
„Ich habe das Gefühl, das sind die ersten Windräder, die in Deutschland gebaut werden, es stehen aber schon über 25 000.“ Nach vier Stunden hektischer Diskussion war es ein Außenstehender, der eine lange Abendveranstaltung auf den Punkt brachte.
Gunter Häckner von der Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte im Landkreis Haßberge empfahl den Gegnern der fünf Windkraftanlagen, die im Ebertshäuser Wald errichtet werden sollen, einmal den Windpark auf dem Höhenrücken des Sailershäuser Waldes zur besichtigen und sich ein Bild von solchen Anlagen zu machen.
Die Gemeinde hatte zum Bürgerdialog eingeladen, nachdem die Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen in den Ortsteilen Madenhausen, Ebertshausen und Hoppachshof genügend Stimmen für einen Bürgerentscheid gegen die geplanten Anlagen gesammelt hatte (wir berichteten). Nina Hehn und Götz Braun von der Kommunalberatungsgenossenschaft Klima-Kom übernahmen die Moderation der Veranstaltung. Als Hehn die Spielregeln für den Meinungsaustausch vorstellte, fiel ihr Georg Weidinger von der Bürgerinitiative bereits ins Wort: „Wir sind doch kein Kindergarten.
“ Dann aber war er der erste, der die Bürgermeisterin bei ihrem Statement auslachte und anderen ständig ins Wort fiel.
Zunächst informierte Landschaftsarchitektin Miriam Glanz über einen ersten möglichen Bebauungsplan. Im Gegensatz zur Bürgerinitiative, die von 18 Hektar gerodetem Wald ausgeht, machte sie klar, dass 2,6 Hektar dauerhaft gerodet und 3,2 Hektar nach den Baumaßnahmen wieder aufgeforstet werden.
Stefan Kaminsky, Umweltwissenschaftler und Biologe, erklärte den Anwesenden, warum man mit der Planung der Windräder von der Freifläche in den Wald gegangen ist. Die Freifläche brauche der Rotmilan zur Jagd. Einen Horst habe man in den letzten Jahren im Umkreis der geplanten Windräder nicht mehr gefunden.
Geschäftsleiter Harald Mantel erklärte die Vorgaben des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Nach erfolgter Umweltverträglichkeitsprüfung werde das Landratsamt die Anlagen auf ihre immissionsrechtliche Genehmigungsfähigkeit prüfen. Jürgen Hahn vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten betonte, man habe für den Standort einen Wald mit „eher geringem Wert“ ausgesucht.
Jan Schumacher und Heiko Betz von der künftigen Betreiberfirma Jade Natur-Energie stellten dann die Planung vor. Flächenschonend werde entlang bestehender Waldwege gebaut, Rodungen werden durch Aufforstung ausgeglichen. Die Vormontageflächen liegen außerhalb des Waldes. Ein Schallgutachten bestätige, dass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden.
Bürgermeisterin Birgit Göbhardt erläuterte die Beweggründe der Gemeinde für den Bau der Anlagen. So wolle Üchtelhausen seinen Beitrag zur Energiewende leisten. Außerdem könnten mit den 100 000 Euro Mindestpacht Projekte des Gemeindeentwicklungskonzepts verwirklicht und Schulden abgebaut werden. Dennoch will die Bürgermeisterin den Bürgern das letzte Wort geben. Da das von der Bürgerinitiative eingereichte Bürgerbegehren juristisch unzulässig ist, wird Göbhardt dem Gemeinderat vorschlagen, ein Ratsbegehren anzusetzen, mit der Frage, ob das Vorhaben weiterverfolgt werden soll.
Nach 90 Minuten Information sollten die Bürger ihre Fragen auf Moderationskarten sammeln. Jan de Boer von der Bürgerinitiative aber ging ans Mikrofon, weil er „das Gefühl hatte, dass wir nicht zu Wort kommen“. Hehn räumte ihm 20 Minuten Rederecht ein, in denen er die Bedenken der Bürgerinitiative (wir berichteten) vorbrachte. Der Bürgermeisterin warf er eine „absolut undemokratische Haltung“ vor, weil sie das Bürgerbegehren ablehne.
Ein Hauptvorwurf aus den Reihen der Anwesenden war, dass die Gemeinde die 10H-Regel nicht einhalte. Mantel versuchte zu erklären, dass diese ausschließlich erlassen worden sei, um den Gemeinden größtmöglichen Einfluss auf die Planung von Windrädern zu geben und dass diese nichts mit Gesundheitsschutz zu tun habe. Die Gegner der Anlagen schenkten ihm aber keinen Glauben.
Was einen späteren Rückbau der Anlagen anbetrifft, erklärte der Investor, dass eine Rückbaubürgschaft für jedes Windrad in Höhe von über 160 000 Euro beim Landratsamt hinterlegt werden müsse. Trotzdem hielt sich der Vorwurf im Raum, bei einer Insolvenz der Betreiberfirma müsse der Bürger den Rückbau zahlen. Vom Schallschutz bis zum Brandschutz wurde alles bezweifelt, auch die Wirtschaftlichkeit. Bernd Lindemann warf der Gemeinde vor, sie hätte am Brönnhof Flächen für den Bau von Windrädern kaufen sollen. Dieser aber ist seit 1998 Schutzgebiet, Windräder sind dort nicht erlaubt. Bettina Kuhn schließlich stellte fest, dass der Bau von Windrädern und die Ablehnung des Gemeinderates, Ökostrom zu beziehen, nicht zusammenpassen.
Auch wenn sie sich nicht so laut zu Wort meldeten, es gab auch Befürworter der Windräder. „Zukunft nur mit Windkraft“ hieß es beispielsweise auf einer Moderationskarte.