Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr. Provokante Dampfhammerlyrik balanciert auf der schmalen Geschmacksgrenze. Pyrotechnik donnert mitten durch brutale Riffs. Neue Deutsche Härte. Rammstein. Nicht ganz. Nicht die Urväter dieses Genres lassen die Grafenrheinfelder Halle wackeln, sondern die vielleicht beste Kopie: Stahlzeit. Und 1000 Fans sind aus dem Häuschen.
Es ist halt so eine Sache mit der Neuen Deutschen Härte. Viel musikalische Bandbreite hat dieser Brachial-Mix aus Industrial und Metal nicht. Das Dilemma sämtlicher NDH-Bands ist es, nun mal wie Rammstein zu klingen. Dem Kulmbachern von Maerzfeld geht's nicht anders. Maerzfeld ist als Original eher eine schlechte Kopie. Doch die Sechs haben ja auch das Projekt Stahlzeit laufen. Und da sind sie eine bärenstarke Kopie des Originals. Sänger Heli Reißenweber schaut aus wie Rammsteins Till Lindemann, singt wie er, post wie er. Er schafft es genauso überzeugend, mittels künstlerischer Überzeichnung nie auch nur einen Funken rechtes Gedankengut dabei zu assoziieren. Einzig die Dynamik in der Stimme geht ihm vor allem in den Refrains ein wenig ab.
Schwamm drüber: Die Fans wollen Rammstein hören und sie bekommen Rammstein. Mit allem drum und dran. Über zwei Stunden lang. Mit Blitz und Donner, mit Feuer und Blitzen. Sogar Heli selbst steht mal in Flammen.
Es schaut aber auch wirklich gefährlich aus, was Stahlzeit da unters Hallendach zaubern. Wenn die Jungs bei „Feuer frei“ aus irrwitzigen Gestellen vor dem Gesicht meterlange Feuersäulen über die Köpfe der Fans jagen, wird's selbst in den hinteren Reihen noch warm. Die Kulturhalle gleicht einer Sauna.
„Wir haben mit dem Haustechniker gesprochen, er sagte, dass es das erste Mal wäre mit Pyro in dieser wunderschönen Halle“, sagt Heli. Wenn er dabei diese hausgemachten, goldig-psychedelischen Siebziger-Jahre-Disco-Lichteffekte an den Wänden gesehen hätte, er hätte vermutlich gelacht dabei.
Aber ein NDH-Sänger lacht nun mal nicht. Die Band mit dem martialischen Namen singt martialische Texte und spielt martialische Musik. Und das sehr fein. Die Oberfranken sind präzise, sehr professionell und haben mächtig Laune an dem, was sie da tun. Vor allem Tastenmann Thilo Weber lässt die Finger unglaublich filigran über allerhand abenteuerliches Instrumentarium sausen – woraus sich alles Töne locken lassen. Er ist es auch, der bei „Haifisch“ die harte, soldatische Männer-Attitüde mal aufbricht, wenn er sich in einem Schlauchboot auf den Händen der Fans durch den Saal tragen lässt und T-Shirts verteilt. So was macht auch Jennifer Rostock regelmäßig bei ihren Teenie-Punk-Abenden.
Ansonsten wird mit Worten scharf geschossen: „Benzin“, „Laichzeit“, „Du riechst so gut“, „Links 2 3 4“, „Ohne dich“, „Du hast“, „Pussy“, „Sonne“, „Ich will“ und natürlich final „Engel“ – kein Rammstein-Klassiker darf fehlen. Im Namen der Kunst sind dabei provokante verbale Streifzüge durch die Perversitäten der Menschheit erlaubt.
Etwas mehr Mainstream bieten da vorab die Würzburger von Null db. Sie sind melodiöser, etwas mehr Metal als NDH. Aber sie passen ganz gut dazu. Und sie dürfen im August in Wacken spielen. Dann vor dem Rammstein-Original. Vermutlich jedoch ein paar Stunden davor.
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