Bei der Kommunalwahl am 16. März konnten in der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen zum ersten Mal alle Stimmen mit Barcode-Lesestiften in den Computer eingelesen werden. Dennoch musste häufig deutlich länger auf das Endergebnis gewartet werden, als bei der guten alten Auszählung per Hand. Doch die Verzögerungen lagen nur zum Teil am Programm, Bedienungsfehlern und abgestürzten Computern. Hauptgrund war vielmehr die massive Zunahme der Briefwahl.
Diese Entwicklung war schon bei der Landtags- und Bundestagswahl im September 2013 zu beobachten. Hinzu kam jetzt, dass erstmals kein näherer Grund mehr für die Beantragung der Briefwahlunterlagen anzugeben war, eine Freigabe der Briefwahl also. Somit war eigentlich absehbar, dass gerade bei der Kommunalwahl mit der Vielzahl an zu vergebenden Stimmen bevorzugt in den eigenen vier Wänden gewählt werden würde. Genauso kam es.
Briefwahl-Anstieg als Dilemma
Häufig mussten die Helfer im Briefwahlbezirk fast das Dreifache an Stimmen im Vergleich zu Urnenwahlbezirken auszählen. So waren die geschrumpften Urnenwahlbezirke aufgrund der verschobenen Gewichte großteils schon zwei Stunden eher ausgezählt als die aufgeblähten Briefwahlbezirke.
Dabei funktionierte die Stimmerfassung an sich hervorragend und viel genauer als früher. „Jetzt sagt einem zum Beispiel die Software wo eine Lücke ist, wenn ein bestimmter Stimmzettel nicht erfasst wurde und mithilfe der vom Barcode eingelesenen Nummern kann man ihn zügig finden und nacherfassen. Früher hätte man noch mal alles neu auszählen müssen“, bestätigt dann auch der Gerolzhöfer Stadtrat und Computerexperte Arnulf Koch.
Er war wegen der aufgetauchten vermeintlichen EDV-Probleme zur Unterstützung von VG-Wahlsachbearbeiterin Jutta Martinelli aus dem Stimmbezirk abgezogen worden, in dem er ursprünglich eingeteilt war.
Die Erfassung geht laut Arnulf Koch „super einfach“. Allerdings räumt er ein: „Die Programmbedienung außen rum ist nicht gerade selbsterklärend.“ So kam es immer wieder zu Bedienungsfehlern, insbesondere beim richtigen Abspeichern der Teilergebnisse aus den einzelnen Stimmbezirken auf die USB-Speicher. Bei der Zusammenfügung der Daten von den USB-Speichern zur Ermittlung des Gesamtergebnisses wurden diese Probleme dann offenkundig und mussten behoben werden.
Ursache war eine gewisse Überforderung technisch weniger versierter Wahlhelfer, aber auch, dass die Anleitungen im Handbuch nicht oder nicht genug durchgelesen wurden.
Andererseits wollen Arnulf Koch und der VG-Vorsitzende, Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak nicht den Stab über die ehrenamtlichen Helfer brechen. Sie würden diese Tätigkeit ja nicht jeden Tag, sondern nur alle paar Jahre machen. Mittels Barcode-Auszählung sei es gar zum ersten Mal gewesen. Unter Berücksichtigung dieses Aspekts habe es eigentlich sogar sehr gut funktioniert.
Für die PC-Abstürze konnten die Wahlhelfer ohnehin nichts. Die federführende AKDB (Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern) hatte mitgeteilt, dass alle Computer ab dem schon etwas älteren Betriebssystem Windows XP aufwärts für die Barcode-Auswertung geeignet seien. Auffällig war aber, dass die Computer die abstürzten, alle mit Windows XP liefen.
Man fasst sich in der VG auch an die eigene Nase, was den Arbeitsablauf am Wahlabend anbelangt. Der könne verbessert werden, heißt es. So sollen Wahlsachbearbeiterin Jutta Martinelli künftig Experten zur Seite gestellt werden, um ihr den Rücken für die eigentliche Aufgabe freizuhalten. Diesmal fand sich Jutta Martinelli infolge krankheitsbedingter Ausfälle am Wahlabend praktisch alleinverantwortlich mittendrin im zeitweise unübersichtlichen Geschehen wieder, als immer mehr Wahlhelfer aus der Stadt und den Gemeinden mit ihren Daten und Fragen ins VG-Amtsgebäude kamen.
Mit zunehmender Dauer der Auswertung stiegen zugleich der Geräuschpegel und die Ungeduld der auf die Ergebnisse wartenden Kommunalpolitiker und Bürger. So wurde es für Martinelli immer schwieriger, angesichts von 36 VG-Wahlbezirken den Überblick zu behalten.
Zu allem Überfluss stimmte dann die für den Gerolzhöfer Stadtrat ermittelte Sitzverteilung nicht mit der überein, die die AKDB nach Übertragung der Daten ausspuckte. Grund war, dass ein kurzfristig vor der Wahl geliefertes Software-Update nicht mehr aufgespielt werden konnte.
So wurde die Sitzverteilung am Wahlabend von der AKDB noch nach dem alten d'Hondtschen-Verfahren statt wie in Gerolzhofen nach der jetzt gültigen Berechnungsmethode von Hare-Niemeyer ermittelt.
Überquellender VG-Briefkasten
Der VG-Vorsitzende Thorsten Wozniak verspricht eine seriöse Aufarbeitung der Wahlen, um die Probleme zu beheben und den Ablauf zu verbessern. Dazu gehörten zuallererst mehr Wahlhelfer für die Briefwahlbezirke. Auch das Problem des einzigen und für die Aufnahme der vielen Briefwahlkuverts zu klein gewordenen Briefkastens vor dem VG-Amtsgebäude müsse man lösen. Dies zumal bei der nächsten Kommunalwahl in Gerolzhofen Bürgermeister- und Landratswahl nach der Anpassung der Wahltermine wieder hinzukommen, so Wozniak.
Das Scannen der Wählerstimmen im elektronischen Zeitalter
Die barcodegestützte Auszählung, wie sie offiziell heißt, beruht auf einem System aus Computer, Barcodescanner-Lesestift, USB-Speicher und einem Programm der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB).
Das Ganze funktioniert ähnlich wie an der Supermarktkasse. Nur dass bei der Wahl keine Tisch-Lesegeräte zum Einsatz kommen, sondern Lesestifte. Die sind silbern und glänzend und sehen aus wie edlere, dickere Füller oder Kugelschreiber. Wenn sie scannen, leuchtet vorne die Spitze rot. Jeder Stimmzettel muss für das Verfahren mit einem Barcode und einer Nummer versehen werden.
Sobald der Strichcode-Aufkleber gescannt ist, verschwindet der automatisch im Computer angezeigte Hinweis „Stimmzettel ungültig“. Der Stimmzettel kann somit, sollte er nicht oder nicht richtig erfasst worden sein, sofort ausfindig gemacht und nacherfasst werden.
Mit der Registrierung des Stimmzettels bildet sich zugleich auf dem Monitor ein leerer Wahlzettel ab. Nun kann damit begonnen werden, die einzelnen Stimmen der Kandidatinnen und Kandidaten mit dem Stift zu scannen.
Beim Scannen gilt das Sechs-Augen-Prinzip. Ein Wahlhelfer scannt, zieht also den Barcode ab, während der zweite überprüft, ob die gewählten Kandidaten korrekt von der Software gezählt werden. Der dritte kontrolliert das Ganze am Bildschirm. Sind zwei PCs in einem Wahlbezirk im Einsatz, benötigt man also sechs Personen. Dazu kommen der Wahlbezirksvorstand und der Schriftführer, die sich stark um die Organisation, die Klärung offener Fragen und die schriftlichen Dinge kümmern, bei der Auszählung selbst aber weitgehend außen vor bleiben.
Den Anfang bei der Stimmenauszählung macht dort, wo sie stattfindet, die Bürgermeisterwahl. Danach folgen Stadtrat beziehungsweise Gemeinderäte und ganz am Ende der Kreistag. Text: novo