Aus kleinen Kisten entstehen in Schweinfurt Ideen für Start-ups. Die Kisten sind voll mit Papier und Stiften in verschiedenen Farben und Größen. Mehr brauchen die 36 jungen Leute im Rundbau der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt nicht für das, was sie in der Nacht vorhaben: Sie wollen ein Konzept für ein marktfähiges Start-up entwickeln.
In vier Phasen gehen die Studenten durch den Prozess einer Unternehmensgründung. Die Workshops reichen von einem Kreativmodul zur Ideenkonkretisierung am Abend über Businessplanung und Prototypenbau in den frühen Morgenstunden bis zum Präsentieren des Konzepts am nächsten Tag. Dreißig Jugendliche verteilen sich auf sechs Gruppen mit einer schon vorhandenen Idee und dem jeweiligen Ideengeber.
Für ein gutes Start-up braucht man „Mumm“
Die „Campus-Start-up-Night“ findet zum ersten Mal in Schweinfurt statt. Monika Waschik vom Modul Pionier des Best Fit-Projektes der Fachhochschule will damit die Gründerkultur fördern. Sie hat das Projekt organisiert. „Wir wollen Jugendliche ermutigen, ihre Ideen umzusetzen“, sagt sie.
Die Studenten haben den Inhalt der Kisten schon auf den Tischen ausgebreitet. Sie kleben ein Meer an bunten Post-its an Stellwände, schreiben Fragestellungen auf kleine Zettel, sammeln Ansätze für ihr Konzept. Mithilfe von Experten des Zentrums für Digitalisierung und Innovation (ZDI) entwickeln sie einen Plan, der Kunden überzeugen soll. „Ihr müsst immer überlegen: Ist es machbar, ist es wirtschaftlich und möchte es der Mensch überhaupt?“, sagt Tobias Greissing vom ZDI. Ein ergebnisoffener Prozess und Rückschritte seien wichtig. „Das ist möglich, das ist sogar ein absolutes Muss. Ihr müsst mehr aus den Ideen anderer machen.“ Es sei wichtig, auf Vorschläge in der Gruppe aufzubauen. „Eine Idee heißt noch lange nicht, dass es eine Innovation ist. Ein gutes Team brennt für seine Ideen. Dann kann die Idee mittelmäßig sein.“ Die Frage, was ein gutes Start-up braucht, beantwortet der Design Thinking Coach mit einem Wort: „Mumm“.
Ideen von VR-Lernsoftware bis zum nachhaltigen Zukunftshaus
Auf diese Grundlage können potenzielle Gründer aufbauen, indem sie sich vernetzen, sich Unterstützung und Partner suchen und bestimmte Bereiche auslagern. Ob aus der Start-up-Night Unternehmen entstehen, will Greissing nicht ausschließen. Es gehe aber vor allem darum, dass die jungen Leute lernen, vom Kunden aus zu denken, fügt sein Kollege Christian Andersen hinzu. „Wir wollen sie dafür sensibilisieren, was sie mit ihrer Idee erreichen können“, sagt der Netzwerkmanager.
Die Ideen, die in dieser Nacht in Schweinfurt überwiegend von Männern kommen, reichen von einer Lernsoftware auf Basis von Virtual Reality bis zu einem nachhaltigen Zukunftshaus. Daniel Blümm hat als Wissenschaftliche Hilfskraft in seinem Studium für Elektrotechnik schon eine VR-Lernumgebung entwickelt. Mit einer weiteren möchte er Lernen interaktiv gestalten. „Ich muss aktiv etwas machen, damit ich es verstehe“, erklärt der 25-Jährige seine Idee.
Tobias Toepfer möchte mit variablen Möbelkonzepten Ladenflächen für verschiedene Zielgruppen ausstatten. Tagsüber könne dort zum Beispiel ein Schuhgeschäft sein, abends ein Workshop stattfinden. Toepfer hat Innovationsmanagement studiert. „In den Städten gibt es tolle, exzessive Ladenflächen. Einige stehen leer, die Fixkosten sind kaum zu decken“, sagt der 31-Jährige.
Das Zukunftshaus ist die Idee von Matthias Pieper. „Wie schaffen wir es, nachhaltigen Konsum attraktiv zu gestalten?“, steht auf der Stellwand hinter ihm. Ein Vortrag habe ihm vor ein paar Monaten gezeigt, „wo wir mit unserem aktuellen Konsum hinsteuern. Nämlich dahin, dass wir die Erde vor die Wand fahren“, sagt er. Er hat Pädagogik und Betriebswirtschaftslehre studiert, Gründungserfahrung hat er bereits. Dem 34-Jährigen gehört ein Importunternehmen für Strickwaren aus Alpaka-Wolle aus Peru. Die bestehenden nachhaltigen Läden gehen ihm nicht weit genug. Im Zukunftshaus sollen Menschen Produkte leihen, tauschen und effizient nutzen können.
1750 Euro Preisgeld für die Gewinner
Johannes Dörr macht mit seiner Vorstellung einer feuer- und wasserfesten Box, die vor Diebstahl schützen und tragbar sein soll, bei der Start-up-Night mit. „Es heißt immer, wenn es einen Notfall gibt, soll man alle wichtigen Daten an einem Ort haben. Warum verwende ich so was nicht einfach?“, sagt der 22-Jährige. Dass aus seiner Idee ein Unternehmen entsteht, glaubt der Student des Wirtschaftsingenieurwesens nicht. „Ich mache hier mit, weil ich hoffe, viel Neues zu lernen.“
Am Morgen nach der Start-up-Night präsentieren die Gruppen ihre Konzepte einer Jury. Diese wählt drei aus, die ein Preisgeld erhalten. Den ersten Preis mit 1000 Euro erhält das variable Möbelkonzept für Ladenflächen. Der zweite Preis in Höhe von 500 Euro geht an die Lernsoftware auf VR-Grundlage. 250 Euro bekommt ein E-Sport-Tournament-Projekt, bei dem Studenten mit einem Truck voller Technik mobil an verschiedenen Hochschulen E-Sports-Turniere anbieten wollen. Die Preise werden von den Wirtschaftsjunioren, der Firma Vintin und der Stadt Schweinfurt gestiftet. Sie sind zur Weiterentwicklung des Start-up-Konzeptes gedacht.