Bislang war die Formel 1 das Aushängeschild für das Motorsportengagement des Zulieferers ZF. Das wird wohl auch noch eine ganze Weile so bleiben. Deutlich an Gewicht gewonnen hat jedoch der Bereich E-Mobilität, wo die ZF Race Engineering seit 2016 mit dem in Monaco ansässigen Unternehmen Venturi zusammenarbeitet und heuer zwei Venturi-Fahrzeuge und zwei Fahrzeuge der Venturi-Tochter HWA mit dem kompletten Antriebsstrang – Motor, Getriebe, Leistungselektronik –ausstattet. Und dies mit gutem Erfolg. So fuhr vor 14 Tagen Edoardo Mortara in Hongkong den ersten Sieg ein. Den fünften Platz belegte der frühere Formel-1-Pilot Felipe Massa.
"Die Elektromobilität steht bei uns ganz oben auf der Liste", sagt Sven Behrens, der Leiter Motosport. ZF habe damit im Rennsport zwar Neuland betreten, die Partnerschaft mit Venturi zahle sich jedoch aus. "Wir haben die Technik in Griff."
Im nächsten Jahr mit Mercedes
Dass die Formula E im Kommen ist, zeigt auch das Engagement der Automobilkonzerne. BMW, Audi, Porsche, Nissan und Jaguar sind dabei, deutlich mehr Marken als in der Formel 1. Im nächsten Jahr kommt noch Mercedes hinzu, mit dem HWA-Fahrzeug. Dass man das bei ZF gerne sieht, versteht sich von selbst.
Mit den Stromern der Formula E wird ein deutlich jüngeres Publikum angesprochen. Die Wettbewerbe auf den Stadtkursen beispielsweise in Berlin, Hongkong oder Santiago de Chile sind attraktiv und preisgünstig. Die nächsten Rennen finden in Rom (13. April) und Paris (27. April) statt. Auf den engen Strecken erlebt der Zuschauer deutlich mehr Zweikämpfe als auf anderen. Die Zugriffe auf die Sozialen Medien unterstreichen den Erfolg der Formel, betont Pressesprecher Moritz Nöding.
Schnell in die Serie
Hinzu komme, dass die Erfahrungen aus der Racing-Anwendung direkt auf künftige ZF-Produkte wirken, sagt der Leiter der E-Division Jörg Grotendorst. Beispiele sind metallische Leichtbaulegierungen, der vermehrte Einsatz von Carbon oder die Verwendung von Siliziumcarbit als Halbleiter. In drei oder vier Jahren soll sein Einsatz in der Leistungselektronik in Serie gehen.
In der Formula E setzen sechs Spitzenteams auf Dämpfer von ZF, die in dieser Serie wegen der Unebenheiten auf den Startkursen stärker beansprucht werden als auf den üblichen Rennstrecken.
In der Formula 1, die gerade gestartet wurde, setzt Ferrari auf ZF-Dämpfer, Red Bull auf Kupplungen. In den Formel 2 und 3 mit den Fahrern, die in die Königsklasse streben, ist ZF gut vertreten. Im Rallye-Sport ist ZF eine neue, bereits erfolgreiche Kooperation mit Ford eingegangen. Bei der Langstrecken-WM gab es einen Sieg mit Toyota.
Bei den Tourenwagen engagiert sich ZF in Europa, Japan, USA und Australien. Möglicherweise wird schon bald ein Weltmeister aus den vier Wettbewerben ermittelt. In der DTM startet erstmals ein ZF BMW, ähnlich dem Schaeffler Audi.
Als Norbert Odendahl vor acht Jahren als Geschäftsführer bei Race Engineering einstiegt, zählte die GmbH 75 Mitarbeiter. Inzwischen liegt der Bereich bei 250 Beschäftigten. Zu den 115 in Schweinfurt stießen 130 in Birmingham von TRW hinzu, dem amerikanischen Zulieferer, den ZF übernommen mit. Damit kamen Lenkungen und Steuerungen ins Portfolio. Eine kleine Einheit gibt es in den USA.
"Wir wollen uns künftig noch breiter aufstellen", sagt Odendahl. Soll heißen: Race Engineering will die komplette Produktpalette der ZF anbieten. Ein Beispiel sind Getriebe aus der Serie, die in der Anschaffung und Wartung deutlich günstiger sind und damit auch Rennsportler erreichen, die nicht von einem der großen Hersteller unterstützt werden.
Inzwischen steht Race Engineering auf drei Beinen. Neben dem eigentlichen Rennsport betreut die überschaubare und sehr bewegliche Einheit die Kleinserie und bietet Dienstleistungen im Engineering an.