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SCHWEINFURT
Stadt verkauft Bunker in der Gartenstadt
Der Baudenkmal Goethebunker bleibt im Besitz der Stadt.
Foto: Landgraf | Der Baudenkmal Goethebunker bleibt im Besitz der Stadt.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:11 Uhr

Den Bunker am Spitalseeplatz hat die Stadt veräußert. Den Goethebunker behält sie, weil er historisch und architektonisch wertvoll ist. Für den Bunker an der Blauen Leite in der Gartenstadt sucht die Stadt einen Interessenten.

Weitere sechs Bunker in der Stadt aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gehören der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die ebenfalls schon einen Bunker, den an der Ernst-Sachs-Straße, verkauft hat.

94 Städte galten im „Deutschen Reich“ als Hauptziele der Luftangriffe. Beim Sofortproramm zur Errichtung von Luftschutzbunkern im Jahr 1940 gehörte Schweinfurt als Standort der Schwerindustrie zu den besonders gefährdeten Städten. Wegen Mangels an Material wurden jedoch in nur 56 Städten Bunker gebaut. Schweinfurt blieb von den Kürzungen unberührt.

Platz für über 9000 Menschen

Die Errichtung des ersten Hochbunkers erfolgte im November 1940. Vorgesehen waren bis zu 14 Bunker, verteilt auf die Wohngebiete und die Industrieviertel. In der Planung war der Schutz von über 9000 Menschen hinter bis zu vier Meter dicken Betonwänden. Die Standorte legte die Stadtverwaltung fest, die die Bunker dort platzierte, wo es kaum Schutz gab: am Stadtrand mit den kleinen Wohnhäusern.

Am Bergl wurden drei Bunker (zwei am Nutzweg, einer am Wasserturm) gebaut, einer am Hauptbahnhof (Wohlfahrtsstraße) in der Gartenstadt ebenfalls drei (Galgenleite, Kleinflürleinsweg, Blaue Leite) in Oberndorf einer ((Ernst-Sachs-Straße). Hinzu kamen die Bunker an der Goetheschule (heute Friedrich-Fischer-Schule) und der am Spitalseeplatz.

Nachgerüstet zum Atombunker

Zusätzlich bauten die Großbetriebe im Jahr 1943 auf dem Werksgelände Luftschutzbunker. Zudem wurden die Hauseigentümer der Innenstadt verpflichtet, Keller „bombensicher“ zu ertüchtigen. Während die Luftschutzkeller häufig den Bombardements nicht standhielten, kam in den Hochbunkern kein Mensch ums Leben.

Nach 1945 wurden die Bunker sich selbst überlassen. Eine Renaissance erlebten diese in der Zeit des Kalten Krieges, als etwa der Bunker in der Ernst-Sachs-Straße zum „Atombunker“ aufgerüstet wurde.

Der außen unvollendete Spitalseebunker (1943/44) war mit einer Wandstärke von zwei Metern und einer Deckenstärke von 2,50 Metern stark bewehrt und bot 1539 Menschen Schutz. Der Spitalseebunker war in den vergangenen Jahrzehnten unter anderem Möbelgeschäft und Möbellager. Seit 1998 steht vor dem Bunker das von Hubert G. Neidhart gestaltete Luftkriegdenkmal.

Geschichtlich und architektonisch wertvoll

Im Jahr 2014 untersuchte das Landesamt für Denkmalschutz die Bunker der Stadt. Der Spitalseebunker wurde als geschichtlich von untergeordneter Bedeutung eingestuft.

Eine herausragende Bedeutung wurde dagegen dem Goethebunker mit seinen Gewölbekellern und aufgrund seiner ehemaligen Funktionen sowie baulicher Details wegen attestiert. In den Jahren 1941/42 hatte die Firma Brand (Bamberg) diesen Bunker mit 966 Schutzplätzen erstellt.

Büros im Bunker

Dabei wurde ein gewisser Komfort berücksichtigt, etwa durch den Anschluss an die Heizung der benachbarten Goetheschule, weshalb nach den ersten Bombenangriffen von 1943 einige Dienststellen vom Rathaus in den Goethebunker verlegt wurden: ein Büro des Oberbürgermeisters, das Hauptquartier der Luftschutzleitung, ein Offizier des Flakgefechtstandes Niederwerrn sowie der Kampfkommandant der ausgerufenen „Festung Schweinfurt“. Diese Dienststellen waren bis zur Übergabe an die Amerikaner gegen Mittag des 11. April 1945 besetzt.

Da das Gefängnis in der Hadergasse bei Kriegsende zerbombt war, diente der Goethebunker bis 1957 als Notgefängnis. Pläne für die künftige Nutzung des Goethebunkers gibt es bei der Stadt noch nicht.

Bei dem Bunker an der Blauen Leite handelt es sich um einen schlichten Bau in Hausform mit Rustikaportal, der 829 Menschen Schutz bot.

Wohnen über der Stadt

Den Spitalseebunker hat die Stadt vor einem Jahr verkauft. Der neue Eigentümer errichtet bis Jahresende zwei Wohnungen auf dem Dach des Bunkers, die durch einen Aufzug im Inneren des Bunkers erschlossen werden. Die anderen vier Geschosse (38 Meter lang, 16 Meter breit) will der Besitzer der Schweinfurter Kulturszene zur Verfügung stellen. Der Kaufvertrag sieht eine kulturelle Nutzung von bis zu 20 Tagen im Jahr vor. Am äußeren Erscheinungsbild will der Besitzer nichts oder nur wenig verändern.

Für den Bunker an der Blauen wird ein Interessent gesucht.
Foto: Landgraf | Für den Bunker an der Blauen wird ein Interessent gesucht.
Verkauft hat die Stadt den Bunker am Spitalseeplatz. Auf dem Flachdach entstehen zwei Wohnungen.
Foto: Gerd Landgraf | Verkauft hat die Stadt den Bunker am Spitalseeplatz. Auf dem Flachdach entstehen zwei Wohnungen.
 
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