte Tiere in Beziehung. Bewirkt wird der Eindruck einer scheinbar präzisen Installation in einer Welt des Kinderspiels und der skurrilen Phantasie in einem kargen Raum.

Der für die Schweinfurter Ausstellung gewählte Titel „Waldwasen durchlöchert“ gibt auch die Richtung vor. Was genau ein Waldwasen sein soll, ist zwar offen, dennoch könnte man sich etwas Idyllisches vorstellen. Durchlöchert ist natürlich das Gegenteil, die surreale, paradoxe Bilderwelt verstärkt das. Van Haarens Gemälde wirken zum einen wie Collagen aus Fragmenten der sichtbaren Welt, haben skizzenhaft gemalte Details, aber auch realistische. Dadurch, dass verschiedene Blickwinkel auf den Bildern zusammengefasst werden, unterläuft die Künstlerin die Erwartungen an den traditionellen Bildraum und fordert die Sehgewohnheiten des Betrachters heraus. Irgendwie führen ihre Bilder ein eigenartiges Eigenleben, Mensch und Tier mutieren, verschmelzen und zerfallen doch in ihre Einzelheiten.

„In ihrer Komplexität ermöglichen Bettina van Haarens Bilder die unterschiedlichen Lesarten, und wer sie betrachtet, wird sie – abhängig von den jeweiligen biografischen und kulturellen Erwartungen – auf eigene Weise sehen und deuten“, schreibt Kunsthallen-Leiterin Andrea Brandl im gemeinsam mit Barbara Auer, Direktorin des Kunstvereins Ludwigshafen, und Anna-Maria Ehrmann-Schindlbeck, Leiterin der Galerie der Stadt Tuttlingen, verfassten Vorwort des reich bebilderten Katalogs zur Ausstellung. Die Bilder waren bis Anfang September in Tuttlingen zu sehen, kommen nun von Mitte Oktober bis Mitte März nach Schweinfurt und werden dann vom 20. Mai bis 16. Juli in Ludwigshafen ausgestellt.

Die mehrfach ausgezeichnete Künstlerin, verheiratet mit dem Künstler Volker Lehnert, studierte von 1981 bis 1987 an der Akademie der Bildenden Künste der Universität Mainz bei Dieter Brembs und Bernd Schwering. 1999 bekam sie einen Lehrauftrag an der Uni in Mainz, seit 2000 ist sie in Dortmund Professorin und heute auch stellvertretende Institutsleiterin am Seminar für Kunst und Kunstwissenschaft.

Bettina van Haaren, „Waldwasen durchlöchert“, Zeichnungen, Bilder, Druckgraphiken, 14. Oktober bis 12. März 2017, Große Halle der Kunsthalle Schweinfurt.

Vernissage am 13. Oktober um 19 Uhr in der Kunsthalle.

Herzfehler von Bettina van Haaren, Öl auf Leinwand.
Foto: F. George/Kerber Verlag | Herzfehler von Bettina van Haaren, Öl auf Leinwand.
 
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