Da ist den Verantwortlichen rund um Bibliotheksleiterin Julia Rehder ein großer Wurf gelungen: Die Stadtbibliothek Gerolzhofen präsentiert sich nach wochenlanger Umgestaltung in einer bis dato noch nicht gekannten Klarheit, Übersichtlichkeit und frischen Farbigkeit. Die Aufenthaltsqualität wurde immens gesteigert.
Ziel der Umgestaltung, die zu einem großen Teil während der Corona-bedingten Schließung des Hauses ablief, war es, die beliebte Bildungseinrichtung zu einem "Dritten Ort" zu machen. Hinter diesem Begriff aus der Soziologie verbirgt sich ein Angebot, das einen Ausgleich zu Schule, Arbeit und Familie bietet, ein Ort, an dem man sich aufhalten kann, ohne etwas konsumieren zu müssen oder wo der Aufenthalt rein zweckgebunden ist. Dieses Ziel wurde vollauf erreicht, wie sich während eines ersten Rundgangs durch die verschiedenen Bereiche zeigte. Die Angebote sind wie ein warmer Mantel, in den man sich hineinkuschelt. Die Stadtbibliothek als ein Ort, wo Besucher in Medien regelrecht baden können.
Kosten wurden eingehalten
Erfreulich ist auch, dass das Projekt den vom Stadtrat vorgegebenen maximalen Kostenrahmen so gut wie eingehalten hat. Es gab nur eine unerhebliche Steigerung um einen einzigen Prozentpunkt: 101 000 Euro hat das Ganze laut Rehder jetzt gekostet, knapp 60 Prozent werden durch Fördergelder finanziert.
Eine grundlegende Neuerung hat der ehemalige "Young-World"-Raum, gleich links vom Eingang, erfahren. Durch das mit der Jahreszahl 1600 beschriftete historische Türportal gelangt man jetzt in einen Multifunktionsraum, in dem man in Kontakt mit hochmoderner Technik treten kann. Was einem älteren Technik-Laien kaum auffällt: Der Teppichboden ist in Grün und Rot gerastert. Der grüne Bereich am Boden dient der besseren Orientierung, wenn man sich mit den zwei vorhandenen Virtual-Reality-Brillen in digitale Welten verabschiedet. Und die roten Teppich-Raster zeigen den Bereich an, wo die "Escape Games" stattfinden.
Diese "Escape Games" sind eine Abwandlung eines "Escape Rooms", wo eine Personengruppe in einen Raum eingeschlossen wird, um gemeinsam bestimmte Rätsel zu lösen, die letztlich wieder zur Öffnung der Tür führen. Ein abgeschlossener Raum ist aber aus Brandschutz- und Versicherungsgründen in der Stadtbibliothek nicht machbar, zumal sich in dem Mehrzweckraum auch noch einer der Notfall-Ausstiege auf die neu gebaute Feuertreppe an der Außenfassade befindet.
Eines der ersten "Escape Games" wird sich thematisch um den Gerolzhöfer Frauenaufstand mit Fräulein Schmitt drehen. Nur wenn das Rate-Team genug lokalhistorische Kenntnisse und Kombinationsgabe an den Tag legt, wird es auch zum Ziel kommen und die versteckte weiße Fahne finden.
Die neue Technikwelt
Neu in diesem Kombi-Raum mit seinen beliebig kombinierbaren und zusammenklappbaren Tischen ist auch der "Maker Space", wo hochmoderne Geräte zur Verfügung stehen. Derzeit gründet sich ein neuer Verein von jungen, Technik affinen Menschen, der sich wohl "Geo-Lab" nennen wird. Dessen Mitglieder wollen hier im "Maker Space" dann – wenn es die Corona-Lage wieder zulässt – Kurse zum Beispiel für einen Führerschein für den 3D-Drucker oder Anleitungen für die Sublimationspresse oder den Sublimationsdrucker anbieten, mit denen T-Shirts, Tassen oder Masken kreativ bedruckt werden können. Ein riesiger Bildschirm steht für Präsentationen zur Verfügung. Selbstverständlich können dann auch Schulklassen das Angebot nutzen.
Gemütlich am Kaminofen
Da scheint es in all dem High-Tech fast ein Anachronismus zu sein, was sich in einer der Wandnischen befindet: Dort lodern heimelig die (elektronischen) Flammen eines Kaminofens. Davor stehen zwei Ohrensessel und laden ein, es sich mit einem guten Buch neben dem Kaminfeuer gemütlich zu machen.
Im Bereich neben dem Empfang wurden zwei Bereiche aufgehübscht. Im "Spiele-Café" sind nun zentral und kompakt alle Gesellschaftsspiele zu finden. Neue Möbel in den variierenden Farben Grau, Grün und Blau locken Spielbegeisterte, gleich an Ort und Stelle ein neues Spiel anzuprobieren oder sich von erfahrenen Spielern anleiten zu lassen. Gegenüber, an den Fenstern in Richtung Spitalinnenhof, lädt nun das "Lese-Café" ein, sich mit Tageszeitung und Magazinen zu informieren, die hier zentral angeboten werden.
Der einzige Bereich, der nicht barrierefrei über den Aufzug zu erreichen ist, ist der Bereich für Kinder und Jugendliche im Halbgeschoss. In einer Art beschützendes Zelt mit Kuscheltieren sind für die ganz Kleinen hier nun die Bilderbücher bereitgestellt. Für die etwas Älteren gibt es eine ganz neue "Kinderwelt", deren Angebote in extra niedrigen Regalen stehen, damit die Kinder auch noch die oberste Bücherreihe selbst erreichen können. Für Comics und Mangas gibt es farblich gekennzeichnete Extra-Bereiche.
Aber auch Jugendliche können sich hier im Zwischenstock wohl fühlen. Es stehen Sessel, Sofas und Sitzsäcke bereit, um es sich beim Schmökern bequem machen zu können. Eine Besonderheit ist der Hörsessel: ein großer, als farbige Nische gestalteter Sessel mit integrierten Lautsprechern auf Kopfhöhe. Hier kann man bestens entspannen, während gleichzeitig die auf dem eigenen Handy mitgebrachte Lieblingsmusik eingespielt wird. Leihweise gibt es aber auch Discman, um sich beim Probehören einen ersten Eindruck von den zahlreich angebotenen Hörbüchern machen zu können.
Im Dachgeschoss finden die erwachsenen Kunden ihren Lesestoff: über Heimatkunde, Sachbücher bis hin zur Belletristik stehen hier zahlreiche Themen zur Auswahl. Musiknoten für verschiedene Instrumente, extra neu zusammengestellt von Elke Friedl von der Musikschule Schweinfurt-Gerolzhofen, Musik-CDs und Hörbücher runden das Angebot ab. Separat zu beleuchtende Schreibtische mit Steckdosen-Anschluss erlauben es, hier auch mit Tablet oder Laptop zu arbeiten.
Ein Projekt haben Julia Rehder und ihr dreiköpfiges Mitarbeiter-Team noch nicht ganz abgeschlossen: das digitale Findsystem. Wenn alles so klappt wie geplant, dann kann man in der Bibliothek am bereitstehenden Computer oder mit dem eigenen Smartphone das gewünschte Medium suchen. Falls es verfügbar ist, dann wird der Kunde exakt angezeigt bekommen, wo und in welchem Regal das gewünschte Medium steht. Und zur besseren Übersichtlichkeit wird das Ganze in einer 3D-Ansicht präsentiert.