Die Haltung, die Leonid Rosa sich dieser Tage bewahrt hat, ist durchaus bemerkenswert. "Jetzt haben wir auch mal Glück", sagt er, als er am Montagnachmittag gen Himmel schaut. Glück können Gastronomen wie er gerade durchaus brauchen. Die Branche hat schwierige Wochen hinter sich – und auch die Aussichten der nächsten Monate geben kaum Anlass zu Freudentänzen. Mit seiner Firma betreibt Rosa das Cafe Kölsch am Schweinfurter Marktplatz sowie den Stadtstrand und die Mole 9 direkt am Mainufer. Am Montag durfte er mit seinen beiden Open-Air Lokalitäten Stadtstrand und Mole 9 den Betrieb wieder aufnehmen, wenn auch natürlich noch unter ungewöhnlichen Umständen.
Am 5. Juli 2014 hatte der Schweinfurter Unternehmer den Stadtstrand eröffnet – mit Erfolg und im Eiltempo. Sechs Jahre später funktioniert durch Corona nichts mehr so schnell. Auf das Go der Behörden musste man lange warten, der ursprüngliche Start in die Saison war für den 1. April geplant. Mit der Zusammenarbeit und der Kommunikation mit der Stadt zeigt sich Rosa trotzdem zufrieden. "Ich bin froh, dass wir jetzt endlich wieder eine Vision haben", meint er angesichts der Lockerung, dass Außenbetriebe in der Gastronomie seit dieser Woche wieder Gäste bewirten dürfen.
Halb so viele Tische wie sonst
Die Regeln am Stadtstrand sind bei näherer Betrachtung und angesichts der allgemeinen Entwicklung der letzten Wochen, weit weniger kompliziert als es scheint. Für die Gäste herrscht innerhalb des Geländes, außer auf ihrem vom Personal zugewiesenen Sitzplätzen, Maskenpflicht. An einem Tisch dürfen sich Personen aus höchstens zwei Haushalten befinden. Überprüft werden kann das von Rosas Team freilich kaum. "Dazu würde uns auch die rechtliche Grundlage fehlen", klärt er auf: "Aber es ist ja gerade überall so, wir müssen auf die Vernunft und Eigenverantwortung der Bürger vertrauen." Die allgemeingültige Abstandsregel von 1,50 Meter gilt auch überall innerhalb des Stadtstrands, sei es am Ausschank, auf dem Gang zur Toilette oder zum Zigarettenautomat, an dem sogar Mund-Nasen-Masken erhältlich sind.
Um die Mindestabstände einzuhalten, musste auch die Anzahl der Tische und Strandliegen um gut die Hälfte schrumpfen, im Vergleich zum Normalbetrieb der Vorjahre. In den Genuss, den Schweinfurter Nachthimmel von einer Liege am Stadtstrand aus zu beobachten, kommen die Gäste aktuell noch nicht. Um 20 Uhr müssen die Gastro-Außenbetriebe schließen. "Mit den Auflagen können wir uns arrangieren. Wir sind einfach froh, dass wir wieder etwas machen können und nicht weiter abwarten müssen", so Rosa.
Dramatische Ausfälle, doch Aufgeben ist nicht
Der erste Besucherandrang verlief zur vollsten Zufriedenheit des Teams. "Normal feiern wir eine Saisoneröffnung mit Pauken und Trompeten", bemerkt Rosa: "Das haben wir heuer alles zurückgestellt." Noch scheint vieles zu vage. Für die Wiederaufnahme des Betriebs im Cafe Kölsch gibt es bislang überhaupt noch keine Perspektive. Die Ungewissheit betrifft nicht nur ihn als "Macher", sondern auch die über 80 Mitarbeiter, die er beschäftigt. Die finanziellen Ausfälle seit dem Ausbruch von Corona für sein Unternehmen bezeichnet er als dramatisch. Ans Aufgeben denkt Leonid Rosa dennoch nicht, schon gar nicht nach dem jetzt ersten Lichtblick seit Wochen: "Wir werden so lange kämpfen, wie es geht."