Dass die CSU-Mehrheit im Maximilianeum am Dienstag, 15. Mai, in zweiter Lesung das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG) verabschieden will, steht lange fest. Proteste mit bis zu 40 000 Demonstranten in der Landhauptstadt kamen Anfang des Monats reichlich spät – wie auch der Informationsnachmittag der Schweinfurter SPD am vergangenen Samstag. Kreisvorsitzende Kathi Petersen und MdL Franz Schindler, Vorsitzender des Rechtsausschusses im Landtag, räumten in der Vereinsgaststätte des TV Oberndorf Versäumnisse ein.
Freiheiten in Gefahr
Die Tragweite des Angriffs auf die Freiheit des Einzelnen stehe in keinem Verhältnis zum Sicherheitsgewinn, so alle Referenten vor den 40 Zuhörern, die bei Prachtwetter in den Nebenraum der Gaststätte gekommen waren. Ins Visier der Redner hatte sich vor allem Innenminister Joachim Herrmann bugsiert, der den Kritikern eine Lügenkampagne vorgeworfen hatte.
Kathi Petersen berichtete von einer „vernichtenden Kritik“ am PGA – sowohl durch die Landtagsopposition als auch von den Bürgern. Da Bayern nicht im Chaos versinke und sich gerade die CSU mit der höchsten Sicherheit in allen Bundesländern rühme, sei der Sinn der geplanten Freiheitsbeschränkungen nicht einzusehen. Wirklich gebraucht sei dagegen mehr Personal für die Polizei.
Vor- und Nachteile
Bundespolizistin Martina Braum von der Gewerkschaft der Polizei sah Vor- und Nachteile im neuen PGA. Sie begrüßte eine Einführung der Bodycams, weil immer mehr Kollegen bei den verschiedensten Einsätzen immer härter attackiert würden. Spitzel wollten die Polizisten jedoch nicht sein. Vorbeuge gegen alles und jeden, das gäbe es nicht. Der Rechtsstaat müsse Freiheiten ermöglichen und nicht beschränken, so die Polizistin, die den Aktionismus der CSU in deren Anti-AfD-Kurs begründet sieht.
Christopher Richter von der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen bedauerte, dass man nicht früher auf die Barrikaden gegangen ist. Erst jetzt spüre die Bevölkerung, dass „etwas nicht stimmt“. Das Vorverlegen des Polizeieingriffs vom der konkreten auf die drohende Gefahr werde mehr Bürger unter Beobachtung stellen, darunter viele unbescholtene. Damit schlage die CSU den Weg zur Ohnmacht des Einzelnen gegen den autoritären Staat ein.
Der Vorläufer eines Vorläufers
Johannes Petersen von den Jungsozialisten definierte die drohende Gefahr mit „Vorläufer eines Vorläufers eines Schadens“. Der CSU warf Johannes Petersen eine Symbolpolitik vor. Diese tue so, also ob sie etwas für die Sicherheit tue, löse jedoch nicht die dramatischen Personalprobleme bei der Polizei, sondern setzte auf die kostenneutrale Gesetzesänderung.
Franz Schindler sah keinen Handlungsbedarf für eine Ausweitung polizeilicher Befugnisse. Im Vergleich mit anderen Bundesländern schneide Bayern hervorragend ab – und die Bundesrepublik ebenso im Vergleich mit den anderen Ländern Europas. Die Lücke zwischen der objektiv vorhandenen Sicherheit und dem subjektiven Sicherheitsgefühl werde die CSU mit dem neuen PAG jedenfalls nicht schließen.
Nur bei konkreter Gefahr
Aufgabe der Polizei sei es, öffentlich präsent zu sein, bei Straftaten einzuschreiten und Gefahren abzuwehren. Undurchsichtiges Agieren sei nicht die Sache der Polizei, sondern jene von Organisationen wie etwa dem Verfassungsschutz, meinte Schindler, der bei der Abwehr terroristischer Gefahren Ausnahmen zubilligen würde.
Wenn am Dienstag das neue PAG eine Mehrheit findet, will die SPD eine verfassungsrechtliche Überprüfung einleiten, erklärte abschließend der Vorsitzende des Rechtsausschusses.