Wer auf dieser Foodmeile nichts für seinen Gaumengeschmack gefunden hat, ist selbst schuld. Von der klassischen Bratwurst bis hin zum hochgradig exotischen Gericht aus Heuschrecken oder Mehlwürmern, vom traditionellen Hefeweißbier bis zum exklusiven Longdrink reichte am Samstag und Sonntag die Skala der Essens- und Getränkeangebote aus rund 20 Foodtrucks und anderen Versorgungsständen.
Warteschlangen an den Versorgungsstellen in der Gerolzhöfer Innenstadt waren diesmal so gut wie nicht zu sehen. Denn heuer war die Foodmeile sowohl räumlich entzerrt als auch quantitativ aufgestockt. Zur Spitalstraße kam diesmal der geräumige Marktplatz hinzu. Auch das Sitzplatzangebot war größer. Biertischgarnituren fanden sich längs der Stadtpfarrkirche und in dieser oder jenen Ecke der Spitalstraße.
Am Samstag in den späten Nachmittagsstunden setzte der Besucherstrom erst einmal nur zögerlich ein. Vielen war wohl die Hitze noch zu groß. Oder man hat samstags zuhause einfach noch genug zu tun. „So, jetzt bekommen die Gerolzhöfer gewaltig was auf die Ohren“, sagte beim ersten Auftritt der Samba-Trommelgruppe „Bateria Caliente“ aus Hofheim deren Organisationsleiter Christian Sennfelder. Das war nicht zu viel versprochen, denn die 14 Trommler und Rassler entwickelten eine gewaltige Lautstärke, die aber im Gegensatz zu manch elektronischem Klangbrei durchaus nicht unangenehm war. Aus einer Faschingsidee im Jahr 2014 entwickelte sich die Bateria zu einem fast schon professionellen Ensemble, das zum Beispiel auch beim großen Samba-Festival in Coburg auftritt. In Gerolzhofen waren die Hofheimer allerdings ohne Tänzerinnen angetreten.
Gottesdienst gestört
Ausgerechnet zur Gottesdienstzeit im Steigerwalddom legte die Bateria dann noch einmal los und zog mit gewaltigen Getöse über den Marktplatz in Richtung Bürgerspital. Es kam nach der Messe deswegen zu teils sehr lautstarken Protesten von Gottesdienstbesuchern beim Bürgermeister und bei der Festleitung.
Gleich nach dem ersten Auftritt der Hofheimer schrillte von der Treppe zur Tourist-Information eine handbetriebene Sirene. Sie kündigte zwei Jeeps an, die Bürgermeister Thorsten Wozniak mit Familie und Weinprinzession Julia Fuchs zu einem alten US-Truck brachten, von dem aus sie das Fest eröffneten. Wie damals nach dem Krieg warfen die Jeep-Besatzungen Bonbons und Kaugummis in die Menge am Marktplatz. Die US-Militärfahrzeuge hatte der Gerolzhöfer Rainer Beringer von Freunden besorgt.
Die Jeeps sind aus dem Jahr 1968, der Truck wurde 1965 gebaut. Bürgermeister Thorsten Wozniak wünschte sich, dass die Festbesucher einen guten Appetit und viel Geselligkeit mitbringen. Der Weinprinzessin Julia Fuchs machte er das Kompliment, die zweitschönste nach seiner Frau Anita auf dem Stadtfest zu sein. Anlass dazu hatte er: Wozniak und seine Frau feierten an diesem Tag Hochzeitstag. Der Bürgermeister freute sich, dass bei diesem Stadtfest auch die Gastronomie am Marktplatz voll mitzog. „Die einzige Möglichkeit, etwas vom Leben zu haben, ist, sich ins Leben zu stürzen“, philosophierte dann Weinprinzessin Julia Fuchs.
Nach der Eröffnung bestiegen „The King Creole“ aus dem Raum Bad Kissingen den Truck. Diese Tribute Band spielt Songs von Elvis Presley aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren im Sound der Rockin‘ Fifties. Michael „Elvis“ Fritsche (Gesang, Gitarre) teilte sich den ersten Song „Can't Help Falling in Love“ mit Bürgermeister Thorsten Wozniak. Im Gefolge der Band befand sich die Tanzgruppe „Road Runner Boogies“ aus Sennfeld und Fulda, die mit ihrem tänzerischen Können die Zuschauer faszinierte. Die Frauen waren teils in Petticoats gekommen. Später zogen Band und Tänzer in den Spitalhof um.
Donny Vox im Spitalgarten
Das illuminierte Bürgerspital zog eine wirksame Schallgrenze zwischen „The King Creole“ und Donny Vox, der im Spitalgarten mit seine Cover-Songs gastierte. Im fast voll besetzten Spitalgarten und im Hof entwickelte sich eine laue Konzertnacht mit völlig unterschiedlichen Musikrichtungen, die sich selbst auf engstem Raum nicht in die Quere kamen.
Wer es etwas ruhiger wollte, konnte sich in die Spitalkirche zurückziehen. Dort bot die Aktionsgruppe des katholischen Pfarrgemeinderats mit Matthias Kleinhenz an der Spitze, technisch unterstützt von Günter Kölbl und Hannes Grüner, Lichteffekte mit Musik von Pink Floyd und Alan Parsons Project an. Die Veranstaltung gehört in den Rahmen von „Kirchen(t)räume“.
Wer wollte, konnte schließlich nach Mitternacht wie früher beim Weinfest noch einmal hinabsteigen in den Spitalkeller zu einer Abschlussparty mit DJ. Viele nutzten diese Möglichkeit. Für die Party hatte es eine Ausnahmegenehmigung zur Kellernutzung gegeben.
Riesenandrang am Sonntag
Bei strahlend blauem Himmel und Temperaturen um die 30 Grad stießen die erstmals veranstalteten GEO Classics am Sonntag auf ein riesiges Besucherinteresse. Tausende Besucherinnen und Besucher schoben sich am verkaufsoffenen Sonntag durch die Innenstadt. Zusätzlich zur Foodmeile hatten Konrad Haub und Günter Engert von der Motorsportvereinigung und Helmut Wächter vom BMW Z 1-Club Deutschland mit den GEO Classics eine hervorragende Veranstaltung auf die Beine gestellt, die alle Erwartungen übertraf – sowohl die der Veranstalter als auch der Besucher.
„Dies übertrifft alles, was wir uns erhofft haben“, berichtete am Sonntagnachmittag Günter Engert in einer ersten Stellungnahme. Sage und schreibe rund 240 Besitzer von automobilen Raritäten waren nach Gerolzhofen gekommen und stellten ihre Schätze auf den Straßen der kompletten Innenstadt aus. Die Altstadt wandelte sich zu einem riesigen Auto-Museum. „Das ist umso erfreulicher, weil wir hier in Gerolzhofen noch keine Tradition für Oldtimer-Tage haben“, sagte Engert. Man organisierte zwar seit Jahrzehnten schon Oldtimerausfahrten, doch eine stationäre Schau in der Altstadt sei etwas ganz anderes.
Mercedes mit Millionenwert
Einer der Stars der Schau war ein Mercedes 300 SL Roadster 198 aus den 50-er Jahren. Der Erstbesitzer, ein Otto Normalverdiener, hatte damals im Lotto gewonnen und sich mit dem Gewinn dieses Traumauto zulegt, extra ab Werk einzig und alleine für dieses eine Auto in „Fantasiegelb“ lackiert. Der Wagen ist heutzutage unverkäuflich, selbst wenn heutzutage schon Gebote im Millionenbereich aufgerufen werden.
Zwei krasse Gegenteile waren in der Marktstraße vor dem Theaterhaus geparkt, das beim Tag der offenen Tür zu Führungen einlud: ein prächtiger Rolls Royce und ein unrestaurierter VW-Brezel-Käfer. Der matte, rostgeplagte Käfer von 1952 war einst als Baustellenfahrzeug bei „Müller Bau Staffelstein“ im Einsatz. Als Erinnerung daran hat sein jetziger Eigentümer im Bereich der ausgebauten Rückbank noch Betonsteine und einen Kasten Bier deponiert.
Bestimmte Bereiche der Altstadt waren für Motorräder oder für US-Cars vorbehalten. In der Breslauer Straße trafen sich die BMW Z 1-Freunde. Allenthalben Begeisterung. Diese GEO Classics haben einen festen Platz im städtischen Jahreskalender verdient.